Heiner Geißler ist tot.

Am 17. Juni hatte die TP Presseagentur noch beabsichtigt, Heiner Geißler zu interviewen. Er sollte an diesem Tag mit Gregor Gysi beim Fest der Linken auf dem Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin ein Gespräch führen. Geißler hatte jedoch wegen des Todes Helmut Kohls, der einen Tag zuvor verstorben war, abgesagt. Nun ist Heiner Geißler heute selbst verstorben.

Heinrichjosef Georg „Heiner“ Geißler (* 3. März 1930 in Oberndorf am Neckar; † 12. September 2017 in Gleisweiler) war ein deutscher Politiker (CDU).

Er war von 1982 bis 1985 Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit und von 1977 bis 1989 Generalsekretär der CDU. Besonders während der Zeit als Generalsekretär fiel Geißler öfter durch polarisierende, teilweise stark abwertende Äußerungen über die politische Linke auf. In den letzten Jahren sorgte seine Wendung zu tendenziell linken Positionen, vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, für beträchtliches Aufsehen, insbesondere als er im Jahr 2007 der globalisierungskritischen Organisation attac beitrat.

Seit 1997 vermittelte Geißler regelmäßig in verschiedenen Tarifkonflikten und war dabei mehrfach als Schlichter tätig. In den Jahren 2010 und 2011 fungierte er als Schlichter im Konflikt um das Bahnhofsbauprojekt Stuttgart 21.

Politiker aller Parteien werden Heiner Geißler heute würdigen.

Außenminister Sigmar Gabriel sagte heute (12.09.) zum Tode Heiner Geißlers:

„Mit Trauer vernehme ich die Nachricht vom Tode Heiner Geißlers. Er war für seine Partei und für viele Bürger unseres Landes eine prägende politische Gestalt der ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik. An der Auseinandersetzung mit seiner pointierten Sicht auf die Linke und die Sozialdemokratie ist die Diskussionskultur Deutschlands gewachsen.

Großer Dank gebührt ihm für seine Tätigkeit als Schlichter in großen Tarifkonflikten, die er als ehrlicher Makler zu tragfähigen, wegweisenden Einigungen führte. Mein Beileid und mein Mitgefühl sind bei seiner Familie.“

Zum Tod von Heiner Geißler erklären die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir:

„Mit Heiner Geißler verlieren wir einen echten Freigeist, der zu seiner politischen Haltung immer auch gegen Widerstände stand. Er war ein kluger Demokrat, der die Politik über Jahrzehnte geprägt hat. Wir Grüne hatten es nicht immer leicht mit ihm, seine scharfe Kritik an der Friedensbewegung ist uns noch in Erinnerung. Doch mit dem Alter wurde Heiner Geißler versöhnlicher. Sein Engagement als Schlichter  – etwa beim Konflikt um Stuttgart 21 – war ein Geschenk für unsere Demokratie. Als Mitglied bei attac kritisierte er den Marktradikalismus und setzte sich für ökologische Belange ein. Mit Heiner Geißler ist ein eigensinniger Politiker von uns gegangen – und ein ganz besonderer Mensch, der uns Grünen mit den Jahren immer näher kam. Wir trauern um Heiner Geißler und sind in Gedanken bei seiner Familie und seinen Freunden.“

Heiner Geißler war eine herausragende Persönlichkeit

Er hat das Land, die CDU und die Bundestagsfraktion geprägt

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ist tot. Dazu erklärt der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder:

„Heiner Geißler hat die Christlich-Demokratische Union und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion über Jahrzehnte geprägt wie nur wenige andere Politiker.

Er war Bundes- und Landesminister, CDU-Generalsekretär und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. In allen Ämtern zeigte Heiner Geißler Weitblick, Scharfsinn und Eloquenz. Er war ein Modernisier und Brückenbauer.

Wir trauern mit seiner Familie und sind in unseren Gedanken bei ihr. Heiner Geißler hat sich auf eine ganz eigene Weise um Deutschland, die CDU und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verdient gemacht. Er war eine herausragende Persönlichkeit. An seine Worte, seine Mahnungen, seine Appelle werden wir uns in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stets erinnern.

Heiner Geißler dachte und handelte eigenständig, eckte an und war offen für die Diskussion über die Parteigrenzen hinweg. Auch nach dem Ausscheiden aus seinen politischen Ämtern blieb er uns in der Partei und in der Bundestagsfraktion ein wichtiger Wegweiser. Er erinnerte uns immer wieder daran, dem „C“ als unserem Wertekompass die gebührende Beachtung zu schenken.

Heiner Geißler hat sich zuletzt intensiv mit Glaubensfragen auseinandergesetzt. In seinen Ämtern hat er gezeigt, wie Glaube und Politik miteinander verbunden werden können, wie der Glaube Richtschnur für die Politik sein kann. Aus der christlichen Botschaft zog er die Schlüsse für die heutige Politik und pochte unter anderem darauf, dass die Idee der sozialen Marktwirtschaft auch in Zeiten der Globalisierung so aktuell wie vor 60 Jahren ist.“

Monika Grütters zum Tod von Heiner Geißler
Zum Tod des langjährigen Generalsekretärs der CDU Deutschlands Heiner Geißler erklärt die Landesvorsitzende der CDU Berlin, Monika Grütters:

„Die Christlich Demokratische Union Deutschlands hat mit Heiner Geißler einen ihrer großen Wegbegleiter verloren.

Als ich in die CDU eintrat, war Heiner Geißler Generalsekretär der CDU Deutschlands. Er war für mich, wie für viele in dieser Zeit zum Ende der sozialliberalen Regierung Anfang der Achtzigerjahre, neben Helmut Kohl das Gesicht der CDU. Heiner Geißler war bis zuletzt ein wortgewaltiges Urgestein – brillant und geistreich, aber oftmals auch zuspitzend und verletzend. Er bleibt als einer der Architekten unseres Sozialstaats in Erinnerung. Nicht nur die CDU Deutschlands wird ihn als einen unermüdlichen Streiter für Demokratie und Gerechtigkeit in ehrendem Angedenken behalten. Wir werden ihn vermissen.“

Zum Tod von Heiner Geißler

Zum Tod von Heiner Geißler erklären die Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht:

„Mit Heiner Geißler verliert die Bundesrepublik einen streitbaren und unabhängigen Politiker. Leitschnur seiner politischen Tätigkeit war nicht die sich wechselnde politische Konjunktur, sondern seine tiefe Verankerung in der christlichen Soziallehre. Er teilte unnachgiebig aus, gerne gegen links, aber auch im Widerspruch gegen die eigene Partei.

Als Generalsekretär der CDU verteidigte er den Nato-Nachrüstungsbeschluss mit Entschlossenheit. Aber er hätte wohl kaum erwartet, dass sein Satz ‚Freiheit ist wichtiger als Frieden!‘ zum Programm militarisierter Außenpolitik werden könnte.

Heiner Geißler war unbequem und richtete sich nicht ein. Zum Schluss wurde er zu einem Kritiker des neoliberalen Staats- und Gesellschaftsumbaus und dokumentierte dies auf Aufsehen erregende Weise durch seinen Beitritt zu Attac und seine Kritik an der Agenda 2010. Schließlich trat er als Schlichter in Erscheinung, um im Konflikt um Stuttgart 21 zu moderieren.

Heiner Geißler wird in Erinnerung bleiben als ein Politiker, der konsequent und klug, gerne auch polemisch, seine Überzeugungen entschieden auch gegen Widerstände vertrat. Er wird diesem Land fehlen.“

Heiner Geißler war Impulsgeber mit konservativer Werteorientierung und Fortschrittsgeist

CDU/CSU-Bundestagsfraktion trauert um Heiner Geißler

Mit Heiner Geißler ist heute eine prägende Politiker-Persönlichkeit gestorben. Hierzu erklärt der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Heiner Geißler war über Jahrzehnte hinweg einer der wichtigsten gesellschaftspolitischen Impulsgeber unseres Landes. Wie kaum einem anderen gelang es ihm, eine konservative, zutiefst wertorientierte Haltung mit kreativem Fortschrittsgeist zu verbinden.

Die Einführung des Erziehungsgeldes sowie die damals noch unter dem Begriff „Erziehungsurlaub“ firmierende Elternzeit und die Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung erfolgten in seiner Zeit als Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit. Diese familienpolitischen Leistungen markierten den mitunter steinigen gesellschaftspolitischen Aufbruch in der Union mit dem Übergang vom traditionellen Familienverständnis hin zu einem Familienbild, in dessen Zentrum die Wahlfreiheit der Lebensmodelle steht.

Mit Heiner Geißler untrennbar verbunden ist auch die Diskussion um die Neubestimmung der „Sozialen Frage“, in der er die soziale Bedürftigkeit von Menschen weit über klassische Parameter wie materielle Sicherheit hinausgehend definierte und zugleich die Grenzen traditioneller staatlicher Sozialpolitik herausarbeitete. Bereits in seiner Zeit als Sozialminister in Rheinland-Pfalz war Geißler einer der ersten gewesen, der die Bedeutung von Sozialstationen als Struktur erkannte, die Menschen ein Leben in größtmöglicher Unabhängigkeit belässt, statt sie in Einrichtungen zu versorgen.

Unermüdlich hat er die Einordnung politischen Handelns in ein Wertegerüst eingefordert und verdeutlicht und damit einen Gegenpol gegen Politikkonzepte der Beliebigkeit gebildet. Heiner Geißler und seine prägenden Impulse werden der Arbeitnehmergruppe, deren Mitglied er war, und der gesamten Unionsfamilie sehr fehlen.“

„Ein Christdemokrat im wahrsten Sinne des Wortes“

Jean-Claude Juncker zum Tod von Heiner Geißler:

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte zum Tod des früheren CDU-Generalsekretärs und Bundesfamilienministers Heiner Geißler: „Die Nachricht vom Tod meines Freundes Heiner Geißler hat mich sehr betrübt, denn mit ihm verliere ich einen Freund und Europa einen Vordenker.  Heiner Geißler hat das Denken vieler Menschen geprägt. Er war ein Christdemokrat im wahrsten Sinne des Wortes: Sein Handeln und damit auch sein politisches Wirken war deshalb von den christlichen Werten bestimmt, sei es als Familienminister oder als Sozialpolitiker.“

Soziale Verantwortung war Heiner Geißler eine Herzensangelegenheit. Er war bereit, für seine Haltung zu kämpfen und unbequem zu sein, während er gleichzeitig den gesellschaftlichen Frieden anstrebte“, so Juncker weiter. „Dazu hat er auch als Schlichter viel beigetragen. Seine Worte, mit denen er uns bis zum Schluss gemahnte, Solidarität und Nächstenliebe zum Maßstab unseres Handelns zu machen, bleiben unser Auftrag. Mein aufrichtiges Beileid gilt seiner Familie und seinen Freunden.“

Weitere Informationen:

Wortlaut der Erklärung des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zum Tod des früheren CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler

Martin Schulz zum Tod von Heiner Geißler

Zum Tod von Heiner Geißler erklärt der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz:

„Mit Heiner Geißler verliert Deutschland eine einzigartige politische Persönlichkeit, einen streitbaren Geist und klugen Analytiker der Bonner und der Berliner Republik. Er diente unserem Land, der Demokratie und seiner Partei, der CDU, in vielen wichtigen Funktionen und Ämtern. Mit seinem langjährigen öffentlichen Wirken hat er die bundesrepublikanische Demokratie mitgeprägt. Heiner Geißler stand immer in der christlich-sozialen Tradition seiner Partei und sah deswegen die CDU nie nur als konservative, sondern vor allem als christlich-demokratische Partei.

In Erinnerung bleibt seine Zeit als tatkräftiger, streitbarer CDU-Generalsekretär von 1977 bis 1989. Als Minister für Jugend, Familie und Gesundheit von 1982 bis 1985 führte er den Erziehungsurlaub und das Erziehungsgeld ein. Als besonders fortschrittliche Neuerung galt die Reform des Kriegsdienstverweigerungsrechtes mit der Abschaffung der mündlichen Gewissensprüfung.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag 2002 beschäftigte sich Heiner Geißler mit grundlegenden Fragen der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ethische Fundamente – so seine Forderung – sollten stets zur Grundlage politischer Entscheidungen gemacht werden. Für ihn war die Soziale Marktwirtschaft die beste Erfindung, die es im Nachkriegsdeutschland gegeben hat. Er setzte sich in Wort und Schrift für eine globale Renaissance einer öko-sozialen Marktwirtschaft, verbunden mit einem Marshall-Plan für eine Neuordnung der Weltwirtschafts- und Finanzpolitik ein. Er warnte vor der Flucht ins Nationale und einer isolationistischen Abschottungskultur und trat als überzeugter Europäer für die Vereinigten Staaten von Europa ein.

Heiner Geißler war freundlich und liebenswürdig im Wesen und unbequem und häufig unkonventionell in seiner politischen Haltung. Wir werden ihm, der viele Jahrzehnte die politische Bühne geprägt hat, ein ehrendes Andenken bewahren.“

Lammert: Heiner Geißlers sozialpolitische Akzente prägen unser Land

Als streitbaren Parlamentarier und leidenschaftlichen Debattenredner hat Bundestagspräsident Norbert Lammert den verstorbenen früheren Bundessozialminister und CDU-Generalsekretär Heiner Geißler gewürdigt. In einem Kondolenzschreiben an die Witwe Geißlers im Namen des Deutschen Bundestages schrieb Lammert, Geißler habe zu den herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Politik gehört. Er habe sich meist früher als andere immer wieder großer gesellschaftspolitischer Zukunftsthemen angenommen und dabei gängige Überzeugungen gehörig gegen den Strich zu bürsten gewusst. Weiter heißt es: „Fest verwurzelt in der katholischen Soziallehre setzte er zunächst in Rheinland-Pfalz, später dann als Bundesminister sozialpolitische Akzente, die unser Land nachhaltig prägen. Wie hoch sein Ansehen als kluger Beobachter mit unbestechlichem Urteil über Parteigrenzen hinweg war, zeigte nicht zuletzt seine Berufung zum Schlichter in Stuttgart“. Er werde Heiner Geißler in guter Erinnerung behalten, schrieb der Bundestagspräsident.

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