Urteil im Prozess um Betrug durch „falsche Polizisten“ verkündet.

OSNABRÜCK. Die 18. Große Strafkammer des Landgerichts Osnabrück hat heute einen jetzt 32-jährigen Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in acht Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt (Az. 18 KLs 10/19).

Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte als Teil einer Bande von der Türkei aus an Betrugstaten zulasten älterer Menschen in Deutschland mitgewirkt hatte. Mitglieder der Bande gaben sich dazu nach den Feststellungen der Kammer bei Anrufen aus einem speziell für die Taten eingerichteten Call Center in Istanbul als Polizeibeamte oder, in einem Fall, Mitarbeiter einer Bank aus. Sie setzten dann die angerufenen älteren Menschen in Deutschland mit unterschiedlichen Bedrohungsszenarien unter Druck. Häufig wurde den Angerufenen vorgegaukelt, eine rumänische Diebesbande habe sie im Visier. Ziel war es, die Angerufenen zur Übergabe von Wertgegenständen und Bargeld an Kuriere der Bande zu bewegen, damit die „Polizei“ diese sicher verwahren könne (zu Einzelheiten der Vorwürfe siehe auch die PM 48/19 und 56/19). Wie die 18. Großen Strafkammer in ihrem heutigen Urteil weiter feststellte, war der Angeklagte selbst jedenfalls an acht Taten unmittelbar beteiligt. Dabei übergaben die Angerufenen in sechs Fällen tatsächlich Geld oder Wertgegenstände an Mitglieder der Bande. Der Angeklagte hatte dabei nach Überzeugung der Kammer teils selbst Anrufe getätigt, vor allem aber eine erhebliche Rolle für das Funktionieren des Systems der Bande gespielt. So hatte er zum einen die IT-Infrastruktur in Istanbul mit betreut. Zum anderen hielt er den Kontakt zwischen den Hintermännern in der Türkei, die in Deutschland bereits per Haftbefehl gesucht wurden, und den sog. Logistikern, die in Deutschland die Abholung der Beute organisierten. Zu ihren Feststellungen gelangte die Kammer u.a. auf Grundlage der weitgehend geständigen Einlassung des Angeklagten, aber auch der Aussage eines der sog. Logistiker, der in diesem Verfahren als Zeuge vernommen worden war. Zudem hatten mehrere Polizeibeamte von ihren umfangreichen Ermittlungen gegen die Bande berichtet. Bei diesen Ermittlungen waren auch Tonbandaufnahmen von einigen Anrufen gefertigt worden, die im Gerichtssaal vorgespielt wurden. Bei dem konkreten Strafmaß berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten u.a., dass er nicht vorbestraft war und durch sein Geständnis das Verfahren abgekürzt hatte. Als wesentlich strafschärfend sah die Kammer allerdings die Auswirkungen der Taten auf die betroffenen älteren Menschen an. Wie die Kammer in der heutigen Urteilsbegründung mehrmals hervorhob, hatten diese nicht nur – vielfach erhebliche – Geldbeträge und Wertgegenstände verloren. Sie seien vielmehr durch die Anrufer oft über Tage hinweg fast rund um die Uhr unter Druck gesetzt und kontrolliert worden. Deswegen hätten, so die Kammer, die älteren Herrschaften oft auch noch bei ihrer Aussage vor Gericht an Angstgefühlen und einem erheblichen Vertrauensverlust gelitten. Hinzu komme die Scham, dem Betrug aufgesessen zu sein. Hierfür trage der Angeklagte eine Mitverantwortung. Er habe sich bewusst daran beteiligt, das Vertrauen der älteren Menschen in die Polizei perfide auszunutzen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft können es mit der Revision zum Bundesgerichtshof angreifen.

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