Lage der Union 2018: Die Stunde der Europäischen Souveränität.

Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker‚ hat heute vor den Mitgliedern des Europäischen Parlaments in Straßburg seine Rede zur Lage der Union 2018 gehalten. In der Ansprache stellte er seine Prioritäten für das kommende Jahr vor und führte aus, wie die Europäische Union den in der Vorjahresrede präsentierten „Fahrplan für eine geeintere, stärkere und demokratischere Union“ weiter voranbringen kann. Angesichts einer zunehmend instabilen Weltlage betonte Präsident Juncker, dass Europa souveräner werden müsse, um auf der weltpolitischen Bühne eine Führungsrolle einnehmen zu können.

Kommissionspräsident Juncker sagte heute: „Jetzt schlägt die Stunde der europäischen Souveränität. Die Weltpolitik verlangt es von uns. Es ist an der Zeit, dass Europa sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Es ist an der Zeit, dass Europa das entwickelt, was ich „Weltpolitikfähigkeitˮ nenne – die Fähigkeit, die Geschicke der Welt als Union mitzugestalten. Es ist an der Zeit, dass Europa zum souveränen Akteur auf der Weltbühne wird. Europäische Souveränität erwächst aus der nationalen Souveränität unserer Mitgliedstaaten – sie soll diese nicht ersetzen. Wenn die Nationalstaaten – da wo es nötig ist – Souveränität bündeln, werden sie dadurch nur an Stärke gewinnen.“

Die Rede von Präsident Juncker zur Lage der Union 2018 vor dem Europäischen Parlament ist hier verfügbar. Der vollständige Wortlaut der Rede ist an der gleichen Stelle einsehbar.

Reaktionen aus dem Bundestag:

„Tiefere soziale Spaltung Europas und eine Isolierung der EU.“

Zur letzten Rede Junckers erklärte heute der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko:

„Die Bilanz des Kommissionspräsidenten ist die tiefere soziale Spaltung Europas und eine Isolierung der EU in Europa. Aufrüstung nach innen und außen kann an dieser Entwicklung nichts ändern.

Es war ein Wahlversprechen von Kommissionschef Juncker, dass unter seiner Führung die Eurokrise überwunden wird, die EU sollte ein soziales Triple A-Rating‘ bekommen. Die groß angekündigte europäische Säule der sozialen Rechte blieb ein Placebo. Der Besuch von Alexis Tsipras zeigt an, in welch kritischem Zustand sich der Südwesten der Union befindet. Zwar hat Griechenland die skandalösen Bedingungen der Eurogruppe, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds erfüllen können. Aber die soziale Verelendung des Landes bleibt himmelschreiend, immer noch ist jeder Fünfte arbeitslos, der Schuldenstand Griechenlands liegt bei 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Darüber redet der ehemalige Vorsitzende der Euro-Gruppe jedoch nicht.

Angerührt hatten diese Katastrophe die neoliberalen Parteien der Mitte, die Sozialdemokraten und die Konservativen, mit jahrzehntelanger Korruption und Misswirtschaft. Verschärft wurde sie durch den fatalen Kurs der Austerität. Alexis Tsipras forderte gestern erneut, dass die EU den Weg der Austerität verlassen und einen strategischen Plan für eine wirtschaftliche Angleichung der EU-Staaten verfolgen müsse. Anders als von Kommissionschef Juncker vorgesehen, zeigte ausgerechnet das portugiesische Mitte-Links-Bündnis einen würdigen Weg aus der Krise: Portugal hat die Defizitregeln von Finanzminister Schäuble nicht anerkannt, gerade deswegen erholte sich das Land von der Krise.

Eine ähnlich katastrophale Bewertung muss man vornehmen, wenn Juncker nach Osteuropa schaut. Polen und Ungarn sehen sich mit Verfahren wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit konfrontiert. Beide Länder exportieren ihre Arbeitslosigkeit seit dem EU-Beitritt in andere EU-Staaten, aber stilisieren die Flüchtlingsfrage zu einem Problem. Deutlich mehr als eine halbe Million Ungarn arbeiten in anderen EU-Ländern, doch seine Regierung verweigert Flüchtlingen das elementarste Grundrecht. Wie auch in Polen missachtet die ungarische Regierung die Rechte von Minderheiten, Andersdenkenden und Journalisten, sie schränkt die Unabhängigkeit der Justiz und die Religionsfreiheit ein.

Dies ist das politische Ergebnis des Kommissionspräsidenten nach knapp vier Jahren im Amt. Von einer sozialen Angleichung der Lebensbedingungen sind die EU-Staaten weiter entfernt als vor seinem Amtsantritt, die britischen Torys sorgten unterdessen für den Austritt Großbritanniens. Eine Angleichung innerhalb der EU findet nur im Rüstungsbereich statt, wo mit dem Europäischen Verteidigungsfonds, PESCO und einem ,militärischen Schengen‘ neue Mittel für die Aufrüstung nach innen und außen bereitgestellt werden. In allen anderen Bereichen treibt die EU weiter auseinander. Dies ist die Bilanz von Jean Claude Juncker.“

DGB fordert mehr soziale Gerechtigkeit in Europa.
Anlässlich der Rede zur Lage der Union von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann heute in Berlin:

„Europa ist in keiner guten Verfassung, überall erstarken nationalistische und spalterische politische Kräfte. Noch nie wurde die EU in Teilen der europäischen Öffentlichkeit so deutlich in Frage gestellt. Dabei kann nur eine starke, soziale und handlungsfähige EU die Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft sein. Nur sie wird in der Lage sein, die Globalisierung und Digitalisierung im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gestalten.

Kommissionspräsident Juncker hat in seiner Rede ein Europa gefordert, das die Menschen schützt. Dieses darf sich aber nicht nur auf die äußere Sicherheit beziehen, sondern auch auf darauf, dass sich Menschen sicher fühlen, weil es soziale Gerechtigkeit gibt. Hier muss die EU endlich liefern. Zum Beispiel die Europäische Arbeitsbehörde ELA: Mit ihr könnte grenzüberschreitend kontrolliert werden, ob der rumänische entsandte Bauarbeiter wirklich den Bau-Mindestlohn bekommt und nicht, wie derzeit so oft, betrogen wird. So buchstabiert man Gerechtigkeit. Darüber hinaus muss mehr investiert werden, in Infrastruktur, in Bildung, in soziale Sicherheit. Der Junckerplan war ein guter Einstieg, ist aber noch weit von unserer Forderung nach einem Marshallplan für Europa entfernt.

Damit Europa tatkräftig werden kann, muss jedoch vor allem der Rat der Mitgliedsstaaten Handlungsfähigkeit beweisen. Das setzt voraus, dass die deutsche Regierung endlich den Europateil des Koalitionsvertrages umsetzt. Darin steht, dass wir ein Europa der Chancen und Gerechtigkeit wollen, der Demokratie und Solidarität. Ein Jahr nach der Bundestagswahl wird es höchste Zeit, dass das umgesetzt wird!“

„Grenzschutz alleine löst die Flüchtlingsfrage nicht.“

Kommissionspräsident Juncker hat heute in seiner letzten Rede zur Lage der EU vorgeschlagen, 10.000 zusätzliche europäische Grenzschutzstellen zu schaffen. So sinnvoll eine wohlverstandene Stärkung von Frontex ist, so wenig wird diese Maßnahme alleine die Flüchtlingsfrage lösen, erklärte Christian Petry, europapolitscher Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Petry weiter:

„Gesteigerte gemeinsame Anstrengungen zum Schutz der Außengrenzen sind inzwischen fast schon politisches Allgemeingut in der EU geworden. Ziel dieser Verstärkung muss mehr Kontrolle und Ordnung sowie die Bekämpfung von Menschenschmugglern sein, die aus der Not anderer ein unanständiges Geschäft machen. Deshalb ist die personelle Aufstockung zu befürworten. Sie bedeutet zudem eine deutlich höhere finanzielle Beteiligung aller EU-Staaten.

Richtig verstandener Schutz bedeutet aber nicht das Abriegeln von Grenzen. Für Verfolgte und Flüchtlinge aus Krisengebieten muss Europa offen bleiben.

Auch bei mehr Grenzschutz werden Menschen aus Sorge um ihr Leben oder ihre Freiheit berechtigterweise Schutz suchen. Für diese Fälle brauchen wir ebenfalls gemeinsame Anstrengungen aller Mitgliedstaaten. Die Außengrenzstaaten müssen bei der Versorgung dieser Schutzsuchenden und der Durchführung der Asylverfahren viel stärker europäisch unterstützt werden. Zu lange fühlten sich beispielsweise Italien, Spanien oder Griechenland alleine gelassen.

Genauso wenig können aber auch Länder wie Deutschland oder Schweden alleine gelassen werden, die bisher die Hauptentlastung für die Ersteinreisestaaten geleistet haben. Die von Juncker ebenfalls vorgeschlagene Stärkung der EU-Asylbehörde mit mehr Personal kann Verfahren beschleunigen. Ungelöst bleibt weiter die Frage, wo die Menschen während des Verfahrens und nach seinem Abschluss verbleiben. Hier erwarten wir vom Europäischen Rat im Herbst eine tragfähige Lösung.“

Farage zu Juncker-Ansprache: EU ignoriert Bürger und mutiert zum antinationalen Machtzentrum

Farage zu Juncker-Ansprache: EU ignoriert Bürger und mutiert zum antinationalen MachtzentrumMehr dazu: https://deutsch.rt.com/kurzclips/75944-farage-zu-juncker-ansprache-eu/

Publiée par RT Deutsch sur Mercredi 12 septembre 2018

„Europa als Friedensgarant global stärken.“

Zur heutigen Rede des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker im Europäischen Parlament in Straßburg zur Lage der EU erklärte der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Florian Hahn:

„In seiner letzten Rede zur Lage der EU adressiert der scheidende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die großen Herausforderungen für die EU. Europa muss als Friedensgarant sein Gewicht auf globaler Ebene, insbesondere in der Handels- und der Außenpolitik sowie den Euro als Leitwährung weltweit stärken. Zurecht mahnt er zudem längst überfällige Fortschritte bei der Bekämpfung der illegalen Migration und der Verbesserung des Schutzes der EU-Außengrenzen durch den Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex an. Auch für die neue EU-Kommission, die nach der Europawahl Ende Mai 2019 ihr Amt aufnehmen wird, bleibt es eine zentrale Aufgabe, die EU bei diesen Themen zusammenzuhalten. Die Leitung der neuen Kommission bedarf daher eines auf europäischer Ebene bewährten Brückenbauers.  Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wirbt deshalb dafür, dass die europäische  Parteienfamilie EVP bei der Europawahl mit Manfred Weber als Spitzenkandidat  für dieses Amt antritt.“

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