„Rücksichtslose, bürgerrechtsfeindliche und menschenrechtsverletzende Säuberung“.

Zum fünften Jahrestag des gescheiterten Putschs in der Türkei erklären Claudia Roth und Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag):

„Am 15. Juli 2016 erlebte die Türkei den demokratiefeindlichen Versuch von Teilen des Militärs und Staatsapparats, gegen die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu putschen. Der Putschversuch scheiterte innerhalb weniger Stunden und hinterließ eine blutige Spur mit zahlreichen Toten und Verletzten. Die nachhaltigen politischen Folgen des Putschversuchs waren aber gravierender: für die gesamte türkische Gesellschaft und für die bis dahin verbliebenen Elemente von Rechtsstaatlichkeit.

Präsident Erdogan hat den Putsch zum Anlass genommen, eine rücksichtslose, bürgerrechtsfeindliche und menschenrechtsverletzende Säuberung von Behörden, Justiz und Bildungseinrichtungen zu verordnen. Jede kritische Haltung und Meinung gegenüber der Regierungspolitik wird als Sympathie und Nähe zu den Putschisten unterdrückt und verfolgt. Von diesen Verfolgungen sind mittlerweile alle Oppositionskräfte des Landes betroffen, auch solche, die weder politisch noch programmatisch mit den Putschisten zu tun haben können. Dazu gehören die parlamentarische Opposition wie die HDP und Teile der CHP, kritische Blogger*innen und Publizist*innen, frauen- und menschenrechtspolitische Aktivist*innen, kritische Akademiker*innen und Aktivist*innen für Minderheitenrechte.

Die politische Instrumentalisierung des Putschs durch Präsident Erdogan hält bis heute an und bestimmt die Agenda des autokratischen Staatsumbaus. So wurde mit Hinweis auf den Putsch die Justiz des Landes vollends zum politischen Unterdrückungs- und Verfolgungsinstrument umgewandelt. Die türkische Justiz agiert mittlerweile als Jagdtruppe der Erdogan-Regierung im Kampf gegen Kritiker*innen und Oppositionelle. Sie maßt sich an, die Rechts- und Anerkennungsverfahren von Schutzsuchenden aus der Türkei in Deutschland und Europa als Rechtsbeugung und die Aufnahme von Verfolgten aus der Türkei als Terrorunterstützung zu bezeichnen. Diesem Unsinn aus Ankara sollten die Bundesregierung und die EU-Staaten in aller Deutlichkeit widersprechen.

Nicht nur die türkische Opposition, sondern und vor allem auch die gesamte Breite der türkischen Zivilgesellschaft erwarten klare Signale aus Deutschland und der EU, sich für Menschenrechte, bürgerliche Freiheitsrechte und Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Türkei stark zu machen.“

Fotoquellen: TP Presseagentur Berlin

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