Dublin-Reform: Kommission legt Vorschläge zur gerechteren Verteilung von Flüchtlingen vor.

Das Verfahren zur Aufteilung von Asylbewerbern unter den EU-Mitgliedstaaten soll gerechter und effizienter werden. Dazu hat die EU-Kommission heute eine durchgreifende Reform des Dublin-Systems vorgeschlagen. Der bestehende Grundsatz, wonach Asylbewerber ihren Asylantrag in dem Land stellen müssen, in dem sie erstmals EU-Boden betreten, wird ergänzt durch einen Fairness-Mechanismus und finanzielle Beiträge für die Länder, die sich nicht an einer fairen Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU beteiligen.
Der Korrektur-Mechanismus soll eine Lastenteilung in Situationen gewährleisten, in denen die Asylsysteme einzelner Mitgliedstaaten unter besonderen Druck geraten. Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat nicht an diesem Umverteilungsmechanismus teilnehmen möchte, soll er einen Solidarbeitrag von 250.000 Euro pro Person an den Mitgliedstaat zahlen, der an seiner Stelle einen ihm nach dem Fairnessmechanismus zugedachten Asylbewerber übernimmt. Außerdem sehen die Kommissionsvorschläge eine Stärkung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) sowie den Ausbau der Fingerabdruck-Datenbank Eurodac vor.
Der Erste Kommissionsvizepräsident, Frans Timmermans, erklärte dazu: „Wir können uns nicht vor unserer Verantwortung davonstehlen: Wenn ein Mitgliedstaat stark belastet ist, muss die EU Solidarität zeigen und eine faire Lastenteilung gewährleisten. Das wollen wir mit unseren heutigen Vorschlägen erreichen.“
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte: „Wenn die gegenwärtige Flüchtlingskrise eine Lehre für uns bereit hält, dann die, dass der Status Quo unseres Gemeinsamen Europäischen Asylsystems nicht die Lösung ist. Die Zeit ist reif für ein reformiertes, gerechteres System mit gemeinsamen Regeln und einer faireren Lastenteilung.“
Die heutigen Vorschläge sind Teil eines ersten Vorschlagspakets zur Umsetzung der umfassenden Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die die Kommission in ihrer Mitteilung vom 6. April 2016 skizziert hatte. Dieses Reformpaket stellt die mittelfristige Reaktion auf künftige Migrationsherausforderungen dar. In der Zwischenzeit gelten die bestehenden Dublin-Regeln und die Umverteilungsbeschlüsse weiter und werden von der Kommission umfassend durchgesetzt.
Zu den wichtigsten Neuerungen der Reform des Dublin-Systems zählen:
Ein gerechteres System, das auf dem Grundsatz der Solidarität fußt: Dies wird durch einen Korrekturmechanismus (Fairness-Mechanismus) für die Zuteilung von Asylbewerbern in die Praxis umgesetzt. So wird automatisch festgestellt, wenn das Asylbewerberaufkommen in einzelnen Ländern gemessen an ihrer Größe und ihrem relativen Wohlstand unverhältnismäßige Ausmaße annimmt. Steigt das Asylbewerberaufkommen auf das Anderthalbfache eines auf dieser Grundlage berechneten Schwellenwerts, werden alle weiteren neuen Asylbewerber (ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit) nach einer Prüfung ihres Antrags auf Zulässigkeit auf die übrigen EU-Mitgliedstaaten verteilt, bis das Asylbewerberaufkommen wieder unter den betreffenden Schwellenwert sinkt. Ein Mitgliedstaat hat auch die Möglichkeit, vorübergehend nicht an dem Umverteilungsmechanismus teilzunehmen. In diesem Fall zahlt er einen Solidarbeitrag von 250 000 EUR pro Person an den Mitgliedstaat, der an seiner Stelle einen ihm nach dem Fairnessmechanismus zugedachten Asylbewerber übernimmt.
Neuansiedlungen werden berücksichtigt: Der Fairnessmechanismus berücksichtigt das Engagement jener Mitgliedstaaten, die sich an der unmittelbaren Neuansiedlung von Schutzbedürftigen aus Drittländern beteiligen. Damit wird die Bedeutung der Bemühungen um die Schaffung legaler und sicherer Wege nach Europa anerkannt.
Ein effizienteres System: Die Fristen für die Stellung und Beantwortung von Umverteilungsersuchen und die Durchführung der Umverteilung von Asylbewerbern zwischen den Mitgliedstaaten werden verkürzt und Zuständigkeitsübertragungen werden aufgehoben.
Anreize gegen einen Missbrauch und gegen Sekundärmigration schaffen: klarer formulierte Rechtspflichten für Asylbewerber wie die Pflicht zum Verbleib in dem für ihren Antrag zuständigen Mitgliedstaat, räumliche Beschränkung für den Erhalt materieller Leistungen und angemessene Konsequenzen bei Zuwiderhandlungen.
Schutz der Interessen der Asylbewerber: bessere Garantien für unbegleitete Minderjährige und eine ausgewogene Erweiterung des Begriffs der Familienangehörigen.
Um die Umsetzung des reformierten Dublin-Systems in die Praxis zu unterstützen, schlägt die Kommission eine Anpassung und Konsolidierung des Eurodac-Systems vor. Zudem soll es für weitere Zwecke wie die Erleichterung von Rückführungen und die Bekämpfung irregulärer Migration geöffnet werden. Mit dem Vorschlag wird der Geltungsbereich der Eurodac-Verordnung ausgeweitet, um den Mitgliedstaaten die Speicherung und Abfrage der Daten von Drittstaatlern und Staatenlosen zu gestatten, die keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und sich illegal in der EU aufhalten. Ferner soll – im Einklang mit den geltenden Datenschutzvorschriften – die Speicherung zusätzlicher Angaben zur Person erlaubt werden, wie Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Personalien oder Reisedokumente und Lichtbilder. Dank der zusätzlichen Informationen, die das System bereithalten wird, können die Einwanderungs- und Asylbehörden irreguläre Drittausländer oder Asylbewerber leichter identifizieren, ohne bei anderen Mitgliedstaaten im Einzelfall um diese Informationen nachsuchen zu müssen, wie das bislang der Fall ist.
Der Vorschlag sieht auch die Umwandlung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) in eine vollumfängliche EU-Asylagentur vor. Eine der Hauptaufgaben der Agentur wird die Handhabung des Schwellenwerts sein, auf dem der Fairnessmechanismus des neuen Dublin-Systems zur Umverteilung von Asylbewerbern fußt. Darüber hinaus soll sie eine EU-weit einheitlichere Beurteilung von Anträgen auf internationalen Schutz und eine engere praktische Zusammenarbeit sowie einen intensiveren Informationsaustausch der Mitgliedstaaten gewährleisten, und das Unionsrecht und hohe Standards bei Asylverfahren, Aufnahmebedingungen und der Gewährung von Schutz fördern.

EU-Kommission in Deutschland

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