Linksfraktion fordert Auskunftsverbot für Frontex an die libysche Küstenwache.

Auf keinen Fall dürfe die Grenzagentur Frontex Informationen zu Seenotrettungsfällen mit der libyschen Küstenwache teilen. Bei der Truppe handele es sich um staatlich lizensierte Piraten, die brutal gegen Geflüchtete und Retter vorgingen, warnte der europapolitische Sprecher der Linksfraktion Andrej Hunko.

Zum Hintergrund: Im Jahresbericht zur Überwachung der Seeaußengrenzen habe Frontex um politische Anweisungen gebeten, ab wann das Lagezentrum in Warschau der libyschen Küstenwache operative Erkenntnisse über Flüchtlingsboote mitteilen soll. Derzeit würden entsprechende Informationen noch mit der Seenotrettungsleitstelle (MRCC) in Rom geteilt. Frontex rechne mit einer Zunahme entsprechender Meldungen, nachdem der geplante Dienst zur luftgestützten Aufklärung („Multipurpose Aerial Surveillance“) in Betrieb geht. Die Agentur könne zur Lagedarstellung mittlerweile auch Aufnahmen von Langstreckendrohnen nutzen.

Andrej Hunko im Einzelnen:

„Frontex ist nach dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz menschlichen Lebens auf See (SOLAS) nicht zur Kooperation mit Libyen verpflichtet. Zwar ist die Hilfe zur Seenotrettung die Pflicht aller Seefahrer, für Kriegsschiffe und Staatsschiffe im nicht-kommerziellen Einsatz existieren jedoch Ausnahmen. Dies wurde mir vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages bestätigt. Demnach müssen die Schiffe der EU-Missionen Frontex und EUNAVFOR MED keine sensiblen Informationen an ‚unsichere‘ Empfänger weitergeben. Dies ist bei der libyschen Küstenwache zweifellos gegeben.

Die EU-Agenturen und die beteiligten Grenzpolizeien und Marinen der Mitgliedstaaten können ihre Erkenntnisse zu Seenotrettungsfällen also weiterhin an die italienische Seenotrettungsleitstelle in Rom weitergeben, die dann alle notwendigen Maßnahmen koordiniert.

Das römische MRCC kann auch dann Fälle der Seenotrettung in der libyschen Seenotrettungszone koordinieren, wenn Libyen in 2020 wie geplant eine eigene Leitstelle betreibt. Auch dies wurde uns vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages bestätigt. Demnach stellt das Übereinkommen über Seenotrettung von 1979 (SAR-Konvention) die Einrichtung einer Seenotrettungsleitstelle in das Ermessen eines jeden Vertragsstaates.

Dass nicht jeder Staat ein eigenes MRCC betreiben muss, bestätigt auch ein Handbuch der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO. Demnach können Staaten Kooperationsabkommen mit anderen Staaten schließen, um gemeinsame Rettungsleitstellen zu betreiben. Die Europäische Kommission muss deshalb ihre 46 Millionen Euro für die Einrichtung eines MRCC in Libyen zurückziehen und stattdessen das MRCC in Rom entsprechend unterstützen.“

Frontex-Jahresbericht zur Umsetzung der EU-Verordnung 656/2014: http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11129-2018-INIT/en/pdf

Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag „Informationspflichten im Rahmen internationaler Seenotrettungseinsätze“: https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1214-wd-sachstand-informationspflichten-im-rahmen-internationaler-seenotrettungseinsaetze

Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag „Einrichtung von SAR-Zonen und Seenotrettungsleitstellen“: https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1204-wissenschaftlicher-dienst-im-bundestag-einrichtung-von-sar-zonen-und-seenotrettungsleitstellen

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