Statements zur „Einigung“ bei der Kohlekommission.

Kompromiss zeichne akzeptablen Pfad zum Ende der Kohleverstromung.

Am frühen Samstag Morgen einigte sich die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ auf einen gemeinsamen Abschlussbericht mit einer Empfehlung an die Bundesregierung, der ein schnelleres Auslaufen der Kohleverstromung ebenso vorsieht wie eine umfangreiche Absicherung der Beschäftigten.

Stefan Körzell, Mitglied des DGB-Bundesvorstands und der Kommission:

„Der Abschlussbericht zeichnet einen soliden und akzeptablen Pfad zum Ende der Kohleverstromung. Gleichzeitig bedeutet dieser Kompromiss für die Beschäftigten aber auch einen tiefen Einschnitt in ihr Berufsleben. Der Prozess muss jetzt im Sinne der Beschäftigten unter Beteiligung der Gewerkschaften gestaltet werden. Ihnen ist die Bundesregierung eine eins-zu-eins Umsetzung der Pläne insbesondere für den Strukturwandel schuldig. Niemand darf ins Bergfreie fallen. Die Menschen in den betroffenen Regionen brauchen langfristige und verlässliche berufliche Perspektiven. Ein gerecht gestalteter Strukturwandel und das Ende der Kohleverstromung müssen Hand in Hand gehen. Das heißt: Arbeitsplätze und Wertschöpfung dürfen nur dann wegfallen, wenn zeitgleich Neue geschaffen werden. Keine Abschaltung ohne Strukturentwicklung lautet hier das Credo. Jetzt geht es darum, die Energiewende mit Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Netze und Speicher voranzubringen.“

Andreas Scheidt, Mitglied im ver.di Bundesvorstand:

„Die Beschäftigten in den Braun- und Steinkohlekraftwerken brauchen Planungssicherheit. Deshalb begrüßen wir die Vereinbarungen im Abschlussbericht, die den gesellschaftlichen Konsens über ein geordnetes Auslaufen der Kohleverstromung mit Vorschlägen für Maßnahmen verbinden, die allen Beschäftigten eine sichere Zukunft eröffnen. Diese Vorschläge müssen jetzt von der Bundesregierung umgesetzt werden. Der Abschlussbericht macht auch klar: Der notwendige Klimaschutz im Stromsektor muss flankiert werden durch ein konsistentes Ausbauprogramm für erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung, Energiespeicher- und –netze zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit.“

Michael Vassiliadis, Vorsitzender IG BCE und Mitglied der Kommission:

„Wir haben nach 21 Stunden Verhandlungen einen Kompromiss gefunden, der uns nicht glücklich machen, aber insgesamt zufrieden stellen kann. Es ist uns gelungen, für die vom Strukturwandel betroffenen Beschäftigten in der Kohleverstromung Sicherheit vor sozialen Härten zu schaffen – durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, früherem Rentenzugang mittels staatlichem Anpassungsgeld, Vermittlung auf neue Jobs. Gleichzeitig wird der Auslauf der Kohle – wie von uns gefordert – eng an überprüfbare Fortschritte beim zukünftigen Energiemix, dem Ausbau der Erneuerbaren und der Netze geknüpft. Die Regionen erhalten Strukturentwicklungsmittel, um neue gute Arbeitsplätze zu schaffen. Die Kommission hat heute die Grundlagen für eine neue Energiewende der Vernunft gelegt.“

Kohlekommission empfehle teuren Bummel-Kohleausstieg.

„Dass die Kohlekommission der Bundesregierung endlich einen Kohleausstieg per Gesetz vorschlägt, ist zu begrüßen. Zu spät, zu langsam, zu industriefreundlich, das Gremium empfiehlt einen teuren Bummel-Kohleausstieg auf Kosten der Steuerzahler und öffentlichen Haushalte, während sich die Energiewirtschaft ihre alten Kohlekraftwerke durch Abwrackprämien selbst für Uraltmeiler vergolden lässt. Ein Ausstiegsdatum 2038 ist fürs Klima deutlich zu spät. Um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen, müssen die letzten Meiler spätestens zwischen 2030 und 2035 abgeschaltet werden. Zudem fällt der Einstieg in den Ausstieg mehr als bescheiden aus, wenn man bedenkt, dass bei den Jamaika-Verhandlungen schon einmal sieben Gigawatt der besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke auf einer Abschaltliste bis 2020 standen“, kommentiert Lorenz Gösta Beutin, energie- und klimapolitischer Sprecher Linksfraktion im Bundestag, die in der heutigen Nacht erzielte Einigung.

Beutin weiter:

„Dass der Hambacher Wald gerettet werden soll ist ein krachender Erfolg für die Anti-Kohlebewegung, die Empfehlung muss aber auch in die Tat umgesetzt werden. DIE LINKE wird sich im Gesetzgebungsprozess für einen deutlich schnelleren Kohleausstieg und den Schutz des Waldes per Gesetz einsetzen.“

Caren Lay, Lausitzer Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, ergänzt:

„Wir brauchen den Ausstieg im Interesse von Klima und Beschäftigten statt für die Konzerne. Großzügige Entschädigungszahlungen sind absurd. Die Menschen in den betroffenen Regionen brauchen Beschäftigungsgarantien und Einkommenssicherungen. Klar muss auch sein: kein Dorf darf mehr für die Kohle fallen!“

Ein Einstieg in den Ausstieg – Weitere Maßnahmen seien aber nötig.

Zum Abschlussbericht der Kohlekommission erklären Annalena Baerbock MdB und Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Deutschland steigt als großes Industrieland aus der Kohle aus. Das war überfällig. Dieser Schritt wäre ohne den langjährigen Druck der Umwelt- und Klimabewegung und der Grünen unvorstellbar gewesen. Gerade der Einstieg in den Ausstieg und der Erhalt des Hambacher Waldes sind Verhandlungserfolge der Umweltvertreter in der Kommission.

Nach zehn Jahren klimapolitischem Stillstand der Bundesregierung hat die Kommission Eckpunkte vorgelegt, mit denen Deutschland wieder auf den Pfad des Pariser Klimaabkommens kommen kann, wenn jetzt zügig weitere ambitionierte Maßnahmen ergriffen werden. Denn um das Klimaziel bis 2030 wirklich zu erreichen, braucht es mehr als der jetzige Kompromiss vorsieht. Nach dem Verpassen des Klimaziels 2020 darf Deutschland sich nicht noch mal blamieren.

Die im Abschlussbericht festgeschriebenen Überprüfungspunkte (Revisionsklauseln) in den 20er Jahren müssen politisch genutzt werden, um sicherzustellen, dass die völkerrechtlich verbindlichen Pariser Klimabeschlüsse erreicht werden. Die EU und damit Deutschland müssen innerhalb des Klimavertrags ohnehin noch einmal nachschärfen. Über den Kohlekompromiss hinaus sind konkrete Maßnahmen zur CO2-Minderung im Verkehr, im Gebäudebereich und in der Landwirtschaft unverzichtbar.

Es ist bedauerlich, dass die ostdeutschen Ministerpräsidenten nicht die Kraft hatten, den Menschen in den betroffenen Regionen Planungssicherheit und Klarheit zu geben. Auch hier ist weiterhin Druck der Zivilgesellschaft und der politischen Kräfte nötig, um für Verlässlichkeit zu sorgen. Auch in den ostdeutschen Revieren muss gelten, dass Dörfer erhalten bleiben statt der Kohle zu weichen.

Die Bundesregierung muss nun den Pariser Klimazielen entsprechend die Eckpunkte in konkrete Maßnahmen überführen und verbindlich auf den Weg bringen.“

Nationaler Alleingang beim Kohleausstieg sei der falsche Weg.

Zu den Empfehlungen der Kohlekommission erklärt der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Prof. Dr. Martin Neumann:

„Die Empfehlungen bedeuten in der Praxis eine gewaltige Herausforderung für die Versorgungssicherheit in Deutschland. 12,5 Gigawatt Kohle bis 2022 abzuschalten und im gleichen Zeitraum aus der Kernkraft aussteigen zu wollen, ist nicht nur riskant, sondern auch leichtsinnig. Auch die Steuerzahler werden sicherlich für die milliardenschwere Finanzierung des Kohleausstiegs zur Kasse gebeten. Die FDP-Fraktion erwartet nun endlich konkrete Vorschläge von der Bundesregierung. Bisherige Kohleregionen benötigen nachhaltige Lösungen. So wäre beispielsweise die Schaffung von digitalen Freiheitszonen ein erster wichtiger Schritt, um Investitionen in innovative Zukunftskonzepte zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten wir uns auf das eigentliche Ziel, die Reduktion von CO2-Emissionen, konzentrieren. Der EU-Emissionshandel ist hierfür das geeignete Instrument. Der nationale Alleingang ist der falsche Weg.“

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