Historischer Schritt für mehr Sicherheit?

Neue Streitkraft „Cyber- und Informationsraum“ eingesetzt.

Am heutigen Mittwoch hat das neue Bundeswehr-Kommando „Cyber- und Informationsraum“ (CIR) offiziell seinen Dienst aufgenommen. Damit sollen die Streitkräfte Heer, Marine und Luftwaffe um eine neu geschaffene Streitkraft in der Bundeswehr ergänzt werden. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz Josef Jung, erklärte dazu:

„In den ersten neun Wochen dieses Jahres hat es nach Angaben des neuen Kommandeurs bereits 284.000 Angriffe auf Rechner der Bundeswehr gegeben. Hiermit zeigt sich: Die Frage der Sicherheit wird künftig nicht nur an realen Grenzen ausgetragen, sondern wird mit digitalen Mitteln in die Mitte unserer Gesellschaft getragen. Die CDU/CSU-geführte Bundesregierung geht mit der Einrichtung des Cyber- und Informationsraumes einen historischen Schritt nach vorn, um die Menschen in Deutschland zu schützen.

Es muss damit gerechnet werden, dass sich digitale Angriffe gegen die öffentliche Infrastruktur richten, z.B. gegen Krankenhäuser oder den öffentlichen Nahverkehr. Medien und soziale Netzwerke werden bereits jetzt von Wellen sogenannter Fake-News überrollt. Deutschland und seine Partner müssen sich gegen derartige Angriffe in der Zukunft wappnen.“

Heute wird das Bundesministerium der Verteidigung den Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum(CIR) und das zugehörige Kommando Cyber- und Informationsraum (KdoCIR) in den Dienst stellen. Die Einheit soll zunächst mit 260 Männern und Frauen starten. Bis 1. Juli wird die Kommandostelle durch die Unterstellung weiterer Dienststellen und Verbände auf 13.500 Dienstposten anwachsen. Bis 2021 soll das Kommando auf 14.500 Posten aufwachsen.

Cyber-Kommando der Bundeswehr agiert in einem nahezu rechtsfreien Raum

„Die Bundeswehr greift mit dem heutigen Tag ganz offiziell in den weltweiten Cyber-Krieg ein. Denn es ist utopisch zu glauben, dass das neue Cyber-Kommando der Bundeswehr rein defensiv arbeiten wird. Schon allein die Fähigkeit, potenzielle Angriffe adäquat abwehren zu können, setzt voraus, dass man in der Lage ist, auch aktiv einen Angriff auf andere Staaten zu starten. Die Rüstungsspirale wird damit auf eine neue Ebene gehoben“, erklärt Alexander S. Neu, Obmann für die Linksfraktion im Verteidigungsausschuss des Bundestages, anlässlich der heutigen Arbeitsaufnahme des neuen Bundeswehrkommandos „Cyber- und Informationsraum“.

Neu weiter:

„Was auf den ersten Blick nach einer rein defensiven und legitimen Maßnahme zum Schutz der Bundeswehrnetze klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick jedoch als viel mehr. Denn auch die Bundeswehr soll über eigene Angriffsprogramme verfügen und die Fähigkeiten aufbauen, andere Staaten mittels Cyberangriffen wie Computerviren etc. zu attackieren. So wurde es schon vor rund zwei Jahren von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unterschrieben. Dies lehnt DIE LINKE ab.

Äußerst besorgniserregend ist das vor allem, weil sich die Bundeswehr dabei in einem nur schwer kontrollierbaren und damit nahezu rechtsfreien Raum bewegt. Zudem ist absolut unklar, wie Cyberangriffe mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz in Einklang zu bringen sind. Da es sich hierbei nicht um herkömmliche militärische Angriffe mit konventionellen Waffen, sondern um virtuelle Attacken auf die gegnerischen Datennetze handelt, ist derzeit nicht klar, wie die parlamentarische Kontrolle durch den Bundestag umgesetzt werden kann und soll. Eine Aushöhlung des Parlamentsbeteiligungsgesetztes ist damit zu befürchten.

DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, schnellstmöglich ein Konzept vorzulegen, aus welchem hervorgeht, wie sie das Parlament zukünftig bei der Durchführung oder Beteiligung Deutschlands an Cyberkrieg-Einsätzen rechtzeitig und umfassend einbinden will. Jeder Auslandseinsatz der Bundeswehr – auch im Cyberraum – muss vom Parlament mandatiert werden. Eine schleichende Entmachtung des Parlaments ist mit uns nicht zu machen.“

Parlamentsvorbehalt gilt auch für den Cyberraum

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßte die Aufstellung eines neuen Kommandos Cyber- und Informationsraum als richtigen Schritt zur Abwehr von Cyberangriffen. Gleichzeitig müsse klar sein, dass auch diese Einsätze der Bundeswehr unter einem strikten Parlamentsvorbehalt stehen, erklärte Lars Klingbeil, zuständiger Berichterstatter der Arbeitsgruppen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Digitale Agenda der SPD-Bundestagsfraktion.

Klingbeil im Einzelnen:

„Die Bundesverteidigungsministerin unternimmt mit der Aufstellung eines neuen Kommandos Cyber- und Informationsraum einen ersten richtigen Schritt, um die Bundeswehr besser auszustatten und innovativ gegen Bedrohungen aus dem Cyber- und Informationsraum aufzustellen. Dies ist auch dringend geboten, denn bereits heute sind die Systeme der Bundeswehr täglich einer Vielzahl von Cyberangriffen ausgesetzt.

Die Bundesverteidigungsministerin ist zugleich aufgefordert, schnell eine Strategie zu entwickeln und vorzulegen, wie sie die dringend benötigten hochqualifizierten IT-Fachkräfte gewinnen und eine Laufbahn in der Bundeswehr attraktiv machen will. Schon heute zeichnet sich ab, dass es immer schwieriger wird, hoch spezialisierte IT-Fachkräfte für den öffentlichen Bereich zu gewinnen.

Natürlich stellen sich durch die neuen technologischen Angriffsszenarien auch neue Fragen, etwa, welche offensiven Fähigkeiten gebraucht werden, um Angriffe abzuwehren. Es geht dabei vor allem um die Frage, wo die Selbstverteidigung endet und wo aktive Verteidigung beginnt, wenn die Technik für den Angriff und für das Erkennen eines Angriffs nahezu identisch ist. Deswegen muss in aller Deutlichkeit klargestellt werden, dass das Parlament auch beim Aufbau entsprechender Strukturen beteiligt und über Einsätze im Cyberraum entscheiden muss. Auch das neue Kommando Cyber- und Informationsraum steht unter einem konstitutiven Parlamentsvorbehalt.“

 

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