Betriebsräte: Neue repräsentative Daten.

Rund zehn Prozent der Betriebsräte erleben häufig Behinderungen durch die Chefetage – knapp 60 Prozent beurteilen Verhältnis als gut.

Meistens kommen Betriebsrat und Management in deutschen Unternehmen ganz gut miteinander klar. Doch Schikanen gegen Arbeitnehmervertreter, über die in den Medien immer wieder berichtet wird, seien offensichtlich nicht nur Einzelfälle: Rund zehn Prozent der Betriebsräte sehen sich vom Arbeitgeber in ihrer Arbeit „häufig“ behindert, weitere 40 Prozent erleben „manchmal“ Blockaden. Das Verhältnis zur Chefetage bewerten zehn Prozent der Beschäftigtenvertreter in Deutschland nur als „ausreichend“, weitere fünf Prozent sogar als „mangelhaft“. Das zeigen neue Zahlen aus der repräsentativen Betriebsrätebefragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Zusammen mit weiteren interessanten Daten zu Mitbestimmung und Arbeitswelt sind sie im neuen Böckler-Portal „Arbeitsmarkt im Wandel“ abrufbar (Links unten).

Das Engagement von Betriebsräten sorgt für bessere Bedingungen am Arbeitsplatz, auch für mehr Familienfreundlichkeit und betriebliche Weiterbildung oder dafür, dass Urlaub wirklich genommen werden kann. Solche positiven Wirkungen für die Beschäftigten bestätigen zahlreiche wissenschaftliche Studien – und auch, dass davon letztendlich das gesamte Unternehmen profitiert, etwa durch eine höhere Produktivität (siehe auch den Forschungsüberblick; Link unten). Die Mehrheit der Arbeitgeber, in deren Betrieben es eine Arbeitnehmervertretung gibt, scheint sich auch um eine gedeihliche Kooperation zu bemühen: Immerhin beurteilen knapp zehn Prozent der im Jahr 2017 vom WSI befragten Betriebsräte das Verhältnis als „sehr gut“, weitere knapp 50 Prozent als „gut“.

Doch da, wo die Noten 4 oder insbesondere 5 vergeben werden, „darf bezweifelt werden, ob damit noch eine ‚vertrauensvolle‘ Zusammenarbeit möglich ist“, wie sie das Betriebsverfassungsgesetz fordert, schreibt WSI-Forscher Dr. Helge Baumann. Auffallend ist nach Analyse des Experten, dass die Arbeitsbeziehung zwischen Führungsetage und Beschäftigtenvertretung häufiger schlecht ist, wenn das Unternehmen keinen Tarifvertrag hat. In Firmen ohne Tarifregelung sprechen gut 18 Prozent der Betriebsräte von einem „ausreichenden“ oder gar „mangelhaften“ Verhältnis. In Unternehmen mit Tarifvertrag sind es dagegen knapp 11 Prozent.

Die neue WSI-Auswertung gibt auch einen aktuellen Überblick darüber, mit welchen Anliegen Betriebsräte am häufigsten befasst sind. Top-Themen sind – mit über 80 Prozent Nennungen – Arbeitsschutz und Gesundheit. Dabei geht es zunehmend häufig auch um psychische Belastungen durch Arbeitsverdichtung und zu geringe Personalstärke. Zudem ist die Arbeitszeit sehr häufig Thema für Beschäftigte und ihre Vertreter. Dabei geht es ebenso um Überstunden und vom Arbeitgeber betriebene Flexibilisierung wie um Wünsche von Beschäftigten nach flexibleren Arbeitszeiten, um Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen.

Zum Daten-Portal „Arbeitsmarkt im Wandel“ mit allen Grafiken zu Betriebsräten: https://www.boeckler.de/wsi_115427.htm

Direktlink Grafik Behinderung der Betriebsratsarbeit: https://www.boeckler.de/wsi_115429.htm

Direktlink Verhältnis Arbeitgeber und Betriebsrat: https://www.boeckler.de/wsi_115433.htm

Direktlink Themen der Betriebsratsarbeit: https://www.boeckler.de/wsi_115432.htm

Forschungsüberblick zur Wirkung von Mitbestimmung: https://www.boeckler.de/Hans-Boeckler-Stiftung_Mitbestimmung_Gestaltungsprinzip-der-Sozialen-Marktwirtschaft.pdf

 

Zahl der Betriebsräte sinkt – Bundesregierung muss endlich handeln.

Zur aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung, nach der die Zahl der von Betriebsräten vertretenen Beschäftigte von 44 Prozent im Jahr 2010 auf 39 Prozent im Jahr 2017 zurückgegangen ist, erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Die Ergebnisse der Böckler-Studie sind ein Alarmsignal, das die Bundesregierung nicht überhören darf. Denn die betriebliche Mitbestimmung schafft die Voraussetzung, dass sich Beschäftigte und Arbeitgeber auf Augenhöhe begegnen können. Mitbestimmung in den Unternehmen und Betrieben ist gelebte Partizipation und Demokratie. Und das ist seit Jahrzehnten ein breiter gesellschaftlicher Konsens, der aber immer brüchiger wird.

Wir fordern die Bunderegierung auf, endlich tätig zu werden. Die Hürden zur Neugründung von Betriebsräten müssen abgebaut und bestehende Betriebsräte besser geschützt werden. Gerade die Gründungsphase kann schwierig sein, wenn Arbeitgeber einen Betriebsrat verhindern wollen. Nicht selten werden Beschäftigte in dieser Zeit bedroht, gemobbt oder gar gekündigt, wenn sie betriebliche Interessenvertretungen etablieren wollen. Und das darf nicht sein. Außerdem sollen Betriebsräte, die nur eine befristete Stelle haben, automatisch übernommen werden. Denn häufig werden Befristungen genutzt, um unliebsame Betriebsräte zu zerschlagen. Das ist nicht akzeptabel.“

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