Die Mitgliedstaaten müssen die Arbeitgeber verpflichten, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.

Das hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.

Die spanische Gewerkschaft Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) erhob vor der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Deutsche Bank SAE, ein System zur Erfassung der von deren Mitarbeitern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzurichten. Sie vertritt die Auffassung, dass mit diesem System die Einhaltung der vorgesehenen Arbeitszeit und der in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verpflichtung, den Gewerkschaftsvertretern die Angaben über die monatlich geleisteten Überstunden zu übermitteln, überprüft werden könne. Nach Auffassung der CCOO ergebe sich die Verpflichtung zur Einrichtung eines solchen Registrierungssystems nicht nur aus den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, sondern auch aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und der Arbeitszeitrichtlinie1. Die Deutsche Bank macht geltend, der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberstes Gericht, Spanien) lasse sich entnehmen, dass das spanische Recht keine solche allgemeingültige Verpflichtung vorsehe. Nach dieser Rechtsprechung schreibe das spanische Gesetz nämlich, sofern nichts anderes vereinbart worden sei, nur die Führung einer Aufstellung der von den Arbeitnehmern geleisteten Überstunden sowie die Übermittlung der Zahl dieser Überstunden zum jeweiligen Monatsende an die Arbeitnehmer und ihre Vertreter vor.

Weiteres: https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_2007179/de/

EuGH zur Erfassung der Arbeitszeit: „Mehr Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat geurteilt, dass Arbeitgeber ein System zur Messung der täglichen Arbeitszeit einrichten müssen. Dieses Urteil entspricht den Forderungen und Vorstellungen der SPD-Bundestagsfraktion für eine gerechte Arbeitszeitpolitik.

Kerstin Tack, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin und Gabriele Hiller-Ohm, zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion erklären dazu:

„Wir begrüßen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Regelung der Erfassung der Arbeitszeit ausdrücklich. Durch die Verpflichtung der Arbeitgeber ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen wird, kann nun eine konsequente Erfassung der Arbeitszeit sichergestellt werden. Ein einfaches, objektives und verlässliches System schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ausbeutung und Missbrauch und sichert das Recht auf die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten. So werden zum Beispiel auch die Kontrollmöglichkeiten bei Verdacht von Schwarzarbeit deutlich verbessert. Darüber hinaus trägt es zu einem fairen Wettbewerb der Unternehmen bei.

Auch die deutschen Gewerkschaften kritisieren seit Jahren, dass eine tatsächliche Registrierung von Überstunden und geleisteten Arbeitszeiten nur möglich ist, wenn diese in ihrer Gesamtheit systematisch erfasst werden. Mit Ausnahme bestimmter Branchen und Sonderregelungen wie beispielsweise bei den Minijobs, mussten bis jetzt nur die geleisteten Überstunden aufgezeichnet werden. Besonders in Zeiten neuer Arbeitsformen und immer flexibleren Arbeitszeiten muss sichergestellt werden, dass Arbeitszeiten eingehalten werden können. Nur so können faire Arbeitsbedingungen und die Einhaltung der Rechte der Beschäftigten garantiert werden.

Wir werden jetzt prüfen, ob in Deutschland Gesetze geändert werden müssen, um die europäische Rechtsprechung umzusetzen und die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken und so auch für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Wir sind uns sicher, wir werden zusammen mit den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden eine gute und sozial gerechte Lösung finden.“

„Jede Arbeitsstunde zählt.“

„Dieses Urteil ist ein starkes Signal für die Rechte der Beschäftigten in Europa und schiebt der Entgrenzung der Arbeit einen Riegel vor“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, das Urteil des Europäischen Gerichtshof zur Arbeitszeiterfassung.

Ferschl weiter:

„Wo Arbeitszeiten nicht erfasst werden, bleiben Beschäftigtenrechte und -schutz auf der Strecke. Unbezahlte Überstunden und ausufernde Arbeitszeiten auf Kosten der Beschäftigten und deren Gesundheit sind die Folge. Die gute gelebte Praxis der Arbeitszeiterfassung von tarifgebundenen Unternehmen wird mit diesem Urteil zu einem gesetzlicher Anspruch für alle Beschäftigten. Die Bundesregierung steht jetzt in der Pflicht, das Urteil zügig umzusetzen.

Ich fordere Bundeswirtschaftsminister Altmaier auf, seine Pläne zur Abschaffung der Dokumentationspflicht beim Mindestlohn zu begraben. Schutzgesetze für Beschäftigte wie das Arbeitszeitgesetz dürfen nicht weiter im Interesse von Arbeitgebern aufgeweicht werden.“

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