Rot-Rot-Grün brauche einen Tegel-Schlichter.

Am 24. September waren nicht nur Bundestagswahlen, in Berlin wurde parallel auch über die Schließung bzw. den Weiterbetrieb des ohrenbetäubenden Flughafens Tegel in einem Volksentscheid abgestimmt. Obwohl die Schließung längst beschlossene Sache war und auch gerichtlich bestätigt wurde, wollte es die derzeitige Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus wieder wissen.

Vorab: Die Opposition siegte. Das ist zwischenzeitlich bekannt. Einige Berliner sagten gegenüber der TP Presseagentur: „Hier wurde zumindest psychologisch getrickst.“

Weil gegenüber der TP Presseagentur von diversen Seiten inklusive Wahlhelfern auch kritisiert wurde, der Abstimmungszettel sei irreführend gewesen, wollte es die TP Presseagentur, wie ein Volksentscheid zu gestalten ist, von der Landeswahlleiterin genau wissen. Diese antwortete:

„Nach § 11 des Abstimmungsgesetzes (AbstG) können Volksbegehren darauf gerichtet sein, sonstige Beschlüsse (des Abgeordnetenhauses) zu fassen.

‚Das Volksbegehren über den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel „Otto-Lilienthal“ (TXL) hatte einen sonstigen Beschluss zum Gegenstand. Der Beschlussentwurf lautete:

‚Der Flughafen Berlin-Tegel „Otto-Lilienthal“ ergänzt und entlastet den geplanten Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER). Der Berliner Senat wird aufgefordert, sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um den unbefristeten Fortbetrieb des Flughafens Tegel als Verkehrsflughafen zu sichern!‘

Die Abstimmungsfrage ist nach § 34 Abs. 2 so zu stellen, dass Sie mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten ist.“

Zwar ist diese Abstimmungsfrage von den Initiatoren der Tegel-Befürworter in der Tat so gestellt worden, aber ein fetter Pfeil zeigt vom Beschlussentwurf direkt auf die Ja-Antwort, weshalb viele – insbesondere ältere – Wählerinnen und Wähler dieses Ja auch ankreuzten, in der irrigen Meinung, damit strikt für die Schließung des Flughafens zu votieren.

Zunächst bezeichnete die Berliner SPD den Abstimmungszettel gegenüber der TP Presseagentur telefonisch selbst als irreführend. Konfrontiert nun mit einem Statement der Berliner FDP, dass für die SPD alles irreführend sei, machte diese offiziell einen Rückzieher und ihre Landesgeschäftsführerin, Anett Seltz, teilte der TP Presseagentur per Email mit:

„Der Volksentscheid hat ein deutliches Ergebnis hervorgebracht. Die Gestaltung des Stimmzettels hatte meiner Ansicht nach darauf wenig Einfluss. Wichtig ist es, das Votum der Berlinerinnen und Berliner zu respektieren. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hat sofort erste Schritte eingeleitet und außerdem einen Runden Tisch für das weitere transparente Verfahren vorgeschlagen.“

Der Sprecher für Energie- und Klimapolitik, Tierschutz und Demokratie der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Dr. Michael Efler, zu den Stimmzetteln des Volksentscheids gegenüber der TP Presseagentur:

„Die Grafik erscheint etwas unglücklich, dass der Pfeil mit dem Kreuz direkt auf die Ja-Stimme deutet. Die Formulierung der Fragestellung auf den Stimmzetteln stammt von den Initiatoren. Beide Faktoren hatten bei dem deutlichen Ergebnis keinen Einfluss auf den Ausgang des Volksentscheids.“

Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus gaben am 27. September folgende Presseerklärung ab:

„Die Stadt ist in der Tegel-Frage nach wie vor gespalten. Noch vor wenigen Wochen hätte keiner gedacht, dass es so knapp ausgehen würde. Wir haben für mehr Lebensqualität von 300.000 Fluglärmbetroffenen in Berlin gekämpft und am Ende noch einmal die Debatte deutlich gedreht. Dass sich eine knappe Mehrheit für die Offenhaltung von Tegel ausgesprochen hat, ist bedauerlich. Die rot-rot-grüne Koalition nimmt das Ergebnis sehr ernst und hat das Thema „Schlussfolgerungen aus dem Volksentscheid Tegel“ zur Aktuellen Stunde angemeldet. Wir setzen weiterhin auf ökonomische Vernunft und Rechtssicherheit.“

Von einer knappen Mehrheit kann bei einer Differenz von ca. 200.000 Stimmen (56,1 Prozent der Berliner stimmten für die Offenhaltung des Tegeler Flughafens) nun schon gar nicht gesprochen werden. Weiter äußerten sich die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus nun auch nicht mehr nach dem ersten beschwichtigenden Statement.

Der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, gab heute folgende Presseerklärung ab:

Der Senat hat die Aufgabe, den Volksentscheid zum Weiterbetrieb des Flughafen Tegels umzusetzen. CDU und FDP haben dazu einen Fahrplan vorgelegt. Wir stehen bereit, den Senat bei den anstehenden Aufgaben konstruktiv zu unterstützen.   Ich bedauere sehr, dass die Koalition bisher nicht in der Lage ist, sich trotz des klaren Wählerauftrags auf einen gemeinsamen Kurs zu verständigen. Womöglich braucht Rot-Rot-Grün tatsächlich einen Tegel-Schlichter – allerdings vor allem für die eigenen Differenzen.   Ich fordere den Regierenden Bürgermeister auf, das Koalitionsgezänk zu beenden und die Handlungsfähigkeit des Senats bei der Umsetzung des Volksentscheids sicherzustellen. Ob er das vom runden oder eckigen Tisch aus tut, liegt allein in seinem Ermessen. Entscheidend ist, dass es zügig und entschlossen vorangeht. Die Zeit ist knapp, die Aufgabe komplex.“

 

So knapp wird die Zeit nun auch nicht sein. Eine Schließung des Flughafens Tegel wird erst dann von Relevanz sein, wenn der Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER) eröffnet sein wird. Das wird sich voraussichtlich noch lange hinziehen.

 

TP/dj

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