Kontoinhaber hat Sorge dafür zu tragen, dass kein unbefugter Dritter Kenntnis von der PIN erhält.

Das Amtsgericht Hannover – Zivilgericht – hat am 02.07.2020 einen 18-jährigen Misburger zur Zahlung von 500 € verurteilt. Nach Überzeugung des Amtsgerichts hat der Kläger gegen den Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB einen Anspruch auf Rückzahlung einer rechtsgrundlos erhaltenen Gutschrift auf Konto des Beklagten in der ausgeurteilten Höhe, die er auf „sonstige Weise“ erhalten hat.

Diesem Zahlungsanspruch liegt ein betrügerischer Handel bei einem großen Online-Kleinanzeigen-Portal zugrunde. Der Kläger beabsichtigte, zu einem Preis von 500 € die in einer Online-Anzeige angebotenen Fahrzeugfelgen zu erwerben. Da der Verkäufer eine Zahlung über einen Zahlungsabwickler (Stichwort: Käuferschutz) nicht akzeptierte, nahm der Kläger eine Überweisung auf das vom Verkäufer benannte Konto vor, dessen Inhaber tatsächlich der Beklagte war. Eine Lieferung der Felgen erfolgte jedoch nicht. Genauso weigerte sich der Beklagte, die Zahlung zurück zu überweisen mit der Begründung, ein Dritter hätte zwischenzeitlich den Betrag mit EC- Karte und PIN des Kontoinhabers abgehoben. Zudem bestreitet der Beklagte, der zum Zeitpunkt der Überweisung noch Jugendlicher war, die Darstellungen des Klägers. Zum Zeitpunkt der Überweisung habe er keine Verfügungsgewalt über das Girokonto gehabt. Er sei weder im Besitz der EC-Karte gewesen und habe auch keinerlei Kenntnis von Zahlungseingängen und Abgängen. 

Während ein gegen den Beklagten eingeleitetes Strafverfahren wegen Betruges eingestellt wurde, lässt dieser Umstand eine zivilrechtliche Zahlungspflicht des Beklagten wegen einer ungerecht-fertigten Bereicherung nicht entfallen.

Nach der Begründung des Amtsgerichts handelt es sich zunächst bei der Überweisung des Klägers auf das Konto des Beklagten als vermeintlichem Vertragspartner nicht um eine Leistung  i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Vielmehr hat der Beklagte die Gutschrift auf seinem Konto in Höhe von 500 € in sonstiger Weise auf Kosten des Klägers ohne Rechtsgrund erhalten, welche er herauszugeben hat. Soweit der Beklagte – unstreitig Inhaber des fraglichen Kontos – mit Nichtwissen bestreitet, eine entsprechende Gutschrift erhalten zu haben, ist diese Form des Bestreitens unzulässig, weil es dem Beklagten insofern obliegt, sich von den Buchungen auf seinem Konto Kenntnis zu verschaffen. Vorgänge im eigenen Verantwortungsbereich stehen insofern eigenen Handlungen und Wahrnehmungen i. S. d. § 138 Abs. 4 ZPO gleich. Das unzulässige Bestreiten führt insofern zur Geständnisfiktion gemäß § 138 Abs. 3 ZPO.

Die dagegen erhobene Einwendung des Beklagten gemäß § 818 Abs. 3 BGB greift hier schon nicht durch, weil es insofern an konkretem Vorbringen des insofern nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten fehlt, wann und wodurch überhaupt Entreicherung eingetreten sein soll. Darüber hinaus wäre gar keine Entreicherung eingetreten, weil für den Beklagten – sein Vorbringen als zutreffend unterstellt – der Verlust des Guthabens auf einem von ihm selbst zu tragenden Nachteil beruhte, welcher nicht als entreichernd berücksichtigt werden könnte. Die vom Beklagten behaupteten Abhebungen an verschiedenen Geldautomaten unter Einsatz seiner EC-Karte durch einen Dritten begründen insofern nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 06.07.2010 (Az. XI ZR 224/09) einen Anscheinsbeweis dafür, dass der Beklagte gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen hat, die Karte mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren und dafür Sorge zu tragen, dass kein unbefugter Dritter Kenntnis von der PIN erhält.

Das Urteil ist rechtskräftig

Az: 423 C 3282/20

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