„Mitternachtsschlossern“ an die Substanz.

Wohnungseinbruchsdiebstahl wird auf Druck der Union künftig als Verbrechen bestraft.

Neue Ermittlungsbefugnisse sollen Aufklärung erleichtern.

Der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD hat sich darüber geeinigt, dass der Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nun mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bestraft werden soll. Damit werde die Tat zu einem Verbrechen. Der minder schwere Fall werde abgeschafft. Bei den Ermittlungsmaßnahmen werde insbesondere auch die Speicherung von Telekommunikationsdaten ermöglicht.

Hierzu erklärten heute der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stephan Harbarth und die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker:

Stephan Harbarth: „Das Ergebnis des Koalitionsausschusses zeigt, dass die Union die Sorgen der Menschen ernst nimmt. Denn alle drei Minuten ereignet sich ein Einbruch in Deutschland. Wohnungseinbrüche  führen nicht nur zu materiellen Schäden, sondern traumatisieren die Opfer zutiefst. Sie fühlen sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. Sie haben Angst. Indem wir den Einbruch in eine Privatwohnung künftig mit einem Jahr Mindeststrafe ahnden, setzen wir ein klares Zeichen für mehr Sicherheit und Schutz des Eigentums. Künftig muss Anklage erhoben werden und eine Einstellung wegen Geringfügigkeit kommt nicht mehr in Betracht.“

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Höhere Strafen alleine reichen nicht. Daher haben wir es geschafft, den Koalitionspartner zu überzeugen, dass unsere Polizei auch mehr Ermittlungsbefugnisse braucht. Künftig ist es auch beim Wohnungseinbruchsdiebstahl möglich, auf die Telekommunikationsdaten zuzugreifen. Bislang gilt dies nur beim schweren bandenmäßigen Wohnungseinbruchsdiebstahl. Häufig ist aber zu Beginn der Ermittlungen nicht bekannt, ob es sich um einen einfachen oder einen bandenmäßigen Wohnungseinbruchsdiebstahl handelt. Nur, wenn wir die Einbrecherbanden auch fassen, können wir die Täter zur Rechenschaft ziehen und künftige Taten verhindern. Die Menschen müssen sich wieder sicher fühlen können, das ist unser Ziel und dafür sind wir einen guten Schritt vorangekommen.“

Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt die Einigung der Koalitionsparteien auf härtere Strafen bei Wohnungseinbruch.

Malchow: Klares Signal an Einbrecher.

Berlin.  Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte heute die Absicht der Koalitionsparteien, Wohnungseinbruchdiebstähle härter zu bestrafen. Für die Opfer solcher Delikte stelle das gewaltsame Eindringen in ihre Privatsphäre häufig eine gravierende seelische Belastung dar. Die beabsichtige Erhöhung der Mindeststrafe für ein solches Delikt auf ein Jahr Gefängnis werde der Ausnahmesituation der Opfer gerecht, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow am Donnerstag in Berlin. Zudem, so Malchow weiter, sende der Rechtsstaat ein deutliches Signal an die Täter von Wohnungseinbrüchen.

Die beabsichtige Gesetzesänderung erweitere zudem das Instrumentarium der Polizei und verbessere damit die Möglichkeit, den Tätern schneller habhaft zu werden, so die GdP. Der demnächst als schwere Straftat kategorisierte Wohnungseinbruchdiebstahl erlaubt der Polizei nun auch nach Zustimmung eines Richters die Telekommunikation von Verdächtigen auszuwerten. „Ermittlungen bei Wohnungsaufbrüchen sind meist zeit- und personalaufwändig, die Erweiterung des Aufklärungsinstrumentariums wird unseren Kolleginnen und Kollegen dabei helfen, wirksamer gegen Einbrecher vorzugehen“, sagte der GdP-Chef.

Angaben der GdP zufolge habe die Zahl der vollendeten und versuchten Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr abgenommen. Eine Analyse der bisher von den Ländern veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistiken für das Jahr 2016 ergebe einen Rückgang dieses Delikts in zwölf von dreizehn Ländern, erläuterte der GdP-Bundesvorsitzende. Drei Länder haben ihre Kriminalitätszahlen noch nicht veröffentlicht. Malchow: „Zu dieser positiven Entwicklung beigetragen haben neben verstärkten präventiven Maßnahmen auch die Ausweitung von Schwerpunktkontrollen sowie die Bildung spezialisierter Ermittlungsstellen.“

Der GdP-Chef sieht unterdessen keinen Grund zur Entwarnung. Der Straftatenrückgang sei eine Momentaufnahme, seriöse Aussagen über Trends erforderten einen Betrachtungszeitraum von mehreren Jahren.

„Die Polizei muss auch weiterhin, viel Zeit und viel Personal investieren, um den Wohnungseinbruchdiebstahl wirksamer bekämpfen zu können“, sagte Malchow. Dieses dort notwendige Personal fehle aber womöglich an anderer Stelle. Erst 2021, so hatte die GdP vor rund zwei Wochen gemeldet, werde es etwa 12.000 mehr Polizisten geben. Diese verteilten sich mit über 7.000 neuen Kolleginnen und Kollegen auf die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt. 5.000 neue Polizistinnen und Polizisten würden in den Ländern ihren Dienst antreten. Nur in fünf Ländern, so die GdP, könne man von einem deutlichen Personalaufwuchs reden. Malchow: „Trotz einer insgesamt positiven Entwicklung heißt das, dass die Länder zu wenig gegen die sogenannte Alltagskriminalität tun.“

Die auf der Grafik zur Entwicklung bei Wohnungseinbruchsdiebstählen angegebenen Vergleichswerte am rechten Rand der Tabelle beziehen sich auf die Jahre 2016 und 2015.

Taschenspielertrick, eine besorgte Bevölkerung zu beindrucken.

Hannes Honecker, Stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung Berliner Strafverteidiger zur Einigung des Koalitionsausschusses zur Gesetzesverschärfungsabsicht:

„Die Einigung des Koalitionsausschusses zur Verschärfung des Strafrahmens zum Wohnungseinbruch ist erneut symbolisches Strafrecht, das Scheinlösungen zu Scheinproblemen liefert. Der Gesetzgeber reagiert auf ein Gefühl einer allgemeinen Unsicherheit, das es nicht gibt. Die Länderzahlen der polizeilichen Kriminalstatistik weisen seit Jahren rückläufige Zahlen aus. Zudem gibt es keinen Nachweis dafür, dass hohe Strafen oder deren Erhöhung die Begehung von Straftaten verhindern. Morde etwa geschehen, obwohl es höchste Strafen dafür gibt; dass Strafen wirklich abschrecken, ist nicht erwiesen. Die Verschiebung des Strafrahmens stellt vielmehr das billigste Mittel dar, der Bevölkerung einen aktiven und vor allem handlungsfähigen Gesetzgeber vorzugaukeln. Die Abschaffung des minderschweren Falles entzieht der Justiz ein Regulativ und verhindert, Einzelfallgerechtigkeit walten zu lassen. Letztlich muss sich eine erfolgreiche Kriminalpolitik aber daran messen lassen, dass eine auseichende Zahl gut geschulter Polizeibeamter gute Ermittlungsarbeit leisten können und der Justiz nicht die Möglichkeit genommen wird, Einzelfallgerechtigkeit herbeizuführen. Die bloße Erhöhung der Strafe ist kein klares Signal an Einbrecher, sondern ein Taschenspielertrick, eine besorgte Bevölkerung zu beeindrucken. Symbolisches Strafrecht bewirkt nichts Gutes, sondern tut nur so.“

Oberflächliche Befriedigung

Der Jurist und Kriminologe Dr. Thomas Galli, Rechtsanwalt und Ex-Anstaltsleiter der JVA Zeithain/Sachsen, erklärte:

„Statt Strafverschärfungen zu beschließen, die der oberflächlichen Befriedigung öffentlicher Stimmungen und damit dem eigenen Wahlerfolg dienen, aber tatsächlich keine Straftat verhindern werden, sollten sich die Verantwortlichen Gedanken darüber machen, wie Kriminalität tatsächlich reduziert werden könnte und welche Rolle das Strafrecht dabei spielt und überhaupt spielen kann.“

2 Antworten

  1. Reine Augenwischerei
    Ob Vergehen oder Verbrechen, ob mindestens drei Monate oder mindestens ein Jahr als Strafandrohung im Raume stehen, ist doch völlig schnuppe.
    Als langgedienter Berufseinbrecher i.R., bin 77 und war davon 62 Jahre, mit Unterbrechungen berufsbedingter Haftzeiten, in der Branche tätig, ist den Ausführungen des Herrn Dr. Galli und des Herrn RA Honecker vollinhaltlich zuzustimmen.
    Die §§ 243 ff StGB geben doch bereits alles her und wenn es dann nicht reicht, stehen immer noch die §§ 61 ff StGB im Raum. Jedenfalls für die, die meinen, dass hohe Strafeandrohungen abschreckend wirken. Dass die Strafandrohung „Lebenslänglich“ noch nie vom Mord abgehalten hat, wird dabei tunlichst verschwiegen.
    Integration in die Gesellschaft, ein menschenwürdiges Auskommen mit dem Einkommen, das wären die Dinge gewesen, die mich vom Rückfall abgehalten hätten. Nicht aber, dass man am Ende der Haftzeit mit einem blauen Sack, früher war es der Margarine-Karton, vor das Tor der JVA gestellt wurde.

    • Ganz meiner Ansicht!
      Auch ich, der ich allerdings fünf Jahre jünger bin, als der der Redaktion bekannte Herr und entsprechend weniger „Baustellen“ aufzuweisen habe, wäre, bei einer menschenwürdigen Integration nach der Haftentlassung, nicht wieder auf „Bruch“ gegangen.
      Nimmt man einmal die Zahl 143.695 für registrierte Brüche in 2016 und rechnet die noch fehlenden Angaben aus Meck-Po, Sachsen und Thüringen dazu, kommt man auf rund 160.000 Brüche p.a. Bereinigt man diese um die sog. „Jugendstreiche“ mit rund 20%, verbleiben 128.000 Baustellen für die Berufskollegen mit der Mitternachtselle.
      Da erfahrungsgemäß ein Berufskollge durchschnittlich 200 Baustellen im Jahr abarbeitet, sprechen wir hier von einer Berufsgruppe von ca. 640 Kollegen, die jährlich aktiv sind und denen man an die Substanz will.
      Was für ein Quatsch!
      Allenfalls geht einem das zunehmende Alter an die Substanz.
      Und wenn ich dann lese, dass der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD sich darüber geeinigt hat, dass der Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nun mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bestraft werden soll, na dann macht man eben mehr Amtsstuben, Büros, Geschäftsräume und Ferienhäuser etc.

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