Von Literaten wünschte er sich in erster Linie eine aufrichtige Geschichte ihrer Existenz in der DDR: „Nicht das, was Hermann Kant macht“, das sei geschmeidigste Apologetik, „aber vielleicht so, wie es Günter de Bruyn gerade in seinem Buch ‚Vierzig Jahre‘ gezeigt hat“.
Das sagte kein Geringerer als der aus der DDR stammende und ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse im Jahre 1996 kurz nach der Veröffentlichung des umfangreichen Lebensberichts des am 1. November 1926 in Berlin-Britz geborenen Günter de Bruyn.
Die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erinnert und ehrt seit heute mit einer Berliner Gedenktafel an den Schriftsteller.
Die Gedenktafel an seinem Geburtshaus wurde am heutigen 4. November 2025 in der Buschkrugallee 144, Berlin-Britz von Oliver Friederici, Berliner Staatssekretär für Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Angelika Neuer, Leiterin des Kundencenters Süd degewo, seinem Sohn Wolfgang de Bruyn (als Vertreter der Günter de Bruyn-Stiftung) und der Historikerin Dr. Hannah Lotte Lund feierlich enthüllt.







Fotoquellen: TP Presseagentur Berlin
Kurz-Biografie de Bruyns (Quelle: Kultursenat Berlin):
Günter de Bruyn wurde am 1. November 1926 als jüngstes von vier Kindern einer katholischen Familie in Berlin-Britz geboren und verbrachte seine Jugend in Berlin. 1943–1945 war er Flakhelfer und Soldat im Zweiten Weltkrieg, wurde verwundet und kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1946 wieder in Berlin machte er Abitur, dann eine Ausbildung zum Neulehrer in Potsdam. Drei Jahre an einer Dorfschule in Garlitz/Havelland schlugen sich u.a. nieder in einer seiner ersten Erzählungen „Hochzeit in Weltzow“ (1960). Bis 1961 war er Bibliothekar und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Bibliothekswesen der DDR, danach freiberuflicher Schriftsteller in Berlin und seit Ende der 1960er-Jahre zunehmend in dem von ihm so benannten und geschätzten märkischen „Abseits“, einer alten Schäferei im Wald bei Beeskow in Brandenburg. Er starb am 4. Oktober 2020 in Bad Saarow.
Mit seinen Romanen wie „Buridans Esel“ (1968), „Märkische Forschungen (1977)“ und „Neue Herrlichkeit“ (1984), in denen er Geschichten über die DDR erzählte, gleichermaßen realistisch wie hintergründig, voll Kritik und feinem Humor, fand er wachsendes Publikum in beiden Teilen Deutschlands. Sein Buch „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter“, 1975 fast zeitgleich in Ost und West erschienen, wurde zu einem Modell literarischer Biographie. Seit 1980 gab er gemeinsam mit Gerhard Wolf die Reihe „Märkischer Dichtergarten“ heraus. Berlin verdankt Günter de Bruyns Arbeit als Autor und Kulturhistoriker ein neues „Portrait einer Epoche“; seine Essaybände zu Berlin um 1800 zeigen, dass hier ein Weimar ebenbürtiges Kunst- und Kulturzentrum wiederzuentdecken ist.
1976 gehörte de Bruyn zu den Unterzeichnern der Protestnote gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. 1977 forderte er auf einem deutsch-deutschen Schriftstellerkongress die Aufhebung der Zensur in der DDR. 1989 lehnte er den DDR-Nationalpreis ab. Günter de Bruyn hielt stets an einer sprachlich-kulturellen Einheit der Nation fest, nannte sich einen deutschen Schriftsteller, der in der DDR lebt. Er war Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin sowie der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, im Präsidium des PEN-Zentrums der DDR und später der BRD. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und zwei Ehrendoktorwürden.
Nach der Wende wurden seine autobiografischen Schriften „Zwischenbilanz“ (1992) und „Vierzig Jahre“ (1996) besonders geschätzt. De Bruyns besonnener, bescheidener Stil der Auseinandersetzung machte ihn zum „stillen, doch hartnäckigen Nonkonformisten“, schrieb DIE ZEIT 2001, sein Werk gehöre „zum Ehrlichsten, was im 20. Jahrhundert unter der Rubrik Selbstbefragung erschienen ist“.
Die Berliner Gedenktafeln sind ein Programm des Landes Berlin, eingebunden in das Förderprogramm Historische Stadtmarkierungen der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die weißen Porzellantafeln werden von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin hergestellt. Die Recherche für den Tafeltext und die Organisation der Enthüllung lagen bei dem Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin, der sich seit 2013 bei der Umsetzung des Berliner Gedenktafelprogramms engagiert.
