Bundeswirtschaftsministerminister Altmaier nimmt Studie zur Modernisierung des Wettbewerbsrechts entgegen.

Bundeswirtschaftsministerminister Peter Altmaier nahm heute die vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Studie zur „Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen“ entgegen. Ziel der Studie sei ein Konzept, das die Instrumente der Wettbewerbsbehörden verbessert, um gegen den Missbrauch von Marktmacht von Unternehmen vor allem in der Digitalwirtschaft umfassender, schneller und zielgerichteter vorgehen zu können.

Altmaier: „Die Digitalisierung verändert nicht nur unsere Art zu leben und zu arbeiten, sondern stellt auch unsere Wettbewerbsbehörden vor neue Herausforderungen. Deshalb haben wir die Studie in Auftrag gegeben, um festzustellen, wo wir das Wettbewerbsrecht weiter entwickeln müssen, damit es auch schlagkräftig auf die neuen Anforderungen reagieren kann. Die Ergebnisse werden wir jetzt genau prüfen. Mein Ziel ist es, das Wettbewerbsrecht noch effektiver zu machen. Dabei müssen wir die richtige Balance finden zwischen den Wachstumsmöglichkeiten deutscher und europäischer Plattformen einerseits und der Verhinderung des Missbrauchs von Marktmacht andererseits.“

Im Sommer 2017 wurde das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Rahmen der 9. GWB-Novelle bereits um wichtige Regeln für die Digitalwirtschaft ergänzt. Der Koalitionsvertrag hat das Thema erneut aufgegriffen mit dem Ziel, die wettbewerbsbehördliche Aufsicht weiterzuentwickeln, insbesondere im Hinblick auf Missbräuche von Plattformunternehmen. Genau diese Fragestellungen greift die Studie auf.

Die Studie wurde von Prof. Dr. Heike Schweitzer (Sonderberaterin von EU-Wettbewerbskommissarin Vestager für Digitalisierung und Wettbewerbspolitik; Humboldt-Universität zu Berlin), Prof. Dr. Justus Haucap, (2008 bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission; Universität Düsseldorf) und Prof. Dr. Wolfgang Kerber (Universität Marburg) erstellt.

Die Studie bestätigt, dass das bestehende Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht auch in Zeiten der Digitalisierung grundsätzlich gut geeignet ist, Wettbewerbsgefährdungen zu erfassen. Allerdings gibt es Fälle, in denen die kartellrechtliche Interventionsschwelle abgesenkt werden sollte. Die Studie empfiehlt hierzu u.a. Regelungen um ein „Tipping“ von Märkten zu verhindern, wenn das Umkippen eines Marktes ins Monopol auf strategischen Behinderungen marktmächtiger Unternehmen beruht. Zudem kann die Kontrolle über Daten Machtpositionen begründen. Diesbezüglich wird vorgeschlagen, niedrigere Anforderungen an die Missbräuchlichkeit der Datenzugangsverweigerung zu stellen. Um den Zugang zu großen Datenmengen für Zwecke des Trainings selbstlernender Algorithmen zu erleichtern und so Wettbewerbsvorteile besonders datenreicher Unternehmen zu neutralisieren, sollte außerdem über eine marktanteilsabhängige „Daten-Sharing-Pflicht“ nachgedacht werden.

Das BMWi wird die Empfehlungen der Studie nun prüfen. Die Erkenntnisse werden in die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 und die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einfließen.

Die Studie finden Sie hier.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

Marktmacht von Digitalkonzernen: Altmaier ist zu kurz gesprungen.

Zur Vorstellung der Vorschläge der Expertenkommission zur Regulierung von Digitalkonzern sagte Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Was Altmaiers Expertenkommission heute vorlegt, wirkt zu klein, angesichts der extremen Marktmacht, die Internetgiganten wie Google, Facebook oder Amazon bereits heute haben. Bei Unternehmen, die so mächtig sind wie Google und Co. kann es nicht mehr darum gehen, das Umkippen eines Marktes ins Monopol zu verhindern, wie die Studie vorschlägt. All diese Unternehmen haben zumindest in Teilmärkten schon Monopole. Altmaier will nur verhindern, dass weitere Unternehmen Monopole erreichen. Für die bestehenden Monopole sucht er keine Antworten. Mit dem Auftrag zur Studie ist der Minister deshalb offensichtlich zu kurz gesprungen.

Amazon, Facebook und Google kontrollieren die Infrastruktur des Internets. Die Angebote dieser Konzerne sind wie Straßen, Stromleitungen und Schienen: ohne sie geht nichts. Hierauf muss Minister Altmaier Antworten geben, die zeigen, dass Regulierung Fairness und freien Zugang für alle garantieren kann. Dabei liegt eine Reihe von Vorschlägen seit längerem auf dem Tisch: Damit geschlossene Märkte wieder offen werden, müssen Internetplattformen zu offenen Schnittstellen (Interoperabilität) verpflichtet werden. Wer WhatsApp nutzt, muss auch Nachrichten an den Konkurrenzanbieter Threema schicken können.

Die Kartellbehörden müssen zudem schneller werden, um mit den Internetgiganten Schritt halten zu können. Dafür brauchen sie eine bessere Ausstattung und deutlich mehr Personal. Darüber hinaus müssen Fusionen rückgängig gemacht werden, um Marktmacht zu begrenzen. Dass die Wettbewerbsbehörden es erlaubt haben, dass Facebook WhatsApp und Instagram kauft, war ein Fehler. Als letztes Mittel müssen Unternehmen, die durch ihre Marktmacht den Wettbewerb erdrücken, entflochten werden.

Schlussendlich ist die Frage, wie man die Infrastruktur des Internets regulieren muss, so groß, dass sie niemand heute abschließend beantworten kann. Wir erwarten von Minister Altmaier allerdings, dass er sich mit diesen Fragen endlich auseinandersetzt.

Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag ergänzte:

Die Bundesregierung ist – trotz großer Ankündigungen – im Bereich des Daten- und Verbraucherschutzes weitgehend untätig geblieben und hat daher zu den mächtigen Positionen von Google & Co. selbst beigetragen. In Zeiten von Big Data und selbstlernenden algorithmischen Entscheidungssystemen ist es für Unternehmen immer wichtiger, große Datenbestände zu generieren. Für einen fairen Wettbewerb ist es deshalb zentral, Daten-Monopole zu verhindern. Die Ankündigung, auch kleineren Konkurrenzunternehmen die Daten der großen Marktbeherrscher zugänglich zu machen, ist zwar interessant. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung hier diesmal wirklich Worten Taten folgen lässt. Im Übrigen bleibt fraglich, wie im Einzelnen dabei die Daten anonymisiert und der Schutz der Verbraucher gewahrt bleiben soll.

Denn wenn wir eins gelernt haben: Wo große Datenmengen hin- und hergeschoben werden, gehen schnell auch mal große Datenmengen verloren. Der Verbraucherschutz muss auch hier daher höchste Priorität haben. Letztlich müssen diese selbst wieder die Hoheit darüber bekommen, welche Informationen an wen sie von sich preisgeben wollen.“

Für ein zeitgemäßes Kartellrecht und eine wirksame Missbrauchsaufsicht.

Der Bundeswirtschaftsminister hat heute eine Studie und erste Überlegungen zur Reform des Wettbewerbsrechtes vorgestellt, um endlich wirksamer gegen die Marktmacht der Internetplattformen vorgehen und einen fairen Wettbewerb wiederherstellen zu können. Der Bundeswirtschaftsminister ist aufgefordert, schnell entsprechende Regelungsvorschläge für ein zeitgemäßes Kartellrecht und eine wirksame Missbrauchsaufsicht vorzulegen, heißt es aus der SPD-Bundestagsfraktion.

Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher, und Falko Mohrs, zuständiger Berichterstatter AG Wirtschaft und Energie der SPD-Bundestagsfraktion erklärten dazu:

„Im Koalitionsvertrag haben wir Maßnahmen vereinbart, um den Missbrauch von Marktmacht vor allem auf sich schnell verändernden Märkten zügig und effektiv abstellen und um die Missbrauchsaufsicht insbesondere im Hinblick auf Missbräuche von Internetplattformen weiterzuentwickeln. Es ist gut, dass der Bundeswirtschaftsminister auf den Vorarbeiten von Brigitte Zypries und Sigmar Gabriel aufbaut und heute eine Studie mit ersten Überlegungen zur Reform des Wettbewerbsrechtes vorstellt. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt diese Vorschläge, die in die gleiche Richtung zielen wie die von Andrea Nahles vorgestellten Eckpunkte zur Anpassung des Wettbewerbsrechts an die Herausforderungen der digitalen Plattformwirtschaft.

Wir brauchen dringend ein proaktives Wettbewerbsrecht, um frühzeitiger gegen die missbräuchliche Ausübung der Marktmacht von Internetplattformen vorgehen und bereits vor dem Umkippen in Monopolstrukturen reagieren zu können. Außerdem müssen wir stärker diejenigen Plattformen in den Blick nehmen, die als Intermediäre immer öfter eine Monopolstellung einnehmen, um auch hier wieder Wettbewerb und die Durchsetzung unserer Standards, beispielsweise im Arbeitsrecht oder beim Verbraucherschutz, sicherzustellen.

Zudem müssen neue Datenmonopole verhindert werden, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Der Bundeswirtschaftsminister ist jetzt aufgefordert, zügig konkrete Regelungsvorschläge für ein zeitgemäßes Kartellrecht und eine wirksame Missbrauchsaufsicht vorzulegen.“

 

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