„Lohngerechtigkeitsgesetz“ begrüßt und kritisiert.

Ja zur Verbesserung der Transparenz von Gehaltsstrukturen – Nein zu überbordender Bürokratie.

Nachdem im letzten Jahr die Frauenquote mit großem parlamentarischem Jubel eingeführt wurde, soll in diesem Jahr ein neues Vorzeigeprojekt der Bundesfamilienministerin folgen. Das Lohngleichheitsgesetz beanspruche alles, was immer richtig ist: Transparenz, Gerechtigkeit (oder auch Gleichheit, was für viele das Gleiche ist wie Gerechtigkeit) und Unterstützung von Frauen. Werde es verabschiedet, würden Firmen ab 200 Mitarbeitern verpflichtet, Berichte über Gehaltsstrukturen zu verfassen. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sollen mindestens alle fünf Jahre ein Prüfverfahren zur Lohngerechtigkeit durchführen.

Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen beschlossen.

Dazu erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön:

„Dass Frauen und Männer für gleiche und gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt erhalten müssen, ist auch der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ein großes Anliegen. Die Tatsache, dass Frauen nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamts auch bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Bedingungen immer noch sieben Prozent weniger verdienen als Männer und sich diese Lohnlücke seit Jahren nicht verringert, rechtfertigt gesetzliche Maßnahmen. Darauf haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich immer dafür eingesetzt, den berechtigten Anliegen der Frauen nach größerer Transparenz bei den Gehaltsstrukturen Rechnung zu tragen ohne die Privatwirtschaft zu überfordern. Wir begrüßen daher, dass im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung und in der Ressortabstimmung noch wichtige Veränderungen an dem Entwurf aus dem Bundesfrauenministerium erreicht und die von der Ministerin ursprünglich vorgesehene überbordende Bürokratie verhindert werden konnten. Selbst das Ministerium geht nun davon aus, dass nur 1 Prozent der Berechtigten ein Auskunftsverlangen stellen wird.

Außerdem ist es gelungen, Unternehmen, in denen Tarifverträge gelten, von der Auskunftspflicht über das Durchschnitts-Entgelt von Kollegen in gleichwertigen Positionen auszunehmen: Hier genügt der Verweis auf die tarifvertraglichen Regelungen. Außerdem werden – entgegen den ursprünglichen Plänen der Ministerin – große Unternehmen nicht verpflichtet, alle drei Jahre mit Hilfe betrieblicher Prüfverfahren ihre Entgeltregelungen zu überprüfen. Sie werden lediglich aufgefordert, dies regelmäßig zu tun. Auch die Verpflichtung, in Stellenanzeigen künftig das Mindestgehalt anzugeben, ist entfallen.

Im parlamentarischen Verfahren werden wir uns den Gesetzentwurf genau anschauen und auf seine Praxistauglichkeit überprüfen. Außerdem wollen wir dann von der Bundesregierung wissen, wie sie die zusätzliche bürokratische Belastung der Wirtschaft kompensieren will (One-in-one-out-Regel).“

Entgeltgleichheitsgesetz gaukelt Lösung nur vor

„Was lange währt, wird manchmal schlechter. Dass ein Entgeltgleichheitsgesetz, das die Handschrift der großen Koalition trägt, ein zahnloser Tiger wird, war abzusehen. Das, was nun nach zähen Verhandlungen präsentiert wird, hilft aber wirklich keiner Frau, deren Arbeit tagtäglich weniger wertgeschätzt wird als die ihrer männlichen Kollegen. Schade, dass sich Ministerin Manuela Schwesig nicht gegen den wirtschaftsliberalen Flügel der Union durchsetzen konnte und es jetzt noch nicht einmal verpflichtende Lohnvergleichsverfahren gibt. Das wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dieses Gesetz bricht keine verkrusteten Strukturen in der Arbeitswelt auf. Im Gegenteil: Es gaukelt eine Lösung vor, die keine ist und leistet damit der Sache einen Bärendienst“, so Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag.

Möhring weiter:

„Absichtserklärungen und Auskunftsrechte sind zwar schön und gut, Transparenz alleine reicht aber nicht aus. Es braucht klare Lohnprüfinstrumente und vor allem Mechanismen zur Durchsetzung von Entgeltgleichheit bei einer festgestellten Diskriminierung. Nicht zuletzt deshalb fordern wir – genauso wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ja seit Jahren – die Einführung des Verbandsklagerechts.“

Wichtiger Schritt zur Lohngerechtigkeit

Sönke Rix, Sprecher der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend;
Petra Crone, zuständige Berichterstatterin:

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßte dagegen den heute vom Kabinett beschlossenen Entwurf für ein Lohngerechtigkeitsgesetz von Bundesministerin Manuela Schwesig. Nach langen Verhandlungen mit der Union sei dies ein erster, aber wichtiger Schritt auf dem Weg zur Schließung der Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen.

 

Dazu erklärten: Sönke Rix, Sprecher der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Petra Crone, zuständige Berichterstatterin:

„Seit über 50 Jahren ist das Gebot des Gleichberechtigungsgrundsatzes für Frauen und Männer geltendes Recht – doch in der Praxis wird dieses Gebot nicht umgesetzt. Nach wie vor klafft eine deutliche Lohnlücke zwischen den Geschlechtern bei gleicher und gleichwertiger Arbeit. Aktuell liegt diese bei 21 Prozent.

Um diese Lücke zu schließen und für Lohngerechtigkeit zu sorgen, hat das Bundeskabinett heute den von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig vorgelegten Gesetzentwurf beschlossen. Darin werden private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten aufgefordert, betriebliche Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit durchzuführen. Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine Berichtspflicht über Frauenförderung und Entgeltgleichheit für diese Arbeitgeber vor. Zudem wird mit dem Gesetzentwurf ein individueller Auskunftsanspruch für Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten eingeführt. Insgesamt werden mit diesem Gesetzentwurf auch die Aufgaben und Rechte der betrieblichen Interessenvertretungen konkretisiert und gestärkt.

Das Gesetz ergänzt unsere sozialdemokratische Politik für mehr Lohngerechtigkeit. Dazu gehören unter anderen unsere Erfolge zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur Einführung einer gesetzlichen Quote für Frauen in Führungspositionen. Auch die aktuellen Gesetzesinitiativen zu einem Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit und zur Aufwertung der Pflegeberufe zielen in diese Richtung.

Frauen haben seit über fünf Jahrzehnten ein Recht auf Entgeltgleichheit. Diesem Ziel werden wir  mit dem heute im Bundeskabinett beschlossenen Gesetz einen wichtigen Schritt näherkommen.“

Gleichen Lohn gibt’s nur auf dem Papier

Zu dem Gesetzentwurf zur Entgeltgleichheit, der heute vom Kabinett verabschiedet wurde, erklärten Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag:

„Übrig bleibt von dem ursprünglich avisierten Gesetz zur Entgeltgleichheit nicht viel. Die geplanten Regelungen sind letztlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und werden nur die wenigsten Frauen erreichen. Denn das Gesetz soll nur für Betriebe ab 200 Beschäftigte gelten. Die meisten Frauen arbeiten jedoch in kleinen und mittelständischen Betrieben mit weitaus weniger Beschäftigten. Sie gehen alle leer. Das Recht auf gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit gilt aber für alle Frauen. Dem wird der Gesetzesentwurf nicht gerecht.

Außerdem kommt für Betriebe ab 500 Beschäftigten keine verbindliche Prüfpflicht. Unternehmen sind jetzt nur noch „aufgefordert“, zu prüfen, ob sie gerecht bezahlen. Damit sind wir wieder bei den Selbstverpflichtungen der Wirtschaft aus vergangenen Jahren. Bewirken wird ein solches Gesetz nichts. Zumal es nichts daran ändert, dass typische Frauenberufe schlechter bezahlt werden als typische Männerjobs.

Frauen sollen künftig weiterhin individuell klagen, wenn sie ungerecht bezahlt werden. Doch ein Verbandsklagerecht, dass sie dabei unterstützt, fehlt völlig. Dabei bräuchten Verbände oder Gewerkschaften dringend ein solches Recht, um strukturelle Diskriminierung aufzudecken. Echte Entgeltgleichheit gibt es mit diesem Gesetz nur auf dem Papier.

Es bleibt zu hoffen, dass im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird und Frauen ein wirksameres Instrument an die Hand bekommen, damit sie zu ihrem Recht kommen. Denn für Frauen steht viel auf dem Spiel.“

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