Besoldung von Richtern in Thüringen verfassungswidrig?

Presseerklärung: Das Verwaltungsgericht Meiningen ist von der Verfassungswidrigkeit der Richterbesoldung im Freistaat Thüringen in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024 überzeugt und legt das Besoldungsgesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor.

Das Verwaltungsgericht Meiningen hat am 05.11.2025 im Rahmen von zwei Musterverfahren über die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Richterinnen und Richtern im Freistaat Thüringen in den Jahren 2020 bis 2024 mündlich verhandelt.

Die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts ist dabei aufgrund der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangt, dass Richterinnen und Richter im Freistaat Thüringen in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024 offensichtlich in verfassungswidriger Weise zu niedrig besoldet worden seien. Daher hat die Kammer durch Beschluss vom 05.11.2025 die Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Bis dort eine Entscheidung ergeht, werden die Verfahren ausgesetzt.

Lediglich für das Jahr 2023 kommt die Kammer zu einem anderen Ergebnis. Hier genügt die Besoldung der Richterinnen und Richter dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben Prüfungsmaßstab.

Von maßgeblicher Bedeutung für die Entscheidung war die Nichteinhaltung des sog. Mindestabstandsgebots in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024. Danach muss ein verheirateter Beamter in der untersten Besoldungsgruppe und niedrigsten Erfahrungsstufe mit zwei Kindern insgesamt mindestens 15 % mehr Geld zur Verfügung haben als eine vergleichbare Familie, die Leistungen der Grundsicherung bezieht.

Diese Grenze wurde im Freistaat Thüringen in den vorstehend genannten Jahren nicht eingehalten, sondern zur Überzeugung der Kammer klar unterschritten.

Richterinnen und Richter erhalten im Freistaat Thüringen zwar mehr als Empfänger von Grundsicherungsleistungen. Da allerdings zahlreiche darunterliegende Besoldungsgruppen die Grenze des Mindestabstandsgebots nicht einhalten, geht die Kammer von einem strukturellen Problem im gesamten Besoldungsgefüge aus. Zur Herstellung verfassungsgemäßer Zustände müsste die Besoldung insgesamt angehoben werden, was sich auch auf Richterinnen und Richter auswirken würde. Bestärkt wurde dieser Befund durch Probleme im Rahmen der Personalgewinnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt der Besoldung auch eine qualitätssichernde Funktion zu. Das bedeutet, dass sie nach Art und Höhe geeignet sein muss, qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl anzuziehen. Auch dieser Funktion genügt die Besoldung zur Überzeugung der Kammer in den erörterten Jahren nicht mehr.

Im Jahr 2023 gewährte der Freistaat Thüringen sämtlichen Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern eine Sonderzahlung in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro. Zwar unterschreiten die Besoldungsgruppen A 6 und A 7 des Thüringer Besoldungsgesetzes trotz dieser Zahlung die Grenze zum Mindestabstandsgebot. Jedoch führt insbesondere diese Sonderzahlung dazu, dass der Verstoß nicht so gravierend ausfällt wie in den übrigen Jahren. Insoweit erfasst die Unterschreitung jedenfalls nicht das gesamte Besoldungsgefüge bis hin zur Richterbesoldung.

Die Pressesprecherin

RinVG Szurlies

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