Ein Weltreisender in Sachen Recht gegen die Macht.

Wolfgang Kalecks Kampf um Gerechtigkeit in aller Welt.

Von Dietmar Jochum, TP Berlin.

Wolfgang Kaleck, Berliner Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist, ist ein Weltreisender in Sachen „Recht gegen die Macht“. Nur ist gegen diese – wie auch immer zu definierende – Macht bisher noch kein – jedenfalls wirksames – Kraut gewachsen. Und die vorhandenen Rechte – etwa das Völkerrecht, inclusive das deutsche Völkerstrafgesetzbuch – werden oft genug trotz so genanntem Weltrechtsprinzip ad absurdum geführt.

Wolfgang Kaleck hatte diese Erfahrung bitter machen müssen, als er gegen Donald Rumsfeld und andere, darunter auch der damalige CIA-Chef George Tenet, den Kürzeren gezogen hatte, als er sie vor etwa zehn Jahren wegen übelster Menschenrechtsverletzungen und massivster Folter im irakischen Abu Graib und kubanischen Guantanamo im Auftrag internationaler Menschenrechtsorganisationen vor den deutschen Kadi zerren wollte. Der Generalbundesanwalt stellte die angestrengten Strafanzeigen prompt ein, und die Oberlandesgerichte Stuttgart und Karlsruhe wiesen die daraufhin erhobenen Klageerzwingungsverfahren pünktlich zurück, damit Donald Rumsfeld, der zunächst wegen der gegen ihn durch Kaleck angestrengten Verfahren in Deutschland aus Angst vor einer Verhaftung nicht an der Sicherheitskonferenz teilnehmen wollte, dann doch zum Tagungsort nach München kommen konnte.

Wolfgang Kaleck kam zu seiner Tätigkeit als Klagevertreter in Sachen Rumsfeld und andere nicht etwa wie die Jungfrau zum Kinde, sondern durch Empfehlung, weil er durch seine Arbeit zur Aufarbeitung der Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur mit dieser Materie bestens vertraut ist.

Kaleck, der wegen rassistischer Gewalt und Angriffe auf Punks und Linke als Nebenklagevertreter gegen Rechtsradikale schon hunderte Mal von Berlin nach Magdeburg fahren musste, reiste mehrfach auch in die Türkei im Auftrag deutscher Anwaltsorganisationen. Auch nach Weißrussland führte ihn eine Reise als Delegierter.

Kaleck, der seit 1997 Buenos Aires jedes Jahr, als Anwalt, aber auch, um Freunde zu treffen, besucht, trifft in Argentinien Ellen Marx, die bereits den Nazis 1939 als Teil einer jüdischen Jugendgruppe per Schiff nach Lateinamerika entkommen war.

Ihre Tochter Nora verschwand während der Militärdiktatur in Argentinien spurlos.

Kaleck zeigt die Problematik der Beweisführung auf: „Doch wir finden keine Belege darüber, dass Nora Marx nach ihrer Verbringung auf das Revier an einem anderen Ort, etwa einem der geheimen Folterzentren, auftauchte; möglicherweise wurde sie schon in den ersten Tagen ihrer Haft umgebracht“, vermutet Kaleck ernüchternd.

Er trifft sich mit dem Menschenrechtsaktivisten Jorge Watts, „ein wandelndes Gedächtnis der Menschenrechtsbewegung“, der alle erhältlichen Daten sammelt, „vor allem die Zeugenaussagen der ehemaligen Insassen, um die Topographie von Hunderten über das ganze Land verstreuten Haftzentren und die Geschichten der dort Inhaftierten zu rekonstruieren“.

Als Kaleck genug Informationen zusammen getragen glaubte, reichte er vier Strafanzeigen bei der Nürnberger Staatsanwaltschaft ein. Das ist möglich, wenn es sich bei den Opfern um Deutsche handelt. Problematisch jedoch: den von ihm vertretenen jüdischen Familien war – als „Auslandsjuden“ – die deutsche Staatsangehörigkeit 1941 durch die Nazis entzogen worden. Damit hatte auch die Bundesrepublik nach dem Krieg Schwierigkeiten, diese Menschen wieder automatisch einzubürgern. Später konnten sie zwar – auf Antrag – die deutsche Staatsangehörigkeit wieder erlangen, wovon auch viele Gebrauch machten, die Kinder blieben jedoch, weil sie dort geboren waren, argentinische Staatsbürger.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Nürnberg ankündigte, die von Kaleck angestrengten Verfahren einzustellen, hatte er die undankbare Aufgabe, dies der Mandantschaft so diplomatisch und schonend wie möglich zu vermitteln.

Ellen Marx nahm es „sportlich“, Kaleck möge einfach weitermachen, „Niederlagen seien sie seit über zwanzig Jahren gewohnt“.

Kaleck machte weiter und brachte „Bewegung in die Sache“.

Sehr ausführlich und die rechtlichen Möglich- oder Unmöglichkeiten aufzeigend, schildert Wolfgang Kaleck spannend seine Aktivitäten gegen Menschenrechtsverletzungen, Folter und Mord.

Auch seinen Besuch bei Edward Snowden, dessen deutscher Anwalt er nun ist.

Wolfgang Kaleck: Mit Recht gegen die Macht, Unser weltweiter Kampf für die Menschrechte, Hanser-Verlag Berlin, 2015, 224 Seiten, Fester Einband, 19,90 Euro, ISBN 978-3-446-24944-8, ePUB-Format ISBN 978-3-446-25022-2

Eine Antwort

  1. Es bleibt nur zu hoffen, dass Wolfgang Kaleck trotz eheblicher Niederlagen in seinem Kampf um Recht gegen die Macht nicht aufgibt und den Kampf weiterführt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*