Körzell: Konjunkturbedingte Mehreinnahmen zur Modernisierung unseres Landes nutzen.

Zur aktuellen Steuerschätzung sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Donnerstag: „Die konjunkturelle Lage ist nach wie vor gut. So ist es erfreulich, dass der Staat – wenn auch mit leichtem Dämpfer – mit zusätzlichen Einnahmen zu rechnen hat. Anstatt den Forderungen der Arbeitgeberseite nach Steuersenkungen nachzugeben ist es höchste Zeit für öffentliche Investitionen.

Der Investitionsbedarf der Städte und Kommunen beispielsweise ist zwischen 2017 und 2018 laut KfW-Kommunalpanel von 127 auf 159 Mrd. Euro angestiegen. Die Folge: Deutschlands Infrastruktur fährt auf Verschleiß. Die Bandbreite notwendiger Investitionen betrifft alle Bereiche: von Schul- und Straßenbau bis hin zu bezahlbarem Wohnraum und Breitbandausbau. Das ist ein Armutszeugnis für ein reiches Land, das im Geld schwimmt. Wer die dramatische Entwicklung ignoriert, handelt fahrlässig und gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Die nach wie vor gute konjunkturelle Lage muss endlich für die Modernisierung unseres Landes genutzt werden. Wir brauchen eine Investitionsoffensive und einen intelligenten Plan, der auf die nächste 20 Jahre ausgerichtet ist.

Außerdem müssen untere und mittlere Einkommen entlastet werden. Das bedeutet nicht nur eine Anhebung des Grundfreibetrags, sondern auch eine Glättung und Beseitigung des sogenannten Mittelstandsbauchs bei gleichzeitiger Anhebung des Spitzensteuersatzes für Top-Verdiener. So hat es der DGB in seinen steuerpolitischen Eckpunkten vorgeschlagen. Es ist ein Unding, dass große Vermögen, Einkommen sowie international agierende Unternehmen kaum zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.“

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

Weitere Reaktionen aus der Politik.

Steuerschätzung: Die fetten Jahre gehen vorbei.

Zu den Ergebnissen der Steuerschätzung erklären Anja Hajduk, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Anstatt einzusehen, dass die fetten Jahre vorbeigehen und für stürmischere Zeiten vorzusorgen, ignoriert die Regierung beharrlich alle Warnsignale. Dabei nehmen die Risiken für den Bundeshaushalt durch eine Veränderung beim Zinsniveau, ein Abflauen der Konjunktur oder durch die Herausforderungen der Klimakatastrophe, der globalen Krisen und des demographischen Wandels stetig zu. Eine weitsichtige und nachhaltige Haushaltspolitik sucht man bei CDU, CSU und SPD vergeblich. Finanzminister Olaf Scholz hat keinen Plan für einen zukunftsfesten Haushalt. Er verweigert die Arbeit am Fundament. Die Bundesregierung verschwendet lieber jedes Jahr über 50 Milliarden Euro für klimaschädliche Subventionen, für den schmutzigen Diesel, Plastikprodukte, die Flugkonzerne und die Agrarindustrie. Diese Privilegierung von klimaschädlicher Produktion muss jetzt gestoppt werden. Das stärkt auch dauerhaft das Fundament des Haushalts.

Die Bundesregierung muss jetzt Überschüsse nutzen, um in die Zukunft zu investieren. Es gibt genug Baustellen: von der Digitalisierung über nachhaltige Mobilität und bezahlbare Wohnungen bis hin zu guten Kitas. Statt mit Diskussionen über Steuersenkungen für Besserverdienende Zeit zu verschwenden, braucht die Regierung endlich eine kluge und verlässliche Strategie, wie sie diese Herausforderungen angehen will. Denn weder Kommunen noch Länder können sich bei dem Zickzackkurs des Bundes auf dauerhafte Investitionsmittel einstellen. Es fehlt die Verlässlichkeit, und so werden auch keine neuen Kapazitäten aufgebaut, um Investitionen umzusetzen.“

Wir brauchen jetzt endlich eine Entlastung der Bürger.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Christian Dürr gab zur Steuerschätzung folgendes Statement ab:

„[…] Die Steuerschätzung von heute zeigt: Das Geld fällt nicht vom Himmel. […] Es droht jetzt ein Stück weit das, wovor wir gewarnt haben in den letzten Jahren, dass man nämlich die gute konjunkturelle Lage, die gute Steuersituation in Deutschland nicht nutzt für Reformen und um Deutschland zukunftsfest zu machen. Diese Boomphase wird sich eben nicht dauerhaft fortsetzen. Deswegen appelliere ich jetzt an die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung, den Hebel […] umzulegen: Wir brauchen jetzt endlich eine Entlastung der Bürger statt weiterer Wahlgeschenke. Ich denke beispielsweise an die letzte Wahlperiode, an die Rente mit 63. Ich habe gerade Herrn Scholz gehört, der auch weitere Rentengeschenke in Aussicht gestellt hat. Das ist das falsche Signal. […]

Während der Regierungsverantwortung von Angela Merkel wird die Steuerquote von gut 19 Prozent […] auf über 23 Prozent steigen. Das zeigt, dass die Menschen unter Angela Merkel immer mehr belastet wurden, anstatt die Entlastungschancen […] zu nutzen und der hart arbeitenden Mitte in Deutschland, den Bürgerinnen und Bürgern […] Geld zurückzugegeben. Ich bin der Auffassung, dass die Union das Versprechen, was die Politik in den 90er Jahren gegeben hat, dass der Solidaritätszuschlag ausläuft, wenn auch die Hilfen für Ostdeutschland auslaufen, dass dieses Versprechen jetzt eingehalten werden muss.

[…] Die Unternehmen fordern zu Recht, gerade die mittelständischen Unternehmen, dass wir eine Unternehmenssteuerreform brauchen. Wir brauchen internationale Wettbewerbsfähigkeit. Deutschland ist mittlerweile ein Höchststeuerland geworden, gerade im Vergleich mit Asien oder mit den Vereinigten Staaten. […] Deswegen ist eine Unternehmenssteuerreform auch in dieser Wahlperiode nötiger denn je.

Zur Union kann man sagen: Sie hat vor Wahlterminen fünfmal Steuersenkungen versprochen und sie hat fünfmal genau dieses Versprechen gebrochen. Und für die Union ist aus meiner Sicht das Entlastungsthema immer nur ein Wahlkampfthema, aber nie ein Regierungsthema. Das haben wir insbesondere an den Abstimmungen im Deutschen Bundestag in den letzten Wochen gemerkt, wo sich die Union verweigert hat, das Versprechen der 90er Jahre einzulösen, den Solidaritätszuschlag in dieser Wahlperiode endgültig abzuschaffen. […] Und daher fordern wir ganz klar: Der Soli muss abgeschafft werden. […]“

Der Solidaritätszuschlag muss komplett wegfallen.

Zur Steuerschätzung erklärt der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag Dr. Florian Toncar:

„Wir reden auch nach der aktuellen Steuerschätzung weiterhin über Rekordeinnahmen des Staates. Wer angesichts solcher Zahlen der Meinung ist, eine spürbare Entlastung der Bürger sei nicht finanzierbar, der sucht schlichtweg nach Vorwänden, um die Steuerlast hoch zu halten. Es darf jetzt keine Ausreden mehr geben: Die Bürgerinnen und Bürger müssen endlich entlastet werden. Der Solidaritätszuschlag muss 2020 komplett wegfallen. Ebenso muss die kalte Progression abgeschafft werden. Damit Deutschland auch künftig für Investitionen attraktiv ist, muss die im internationalen Vergleich sehr hohe Steuerlast für Unternehmen gesenkt werden.“

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