Solidarität für Deniz Yücel im Festsaal Kreuzberg in Berlin.

Mit einem „Korso der Herzen“ startete am Festsaal Kreuzberg in Berlin um 16:30 Uhr ein Autokorso für Deniz Yücel. Er führte über die Sonnenallee, das Kottbusser Tor und den Oranienplatz bis zum Schlesischen Tor. Die Autos waren mit Plakaten und Fotos des „Welt“-Korrespondenten dekoriert. Am Abend hat dann im Festsaal in Kreuzberg eine Lesung für den Inhaftierten stattgefunden, bei der u.a. Hanna Schygulla, Gustav Seibt, Anne Will und Herbert Grönemeyer Texte aus dem Buch „Wir sind ja nicht zum Spass hier“ (Edition Nautilus GmbH 2017) des seit einem Jahr in der Türkei inhaftierten Journalisten vortrugen. Die Bundesvorsitzende der Linken Katja Kipping kam aus Solidarität und stand der TP Presseagentur für Fragen zur Verfügung. Ebenso Hanna Schygulla.

Fragen an Katja Kipping:

TP: Frau Kipping, warum sind Sie heute hier?

Kipping: Natürlich um meine Solidarität mit Deniz Yücel und allen anderen in der Türkei inhaftierten Journalistinnen und Journalisten zum Ausdruck zu bringen. Ich finde, das tut Not angesichts einer Bundesregierung, die ganz offensichtlich zu dreckigen Deals, z.B. Panzerdeals mit dem Erdogan-Clan bereit ist.

TP: Glauben Sie, dass die Veranstaltung heute Abend etwas nutzt, dass Deniz Yücel schnell freikommt?

Kipping: Ich glaube, dass jede Aktivität, jede Maßnahme, die einen Protest gegen das Erdogan-Regime hierzulande zum Ausdruck bringt, hilft, den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen. Und das ist notwendig. Im Gegenzug scheint ja die Bundesregierung ein Auge zuzudrücken, wenn Erdogan einen Angriffskrieg in Afrin startet und sogar von Gabriel bei einer Teestunde mit dem türkischen Außenminister Panzerdeals versprochen werden. Jedes Zeichen von Solidarität ist willkommen, und jedes Zeichen für Deniz Yücel ist willkommen.

TP: Heute Abend liest ja hier – etwa von Herbert Grönemeyer angefangen, bis zu Hanna Schygulla und Anne Will – jede Menge Prominenz. Warum nicht die Vorsitzende der Linken?

Kipping: Ich bin heute hier, um als Zuschauerin meine Solidarität auszudrücken. Das haben wir auch vorher schon über die verschiedensten Kanäle getan. Ich hätte mich auch nicht verweigert, heute ist aber entscheidend, dass ganz unterschiedliche Köpfe zusammenstehen in der Botschaft „freeDeniz“.

Fragen an Hanna Schygulla:

TP: Warum lesen Sie heute Abend hier?

Schygulla: Weil’s eine Gelegenheit ist mitzuhelfen, dass die Sache nicht sang- und klanglos einschläft, dass Deniz Yücel freikommt und auch all die anderen, die keinen ganzen Staat im Rücken haben, so dass die ganze Situation der Diktatur nicht einfach hingenommen wird.

TP: Glauben Sie, dass die Bundesregierung hier genug tut?

Schygulla: Weiß ich nicht, wahrscheinlich wird es auf irgendwelche Tauschgeschäfte hinauslaufen.

TP: Werden von der Politik eher „Sonntagsreden“ gehalten?

Schygulla: Man weiß es nicht, es sollte aber nichts unversucht gelassen werden.

Freiheit für Deniz Yücel.

Vor einem Jahr wurde Deniz Yücel verhaftet. Er wartet bis heute auf seine Anklageschrift. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein grundlegendes Recht, das weltweit verteidigt werden muss, erklärten heute Michelle Müntefering, kultur- und medienpolitische Sprecherin und Niels Annen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Müntefering und Annen weiter:

„Mit Deniz Yücel ist ein deutscher Journalist nun seit einem Jahr ohne rechtsstaatliches Verfahren in türkischer Haft. Sein Fall steht symbolisch für das Schicksal zahlreicher Journalistinnen, Journalisten und politisch Engagierter, die ebenfalls aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind. Darunter befinden sich auch fünf weitere Deutsche.

Seine Meinung frei und ungehindert in Wort, Schrift oder Bild zu äußern, ist in unserem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Gleichwohl wird dieses Recht tagtäglich in vielen Ländern bedroht. Auch deshalb hat der Deutsche Bundestag auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion in der 18. Wahlperiode den Antrag beschlossen, das Amt eines UN-Sonderbeauftragten zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten zu schaffen.

Der türkische Ministerpräsident Yildirim hatte anlässlich seines Berlin-Besuchs gesagt, dass er eine baldige Freilassung Yücels erwarte. Wir setzen darauf, dass dies nicht nur freundliche Worte bleiben, sondern schnell konkrete Taten folgen. Der türkischen Justiz sind bereits massive Einschnitte in ihrer Unabhängigkeit widerfahren. Umso dringlicher ist gerade jetzt ihr Eintreten für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Wir appellieren an die türkische Justiz, Deniz Yücel und alle, die sein Schicksal teilen, umgehend aus der Haft zu entlassen und für faire und rechtsstaatliche Verfahren zu sorgen.

Das Ziel deutscher Außenpolitik muss es weiterhin sein, mit der Türkei wieder in einen vernünftigen Dialog zu kommen. Die innenpolitische Lage wie auch die aktuelle türkische Außenpolitik in Nordsyrien, machen dies leider schwierig.“

Deniz Yücel ein Jahr in Haft

#FreeDeniz – Ein Jahr in Haft: Deniz, halte durch! "Unsere tagliche Arbeit, unseren weltweiten Kampf für die Pressefreiheit widmen wir Dir und allen anderen inhaftierten Journalistinnen und Jouranlisten." #FreeThemAll fordern Chefredakteurin Ines Pohl und weitere DW-Journalisten.

Publié par DW Deutsche Welle sur mercredi 14 février 2018

Außenminister Sigmar Gabriel sagte bereits gestern zum Fall Deniz Yücel:

„Ein Jahr Haft für Deniz Yücel ist weiterhin eine der großen Hürden in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Wir drängen nach wie vor in unseren Gesprächen auf ein schnelles rechtsstaatliches Verfahren. Aus unserer Sicht kann als Ziel nur die Freilassung für Deniz Yücel stehen.

Wir setzen uns natürlich ebenso für die anderen Deutschen ein, die aus politischen Gründen in der Türkei in Haft sind, immer wieder und mit Nachdruck. Einiges haben wir in unseren Gesprächen bereits erreichen können – Deutsche Staatsbürger wurden aufgrund von rechtsstaatlichen Entscheidungen türkischer Gerichte inzwischen aus der Haft entlassen und konnten ausreisen. Wir werden alles dafür tun, dass dies auch bei der gerichtlichen Entscheidung für Deniz Yücel erreicht werden kann.“

Fotoquellen/Collage: TP Presseagentur Berlin

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