Kaufhaus in Neuköllner Einkaufspassage darf keinen Räumungsverkauf durchführen.

Das Landgericht Berlin hat in einem Eilverfahren durch ein heute veröffentlichtes Urteil vom 16. August 2017 eine Gesellschaft, die ein Kaufhaus betreibt, verpflichtet, als Mieterin in einem Neuköllner Einkaufszentrum ihre Einkaufsflächen offen zu halten und das Ladengeschäft zu betreiben. Zugleich hat das Landgericht der Mieterin untersagt, einen Räumungsverkauf in Gestalt eines totalen Ausverkaufs durchzuführen bzw. zu bewerben.

Die Vermieterin der Einkaufspassage (Gropius Passagen in Neukölln) hatte das Eilverfahren eingeleitet, weil zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob noch ein wirksamer Mietvertrag vorliegt oder nicht. Die Mieterin ist der Auffassung, dass das Mietverhältnis beendet sei, und führt seit Anfang Juli 2017 einen Räumungsverkauf auf der Mietfläche durch mit dem Hinweis „Wir schließen“.

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Das Kaufhaus war seit dem Frühjahr 2000 aufgrund eines damals geschlossenen Mietvertrages in dem Einkaufszentrum ansässig; die Mietfläche betrug ca. 13.600 m². Ein Ende der Mietzeit war zum 1. Mai 2017 vorgesehen. In einem Nachtrag vereinbarten die Parteien, dass die Vermieterin das Objekt umfangreich umbaut und auch einen neuen Zuschnitt der Flächen veranlasst. Die Arbeiten sollten Anfang 2016 beginnen und maximal zwölf Monate dauern. Danach sollte sich die Mietfläche nur noch auf ca. 7.500 m² belaufen; die restliche Fläche sollte an ein Bekleidungsgeschäft vermietet werden. Zugleich schlossen die Parteien einen neuen Mietvertrag mit einer Festlaufzeit von zehn Jahren, der nach Abschluss des Umbaus in Kraft treten sollte.

Der Vermieterin gelang es erst im April 2016, die Teilfläche an das Bekleidungsfachgeschäft zu vermieten; zu diesem Zeitpunkt hatte sie mit dem Umbau noch nicht begonnen. Sie entwarf daraufhin einen neuen Nachtrag, wonach der Umbau erst zum 1. Januar 2017 beginnen und ca. 14,5 Monate dauern sollte. Mit diesem Nachtrag war die Mieterin nicht einverstanden und setzte eine Frist, die Umbauarbeiten abzuschließen, bis spätestens 30. Juni 2017. Im Mai 2017 fand eine Baubesprechung statt, an der auch Bevollmächtigte der Mieterin teilnahmen. Im Juli und August 2017 kündigte die Mieterin mehrfach fristlos und rügte verschiedene Beeinträchtigungen durch die Umbauarbeiten.

Das Landgericht hat zunächst im schriftlichen Verfahren auf Antrag der Vermieterin eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach die Mieterin verpflichtet worden ist, ihr Ladengeschäft weiter zu betreiben und einen Räumungsverkauf zu unterlassen.  Auf den Widerspruch der Mieterin hin hat das Landgericht nunmehr durch Urteil erneut zu Gunsten der Vermieterin entschieden und die einstweilige Verfügung bestätigt.

Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass der Mietvertrag zumindest durch stillschweigendes Verhalten fortbestehe, da die Parteien nach dem 1. Mai 2017 das Mietverhältnis einvernehmlich fortgesetzt hätten. Indem sich die Bauarbeiten verzögert hätten, habe sich eine Lücke ergeben, da der ursprüngliche Mietvertrag zwischenzeitlich ausgelaufen sei. Die Parteien hätten es wohl übersehen, dafür eine Regelung zu finden, obwohl sie im Mai 2017 ein Interesse daran gehabt hätten, das Mietverhältnis fortzusetzen: Die Vermieterin habe ihre Umbaukosten durch auch zukünftige Mieteinnahmen von der Mieterin amortisieren wollen. Die Mieterin habe ihren Verkauf ungestört fortsetzen und die von ihr bis 30. Juni 2017 gesetzte Frist abwarten wollen. Dementsprechend habe sich die Mieterin noch am 10. Mai 2017 an einer Baubesprechung beteiligt und Wünsche geäußert, wie die Arbeiten durchzuführen seien. Wenn sie von einem Ende des Mietvertrages zum 1. Mai 2017 ausgegangen wäre, wäre von ihr zu erwarten gewesen, die Vermieterin darauf hinzuweisen, um zu verhindern, dass diese weitere Investitionen tätige.

Es könne davon ausgegangen werden, dass die Mieterin nach diesem Zeitpunkt die Mietfläche auf der Grundlage eines verbindlichen – wenn auch nur stillschweigend fortgesetzten – Mietvertrages weiter nutzen wollte. Daher komme eine ordentliche Kündigung frühestens zum 31. Dezember 2017 in Betracht. Gründe für die fristlosen Kündigungen von Juli und August 2017 hätten nicht vorgelegen. Denn ein Mieter müsse übliche Störungen, die mit einem Umbau verbunden sind, hinnehmen. Die von der Mieterin geltend gemachten Störungen hätten nicht eine solche Intensität erreicht, dass das übliche Maß überschritten worden wäre und der Mieterin nicht mehr hätte zugemutet werden können, die Räume weiter zu nutzen.

Die Entscheidungsgründe des Landgerichts Berlin zum Aktenzeichen 104 O 60/17 liegen vor und sind unter https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2017/ verfügbar. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dagegen ist Berufung beim Kammergericht zulässig, die binnen eines Monats ab Zustellung des Urteils eingelegt werden müsste.

Landgericht Berlin, Urteil vom 16. August 2017, Aktenzeichen 104 O 60/17

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