„Nur gemeinsam sind wir stark.“

Außenminister Sigmar Gabriel und andere gaben nach der heutigen Rede von Kommissionspräsident Juncker folgende Statements ab:

Gabriel: „Ich freue mich über die engagierte und wegweisende Rede von Jean-Claude Juncker.

Genau das muss die Rolle der Kommission im europäischen Einigungsprozess sein: Immer nach vorne denken, Vorreiter der europäischen Idee sein, und niemals nachlassen bei der Suche nach Ideen und Vorschlägen, wie wir unser gemeinsames Europa voranbringen können, krisenfester machen und als einen Akteur mit globaler Rolle stärken.

Der Moment für Weichenstellungen für eine gute Zukunft Europas ist jetzt da: Es gibt viele gute Vorschläge zur Weiterentwicklung der Europäischen Union. Mit Emmanuel Macron steht ein engagierter Reformer an der Spitze Frankreichs. Wir haben die akuten Krisen Europas bewältigt. Das Feuerwerk an Ideen von Jean-Claude Juncker gibt uns reichlich Stoff für weiterführende Diskussionen und Debatten. Auch in Deutschland brauchen wir eine neue Bundesregierung, die mit Mut und Zuversicht Europa weiterentwickeln möchte.

Jean-Claude Juncker weist den richtigen Weg für die Einheit unseres Kontinents: Mehr Integration und Solidarität, mehr Freiheit und mehr Gerechtigkeit, mehr Demokratie und mehr Rechtsstaatlichkeit. Wir dürfen eine Teilung der Europäischen Union in Ost und West, Nord und Süd, in Arm und Reich auf keinen Fall zulassen. Allen geht es mit der Europäischen Union besser. Nur gemeinsam sind wir stark, können wir uns mit unseren Werte und Interessen in der Welt behaupten.

Europa ist eine Schicksals- und Wertegemeinschaft.

Nur wenn es wieder gelingt, den Zusammenhalt nach innen zu stärken, wird die EU nach außen ein starker Akteur und eine hörbare Stimme in der Welt werden. Das ist eine Aufgabe für uns alle, auch für uns. Auch wir müssen uns mit Kompromissbereitschaft und Sinn für das europäische Ganze einbringen und bereit sein, noch mehr in das gemeinsame Projekt Europa zu investieren.“

Ungarn muss das Urteil des Europäischen Gerichtshofs umsetzen

Zu EU-Kommissionspräsident Junckers Vorschlägen zu Asyl und Migration erklärt Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Kommissionspräsident Juncker hat recht: Legale Fluchtwege, Resettlementprogramme und legale Einwanderung nach Europa, Unterstützung der Länder an den europäischen Außengrenzen, wie Italien, und die Verbesserung der Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern außerhalb der EU, sind notwendige Schritte.

Ankündigung und inhaltliche Forderungen von Juncker stehen aber in einem Widerspruch. Der von Juncker gelobte Türkeideal hat Deutschland und Europa erpressbar gemacht. Weitere Kooperationen mit Autokraten wie in Libyen und Niger gehen auf Kosten der Schutzbedürftigen. Auch die Pläne der EU-Innenminister zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, passen nicht zu Junckers Vision: Derzeit stehen ganz konkret die Nichtannahme von Asylanträgen und eine Absenkung der Aufnahmestandards auf der Agenda der europäischen Gesetzgebung. Wenn Juncker keine Festung Europa will, braucht es neben einem großzügigen Resettlement weiterhin die Möglichkeit für Flüchtlinge einen Asylantrag in Europa zu stellen, sonst wird aus dem Grundrecht auf Asyl eine leere Floskel, weil niemand es mehr beanspruchen kann. Gleichzeitig müssen die EU-Innenminister endlich einsehen, dass eine EU-Flüchtlingspolitik nur funktionieren kann, wenn sie solidarisch ist. Einzelne Länder, wie Italien und Griechenland, mit der Verantwortung allein zu lassen, ist falsch. Richtig wäre eine faire Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU. Ungarn muss das Urteil des Europäischen Gerichtshofs umsetzen.“

Junckers „Weiter so“-Rede ist Realitätsverweigerung

Zur „Rede zur Lage der Union“ von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärt Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag:

„Junckers ‚Weiter so‘-Rede ist pure Realitätsverweigerung. Solange die enormen wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichte zwischen den EU-Mitgliedern bestehen, ist es eine schlechte Idee, die Eurozone zu vergrößern. Insbesondere die gigantischen deutschen Exportüberschüsse machen ein ausgewogenes Funktionieren der gemeinsamen Währung unmöglich. In jedem Fall muss das demokratische Recht der Länder unangetastet bleiben, selbst über einen Euro-Beitritt zu entscheiden.

Anstatt ein System mit strukturellen Fehlern auszuweiten, muss man diese Fehler beheben – beispielsweise durch öffentliche Investitionen, eine Stärkung vor allem der deutschen Binnenwirtschaft u.a. durch höhere Löhne sowie Abbau des Niedriglohnsektors und eine Koordinierung der Steuerpolitik. Andernfalls werden sich Krisen wie in Griechenland wiederholen. Ein Europäischer Währungsfonds wird genauso wie ein EU-Finanzminister Teil des Problems sein und nicht Teil der Lösung, wenn sie im Troika-Stil neoliberale Strukturreformen erpressen.

Auch in anderen Fragen scheint Juncker in einer Blase zu leben. Den Zusammenhalt der verbleibenden EU-Mitglieder über eine verstärkte Militarisierung zu erreichen und dann als ‚Friedensprojekt‘ zu verkaufen, ist absurd. Junckers Lobhudelei für die Abschottung der EU gegen Flüchtlinge ist einfach nur zynisch.“

Für ein Europa der klaren Regeln – Juncker ist auf richtigem Kurs

Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Vorschläge des Präsidenten der EU-Kommission, Jean-Claude Junckers, vor dem Europäischen Parlament. Wir brauchen ein Europa des Miteinanders und der klaren Regeln und keinen Rückfall in die Nationalstaatlichkeit, sagt Carsten Schneider, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion:

Schneider weiter:

„Jean-Claude Junckers Rede kommt zur richtigen Zeit: Wir brauchen ein Ziel für Europa und klare Regeln für die Zukunft. Die SPD-Bundestagsfraktion steht für ein starkes, gemeinsames Europa mit klaren Regeln, an die sich alle halten, für Frieden, Freiheit und Wohlstand für alle, die in Europa leben.

Dazu müssen erst einmal die Hausaufgaben erledigt werden – in der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Das gilt zuvorderst für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes und die, die es noch werden wollen. Es gibt klare Regeln und Bedingungen, die ein EU-Mitgliedstaat erfüllen muss, um der Euro-Zone beitreten zu können. Sie sind zu Recht streng und sollen das auch bleiben. Staaten, die sie noch nicht erfüllen, sollten währungspolitische Instrumente weiter nutzen können, die sie beim Euro nicht mehr hätten.

Wir brauchen mindestens in der Euro-Zone, besser noch in der gesamten EU, bei der Steuerpolitik künftig Mehrheitsentscheidungen, um Steuerbetrug, Steuervermeidung und Steuerdumping zu bekämpfen. Hier hat Jean-Claude Juncker die SPD an seiner Seite. Sonderregelungen und Steuervergünstigungen wie in Luxemburg, Malta, Holland und Irland schaden allen EU-Staaten, weil sich Großkonzerne von ihrer Verantwortung drücken können. Dabei sind alle Staaten auf gute Einnahmen angewiesen, um in Wirtschaft, Bildung, Infrastruktur investieren zu können. Initiativen der Kommission z.B. zur Körperschaftsteuer oder Finanztransaktionssteuer werden schon viel zu lange blockiert. Der Austritt Großbritanniens ist die Chance, endlich voranzukommen.

Die SPD-Fraktion steht für ein Europa der klaren Regeln, an die sich alle zu halten haben. Das betrifft die gerechte und solidarische Verteilung von Flüchtlingen, rechtstaatliche Grundsätze bei der polnischen Justiz und – selbstverständlich – die Anerkennung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, zu der sich alle vertraglich verpflichtet haben.“

Neue Dynamik für das Europäische Projekt

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Rede von Kommissionspräsident Juncker zur Lage der Europäischen Union (EU). Sie unterstützt seine Vorschläge. „Viele von ihnen finden sich bereits schon in unserem Wahlprogramm“, erklären Axel Schäfer, stellvertretender Vorsitzender und Norbert Spinrath, europapolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Schäfer und Spinrath weiter:

„In seiner heutigen Rede schlägt Präsident Juncker einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Weiterentwicklung der EU vor. Er erzeugt damit eine neue Dynamik, die auch von den Mitgliedstaaten aufgenommen werden muss. Die Zeit des Stillstands ist endlich vorbei, in der die EU durch die Krisenbewältigung vollständig in Anspruch genommen wurde.

Juncker schnürt ein kluges Paket. In jedem Politikbereich macht er Angebote, die einen ausgewogenen Kompromiss ermöglichen. Konkrete Maßnahmen wie sozialen Schutz für entsandte Arbeitnehmer, Wachstumschancen durch neue Handelsverträge oder Gleichbehandlung von Konsumenten in Mittel- und Osteuropa. Institutionelle Reformen wie EU-weite Wahllisten, die Zusammenlegung der Ämter von Kommissions- und ER-Präsidenten oder einen EU-Finanzminister, der unterstützt und nicht bestraft.

Jean-Claude Juncker lehnt zurecht ein Europa der mehreren Geschwindigkeiten ab. Ausnahmen mögen in der Vergangenheit notwendig gewesen sein. Damit können wir uns aber nicht auf Dauer abfinden, sonst zerfasert der Zusammenhalt. Zugleich macht er deutlich, dass die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der Werte unabdingbar sind. Wir befürworten seine Vorschläge, die Eurozone auszuweiten und die noch nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten zu unterstützten. Er weist damit auch Ideen zurück, man müsse Euro-Staaten ausschließen können, wie sie in der Vergangenheit Finanzminister Schäuble hatte und wie sie aktuell von der FDP propagiert werden.“

Europas Zukunft mit Augenmaß gestalten

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schlägt neues Szenario für EU-Reformen vor

Am heutigen Mittwoch hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Europäischen Parlament in Straßburg mit seiner Rede zur Lage der Union dargelegt, wie er sich die Zukunft der EU vorstellt. Dazu erklärt der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Stübgen:

„Juncker möchte eine stärkere, mehr geeinte und demokratischere Union aufbauen. Sein Verzicht auf die Ankündigung von Vertragsänderungen ist von Augenmaß und Realismus geprägt. Überzogenem sozialdemokratischen Pathos von einer ‚Neugründung‘ Europas schließt er sich zum Glück nicht an.

Über seine Vorstellungen wird nach der Bundestagswahl allerdings im Einzelnen noch zu reden sein. Seine Vorschläge, den Vorsitz im Europäischen Rat dem Kommissionspräsidenten und den Vorsitz in der Euro-Gruppe dem zuständigen EU-Kommissar zu übertragen, würden massiv in das institutionelle Gleichgewicht der EU eingreifen. Zu begrüßen ist hingegen die angekündigte Einsetzung einer Task Force Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Damit kann die Mitwirkung nationaler Parlamente an europäischen Entscheidungsprozessen verbessert werden.

Den Zusammenhalt in Europa will er stärken, in dem bestehende EU-Instrumente wie der Euro und Schengen auf die gesamte EU ausgedehnt werden. Konsequent ist in diesem Zusammenhang seine Absage an einen separaten Euro-Haushalt. Der Beitritt aller übrigen EU-Länder zum Euro und zu Schengen geht aber nur dann, wenn diese Länder sämtliche Konvergenz- bzw. Beitrittskriterien voll umfänglich erfüllen.

Nach der Bundestagswahl wird sich Deutschland weiterhin intensiv an den Reformarbeiten für ein starkes, selbstbewusstes und dynamisches Europa beteiligen. Gemeinsam mit Frankreich sollte die Euro-Zone schrittweise weiterentwickelt werden, zum Beispiel mit der Schaffung eines eigenen Währungsfonds. Dafür stehen CDU und CSU unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.“

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