Hartz-IV-Sanktionen: „Existenzminimum darf nicht angetastet werden.“

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert den Gesetzgeber auf, dafür zu sorgen, dass das Existenzminimum künftig komplett frei von Maßregelungen bleibt. „Betroffene brauchen Unterstützung und keine Sanktionen“, bekräftigte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke am heutigen Mittwoch. Zuvor war berichtet worden, dass die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesministerium für Arbeit (BMAS) an einer internen Weisung arbeiten, die die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht gezogene Grenze bei Sanktionen im Sozialgesetzbuch II (SGB II) über 30 Prozent hinaus erweitern könnte.

Das BMAS will einer Mitteilung zufolge sicherstellen, dass die rote Linie des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen nicht überschritten wird, was ver.di zwar grundsätzlich begrüße. Das reiche jedoch nicht aus, betonte Werneke: „Vor allem müssen die bestehenden Regelungen aufgehoben und durch ein menschenwürdiges und verfassungskonformes System ersetzt werden. Das Sozialstaatsgebot und die Menschenrechtsartikel im Grundgesetz geben eindeutig vor, dass das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum überhaupt nicht sanktioniert werden darf“, stellte der ver.di-Vorsitzende klar.

Anfang November hatte das Bundesverfassungsgericht über die Frage entschieden, ob die bestehenden Sanktionen, die bis zum vollständigen Entzug der Leistungen einschließlich der Miete reichen können, verfassungsgemäß sind.

„Massive Hartz-IV-Sanktionen durch die Hintertür verhindern.“

Zu Medienberichten, wonach die Bundesagentur für Arbeit (BA) und das Arbeitsministerium das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches Hartz-IV-Sanktionen über 30 Prozent praktisch ausschließt, unterlaufen will, erklärt auch die Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Simone Oldenburg:

„Das Urteil ist eindeutig und erlaubt Kürzungen der Regelsätze um 30 Prozent  lediglich unter sehr engen Voraussetzungen. Nach einem internen Weisungsentwurf zur Umsetzung des Urteils sollen nun höhere Kürzungen doch ermöglicht werden – indem verschiedene Sanktionen zusammengezählt werden können. Das ist erneuter Ausdruck des perfiden Sanktionssystems, das in Gänze abgeschafft werden muss.

Meine Fraktion fordert die Landesregierung auf, den Versuchen, die Sanktionen wieder auf verfassungswidriges Niveau zu heben, entschieden entgegenzutreten. Darüber hinaus muss sie Normenkontrollklagen einleiten, damit die Sanktionen bei Hartz IV gegen Jugendliche und Erwachsene überprüft werden und die Grundsicherung neu justiert wird. Ein entsprechender Antrag meiner Fraktion wird auf der kommenden Landtagssitzung zur Abstimmung gestellt. Es ist die Pflicht der Landesregierung, wenigstens für Rechtssicherheit zu sorgen, wenn sie schon nicht dazu beitragen will, Hartz IV abzuschaffen.“

Hintergrund: Allein in M-V sind 120 000 Menschen auf Hartz IV angewiesen. Davon werden knapp 4000 Jugendliche und Erwachsende sanktioniert. Es geht vor allem um die Klärung der Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit der Sanktionen, aber auch um eine Entlastung der Sozialgerichte von Klagen, die offensichtlich auf einer falschen Auslegung des Rechts durch die BA basieren.

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