Oberlandesgericht Frankfurt am Main verurteilt Daniel M. wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten.

Der 4. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat heute den 54jährigen Schweizer Staatsangehörigen Daniel M. der geheimdienstlichen Agententätigkeit schuldig gesprochen und ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, da die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der Angeklagte hat zudem als Bewährungsauflage  einschließlich eines eingezogenen Betrages von 25.000, €  insgesamt 40.000, € an die Staatskasse zu zahlen.

In der seit dem 18. Oktober 2017 durchgeführten Hauptverhandlung hat der Senat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der in der Schweiz geborene Angeklagte war zunächst bei der Kriminalpolizei in Zürich und später für eine Schweizer Großbank im Bereich „Interne Ermittlungen und Konzernsicherheit“ tätig. Nach seinem Ausscheiden aus dieser Bank gründet er im Jahr 2011 sein eigenes Unternehmen, welches investigative und beratende Sicherheitsleistungen anbot.

Nachdem der Angeklagte über ehemalige Kollegen aus der Kriminalpolizei in Kontakt zum Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gekommen war, erklärte er sich im Sommer 2011 bereit, dem NDB Informationen über drei deutsche Steuerfahnder und einen Notar zu beschaffen. Diese sollten aus Sicht des NDB in den Ankauf sog. SteuerCDs durch die nordrheinwestfälische Finanzverwaltung involviert gewesen sein. Zu diesem Zweck erhielt der Angeklagte von seinem Führungsoffizier eine Liste, die einzelne Namen bzw. Namensbestandteile dieser vier Personen enthielt. Sie sollte von dem Angeklagten hinsichtlich fehlender Namensbestandteile, Geburtsdaten, Privatadressen und privater Telefonnummern vervollständigt werden. Zur Ausführung des Auftrags bediente sich der Angeklagte einer in Frankfurt am Main ansässigen Sicherheitsberatungsfirma, die ihm die gewünschten Daten lieferte. Der Angeklagte leitete die Daten an seinen Führungsoffizier weiter. Diese Daten flossen in Festnahmebefehle ein, welche die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen die drei deutschen Steuerfahnder wegen des Vorwurfs der Gehilfenschaft zum wirtschaftlichen Nachrichtendienst sowie der Verletzung des Bankgeheimnisses im März 2012 erließ. Der Angeklagte vereinnahmte für die Erfüllung des Auftrags selbst ein Honorar in Höhe von 3.000,00 CHF. Einen weiteren Betrag von 9.800,00 € leitete er an den Inhaber der Sicherheitsberatungsfirma weiter. Darüber hinaus erhielt der Angeklagte über einen Zeitraum von fünf Monaten vom NDB monatliche Zahlungen in Höhe von 3.000,00 CHF als „Aufwendungsersatz“ für regelmäßige Treffen mit seinem Führungsoffizier und anderen Mitarbeitern des NDB.

Ende 2012 wurde der Angeklagte von seinem Führungsoffizier beauftragt, die Möglichkeit der Gewinnung bzw. Platzierung einer Quelle in der nordrheinwestfälischen Finanzverwaltung zu sondieren. Zur Erfüllung dieses Auftrags bediente sich der Angeklagte erneut des Inhabers der in Frankfurt am Main ansässigen Sicherheitsberatungsfirma. Der Senat konnte nicht feststellen, dass dem Inhaber bzw. den Mitarbeitern dieser Sicherheitsberatungsfirma bekannt war, wer als Auftraggeber hinter dem Angeklagten stand. Nachdem der Inhaber der Sicherheitsberatungsfirma dem Angeklagten versichert hatte, bei dem Vorhaben, eine Quelle in der nordrheinwestfälischen Finanzverwaltung installieren zu können, die Informationen über die Vorgehensweise der Steuerfahnder beim Ankauf der sog. SteuerCDs beschaffen würde, auf einem guten Weg zu sein, zahlte der NDB an den Angeklagten in zwei Tranchen insgesamt 60.000,00 €. Von dieser Summe behielt der Angeklagte 10.000,00 € für sich. Das übrige Geld leitete er an die von ihm beauftragte Sicherheitsberatungsfirma weiter, welche für ihre Tätigkeit davon ebenfalls 10.000, € erhalten sollte. Zur Auszahlung einer weiteren verabredeten Tranche von 30.000, € durch den NDB kam es trotz intensiver Bemühungen des Angeklagten nicht. Der Senat hat nicht festgestellt, dass es dem deutschen Sicherheitsberatungsunternehmen gelungen ist, einen Mitarbeiter der nordrheinwestfälischen Finanzverwaltung als Informanten zu gewinnen.

Der Senat hat das Urteil bereits am vierten Hauptverhandlungstag verkünden können, weil eine Verständigung mit den weiteren Verfahrensbeteiligten zustande gekommen ist. Nachdem die Verfahrensbeteiligten dem Vorschlag des Senats, den Angeklagten im Falle einer glaubhaften geständigen Einlassung zu einer Freiheitsstrafe von nicht weniger als einem Jahr und sechs Monaten und nicht mehr als zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen wäre, zugestimmt hatten, hat der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dieses ersparte eine umfangreiche Beweisaufnahme.

Bei der Strafzumessung hat der Senat zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er bisher noch nicht straffällig geworden ist, sich vollumfänglich geständig eingelassen und dadurch zu einer Abkürzung des Strafverfahrens beigetragen hat. Zudem erlangte Bedeutung, dass der Angeklagte sich über sechs Monate in Untersuchungshaft befand. Dabei legte der Senat in Bezug auf seine Person eine besondere Haftempfindlichkeit zugrunde. Schließlich war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er aufgrund der verbüßten Untersuchungshaft massive finanzielle Einbußen erlitten hat. Zu seinen Lasten fiel ins Gewicht, dass der Angeklagte über einen Zeitraum von mindestens zweieinhalb Jahren mit dem NDB zusammengearbeitet hat. Mit dem an die deutsche Sicherheitsberatungsfirma erteilten Auftrag, eine Quelle in der nordrheinwestfälischen Finanzverwaltung zu installieren, hat er in den Kernbereich der staatlichen Souveränität Deutschlands eingegriffen. Dass er sich mit seinem Verhalten in Deutschland strafbar machen würde, war dem Angeklagten bewusst. Gegen den Angeklagten sprach zudem, dass er vornehmlich vom eigenen Gewinnstreben getrieben gehandelt und aus seiner Tätigkeit nicht unerhebliche finanzielle Vorteile gezogen hat. Das von dem Angeklagten dargestellte Handeln als Schweizer Patriot hat den Senat insbesondere deshalb nicht überzeugt, da die Steuerflucht als eigentliche Ursache der Tätigkeit der Steuerfahnder auch in der Schweiz nicht als moralisch schutzwürdiges Verhalten gilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte, seine Verteidiger und der Generalbundesanwalt können ungeachtet der getroffenen Verständigung Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Urteil vom 9.11.2017, Az. 4(3 StE 2/17 ( 2 ( 1/17

 

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