Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken werde verbessert.

Verbindliche Standards bei strafbaren Inhalten.

Die gegenwärtig erlebbaren Veränderungen des gesellschaftlichen Diskurses im Netz und insbesondere in den sozialen Netzwerken werden häufig mit Begriffen wie Fake News und Hassrede umschrieben. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ein digitales Umfeld zu schaffen, in dem Verleumdung, Verunglimpfung, Beleidigung und gezielte strafbare Falschmeldungen keinen Platz haben. 

Das am Freitag vom Deutschen Bundestag verabschiedete so genannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz schaffe nun die Voraussetzungen, die Rechtsdurchsetzung in den sozialen Netzwerken endlich zu verbessern (Drs. 1812356). Die Koalitionsfraktionen gehen einen ersten Schritt und setzen in Bezug auf strafbare Inhalte verbindliche Standards für ein wirksames und transparentes Beschwerdemanagement bei sozialen Netzwerken.

Im Detail:

Betreiber sozialer Netzwerke werden verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte spätestens nach 24 Stunden, kompliziertere Fälle in der Regel binnen sieben Tagen zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen oder zu sperren. Sie müssen ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über strafbare Inhalte anbieten und darüber künftig öffentlich Bericht erstatten.

Das Recht auf Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut und schützt die offene Diskussion in einer lebendigen Demokratie. Aber: Die Meinungsfreiheit endet da, wo das Strafrecht beginnt. Für strafbare Hetze, Verunglimpfung oder Verleumdung darf in den sozialen Netzwerken genauso wenig Platz sein, wie auf der Straße. Zudem wird häufig übersehen, dass das Gesetz keine neuen Straftatbestände und auch keine neue Löschverpflichtung für soziale Netzwerke schafft, sondern lediglich die bereits heute bestehenden Pflichten konkretisiert. Die Koalitionsfraktionen haben die vielfach geäußerte Kritik sehr ernst genommen und das Gesetz an den entscheidenden Stellen verändert.

So haben die Abgeordneten den Gesetzentwurf für die Etablierung einer regulierten Selbstregulierung zusätzlich zur Vorhaltung eines eigenen Beschwerdemanagements geöffnet, um eine staatsferne Entscheidungspraxis hinsichtlich der möglichen Rechtswidrigkeit von Inhalten zu schaffen, ohne dass sich die Anbieter der sozialen Netzwerke den Vorgaben des Gesetzes entziehen können.

Privatisierung der Rechtsdurchsetzung ist ausgeschlossen

SPD- und Unionsfraktion stellen in der Gesetzesvorlage noch einmal deutlicher klar, dass Bußgelder nur verhängt werden können, wenn soziale Netzwerke kein taugliches Verfahren zur Löschung von rechtswidrigen Inhalten vor-halten, nicht aber bei der Nichtlöschung einzelner strafbarer Inhalte. Die starre Sieben-Tage-Frist wurde gelockert und der Anwendungsbereich konkretisiert. Überprüft werden müssen neben dem objektiven Straftatbestand auch mögliche Rechtfertigungsgründe, so dass – gerade wenn es um Meinungsäußerungen geht – auch der Kontext in die Überprüfung einbezogen werden muss.

Das sind wichtige Maßnahmen zum Schutz vor Overblocking. Die befürchtete Privatisierung der Rechtsdurchsetzung ist damit ausgeschlossen. Vorgesehen ist im Rahmen der regulierten Selbstregulierung auch die Möglichkeit der Überprüfung von Entscheidungen der sozialen Netzwerke bei möglicherweise fälschlicher Löschung.

Die Anbieter werden zudem verpflichtet, einen inländischen Zustellbevollmächtigten nicht nur zu benennen, sondern auch zu veröffentlichen, und es gelten konkrete Fristen für die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden. Der Anspruch auf Auskunft über Bestandsdaten wird auf schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzungen beschränkt und mit einem Richtervorbehalt versehen.

Notwendig ist über dieses Gesetz hinaus auch ein stärkeres zivilgesellschaftliches Engagement. Auch Politik und Gesellschaft müssen immer wieder deutlich machen, dass wir nicht bereit sind, Hassreden und rechtsverletzende Äußerungen zu akzeptieren – online wie offline. Wenn in Diskussionen die Würde von Menschen angegriffen oder diese diffamiert werden, muss entschieden widersprochen werden.

Quelle: SPD-Fraktion im Bundestag

Die Rechtsordnung gelte auch für große Internetplattformen.
Netzwerkdurchsetzungsgesetz wurde mit umfangreichen Änderungen verabschiedet.

Der Bundestag hat am heutigen Freitagvormittag nach 2. und 3. Lesung den Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes verabschiedet, mit dem Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook zu einem konsequenteren Umgang mit strafbaren Inhalten und entsprechenden Nutzerbeschwerden verpflichtet werden. Dazu erklärte zuvor die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker:

„Wir bringen heute ein wichtiges Gesetzgebungsprojekt nach einem anspruchsvollen parlamentarischen Verfahren zu einem guten Abschluss. Die Überschrift über diesem Vorhaben lautet: Die Rechtsordnung gilt auch im Internet! Der Rechtsstaat sendet ein klares Signal: Es gibt einen Geltungsanspruch unserer Rechtsordnung auch gegenüber global agierenden Internetunternehmen wie Facebook oder Twitter. Viele Netzwerkbetreiber haben sich bisher trotz zahlreicher Beschwerden zu wenig darum geschert, ob auf ihren Internetseiten rechtswidrige Inhalte verbreitet werden.

Wir haben den Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas vom Kopf auf die Füße gestellt. Sein ursprünglicher Gesetzentwurf ist zum Teil heftig kritisiert worden. Diese Kritik hat einen berechtigten Kern, weil Minister Maas nicht ausreichend beachtet hat, dass die Betreiber zur Vermeidung von Bußgeldern auch rechtmäßige Inhalte löschen könnten und damit auch die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit tangiert wäre. Der freie Austausch von Meinungen ist ein Kernelement und Grundlage der Demokratie. Rede und Gegenrede und auch zugespitzte Äußerungen sind elementare Bestandteile einer kontroversen und demokratischen Debatte.

Der Gesetzentwurf von Minister Maas ist im Bundestag in nicht weniger als 30 Punkten geändert worden. Damit haben wir auch einer Reihe von verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken Rechnung getragen. Vor allem haben wir erreicht, dass es für die Betreiber keine Anreize mehr gibt, auch rechtmäßige Inhalte zu löschen. Denn es gibt keine Pflicht zur Löschung von Inhalten innerhalb von sieben Tagen, wenn der Sachverhalt zunächst näher ermittelt werden muss oder die Beurteilung der Rechtswidrigkeit an eine unabhängige Einrichtung der regulierten Selbstregulierung übertragen wird. Mit der Regulierten Selbstregulierung haben wir ein Instrumentarium aufgenommen, das sich im Bereich des Jugendmedienschutzes bewährt hat.

Wichtig ist auch, dass die Plattformbetreiber den Strafverfolgungsbehörden künftig innerhalb von 48 Stunden Auskunft geben müssen. Es wird nicht mehr angehen, sich im Silicon Valley zu verstecken, wenn eine deutsche Staatsanwaltschaft zum Beispiel wegen Volksverhetzung ermittelt.

Schließlich können auch Betroffene Auskunft von Internetplattformen bekommen, wenn gegen sie in strafbarer Weise gehetzt wurde. Wo der weite Rahmen der Meinungsfreiheit in rechtswidriger Weise überschritten wird, muss ein praktikabler Weg eröffnet sein, um die notwendigen Informationen über den Verfasser zu erhalten und ihn zur Verantwortung zu ziehen. Anonymität im Netz hat ihre Grenzen, wenn man sich strafbar macht. Denn die Rechtsordnung muss sicherstellen, dass die Bürger ihre Rechte gegen andere vor Gericht auch tatsächlich durchsetzen können. Wir werden die Entwicklung in der Praxis sorgfältig beobachten und gegebenenfalls in der nächsten Legislaturperiode nachbessern, falls sich die Hürden für die Betroffenen noch immer als zu hoch erweisen sollten.“

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