Für den besonderen Polizeiaufwand … darf grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden.

Für den besonderen Polizeiaufwand aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung darf grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden. So entschied heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Nach § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes wird von Veranstaltern einer gewinnorientierten Großveranstaltung unter bestimmten Umständen eine Gebühr erhoben.

Vorausgesetzt werden erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung, die den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte vorhersehbar erforderlich machen. Die Gebühr ist anhand näherer Maßgaben nach dem polizeilichen Mehraufwand zu berechnen.

Als Gebührenschuldnerin wurde hier die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL GmbH) in Anspruch genommen.

Sie führt als Tochtergesellschaft das operative Geschäft des DFL e.V., in dem die lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesliga zusammengeschlossen sind. Mit der Klage wendet sich die DFL GmbH gegen einen Gebührenbescheid der Freien Hansestadt Bremen über ca. 425 000 €. Die Forderung betrifft einen mit erheblichen zusätzlichen Kräften geleisteten Polizeieinsatz anlässlich einer Begegnung der Fußball-Bundesliga am 19. April 2015 im Bremer Weser-Stadion zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. Die Klägerin war rund drei Wochen vor dem Spiel darauf hingewiesen worden, dass am Spieltag nach den polizeilichen Lageerkenntnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zu rechnen sei.

Das Verwaltungsgericht Bremen gab der Klage statt, weil der Gebührentatbestand zu unbestimmt sei.

Dagegen hielt das Oberverwaltungsgericht die Regelung für verfassungsgemäß und wies auf dieser Grundlage die Klage gegen den Gebührenbescheid ab. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte jetzt im Wesentlichen den Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts.

Bei der Einführung einer Gebühr muss der Gesetzgeber stets berücksichtigen, dass der Gebührenpflichtige zugleich auch Steuerzahler ist. Eine Gebühr bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung. Diese liegt hier darin, dass die Polizei einen erheblichen Mehraufwand gerade aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung betreiben muss. Dieser zusätzliche Aufwand darf dem Veranstalter zugerechnet werden. Denn dieser ist für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung auf die zusätzliche Polizeipräsenz angewiesen. Der Veranstalter wird nicht etwa als Veranlasser einer Störung der öffentlichen Sicherheit in Anspruch genommen, sondern vielmehr als Nutznießer einer besonders aufwendigen polizeilichen Sicherheitsvorsorge.

Unsicherheiten, die wegen der auslegungsbedürftigen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes und insbesondere im Hinblick auf die Höhe des polizeilichen Mehraufwandes und damit der Gebühr bestehen, erreichen kein unzumutbares Ausmaß. Das gilt v.a. deshalb, weil das Gesetz an „erfahrungsgemäß“ zu erwartende Gewalthandlungen anknüpft. Für den Fußball verfügen sowohl die Polizei als auch die Veranstalter über einschlägige Erfahrungen. Soweit es in anderen Bereichen noch keine ausreichenden Erfahrungen gibt, darf nach dem Gesetz auch keine Gebühr erhoben werden. Außerdem hat der Gebührenschuldner Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Polizei muss also den von ihr betriebenen Aufwand nachträglich rechtfertigen.

Die Gebühr ist auch nicht unverhältnismäßig, obwohl sie eine beträchtliche Höhe erreichen kann. Der Gesetzgeber knüpft ausschließlich an gewinnorientierte Veranstaltungen an. Damit steht die Gebühr regelmäßig in einer angemessenen Relation zu dem wirtschaftlichen Ergebnis, das der Veranstalter – auch dank des verstärkten Polizeieinsatzes – erzielen kann.

Die Beklagte durfte statt des Heimvereins Werder Bremen die DFL GmbH auf Zahlung der Gebühr in Anspruch nehmen. Aufgrund der Zusammenarbeit beider Akteure im Rahmen des Wettbewerbs Bundesliga ist die DFL GmbH als Mitveranstalter des betreffenden Fußballspiels anzusehen. Den internen Ausgleich durfte die Beklagte den Beteiligten überlassen.

Weiteren Klärungsbedarf gibt es aber noch bei der Frage, ob und inwieweit bestimmte Kosten – insbesondere für die nicht unerhebliche Zahl polizeilicher Ingewahrsamnahmen anlässlich des fraglichen Fußballspiels – vorrangig gegenüber einzelnen Störern geltend zu machen waren. Dabei geht es um die Auslegung des Bremischen Landesrechts sowie um die Feststellung von Tatsachen. Da das Bundesverwaltungsgericht dazu nicht berufen ist, hat es das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Fußnote:

  • 4 Abs. 4 BremGebBeitrG i.d.F. vom 4. November 2014 lautet:

Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5 000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht. Der Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten. Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden.

BVerwG 9 C 4.18 – Urteil vom 29. März 2019

GdP zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.

Berlin. Auch das Zurückverweisen des juristischen Streits über Gebührenbescheide bei sogenannten Hochrisikospielen an das Bremer Oberverwaltungsgericht wird nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Gewaltprobleme im Fußballfangeschehen nicht lösen. Die Auseinandersetzung zwischen dem Land Bremen und der Deutschen Fußball Liga (DFL) blende die Ursachen für die häufig personalintensiven Polizeieinsätze bei bestimmten Parteien aus, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow am Freitag in Kiel. „Am Ende wird es keinen wirklichen Gewinner geben, sondern vor allem Verlierer“, betonte Malchow und verwies auf denkbare Folgen wie steigende Kartenpreise, gekürzte Mittel für Fanprojekte und mögliche Differenzen über den jeweiligen Kräfteansatz der Polizeien zwischen Veranstaltern und Behörden.

Die Polizei sei nun einmal im öffentlichen Raum für die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung zuständig, bekräftigte der GdP-Chef. Das gelte bei Fußballeinsätzen im Besonderen auch für die Fanbegleitung zu den Stadien und auch wieder zurück. „Da ist die Polizei oft genug gefragt, Fanausschreitungen zu unterbinden. Die Kosten dafür muss aber der Staat tragen“, unterstrich Malchow. Die Arbeit der Polizei dürfe nicht daran bemessen werden, wie hoch der tatsächliche Aufwand sei, sondern was erforderlich sei, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

Der Gewerkschafter wies darauf hin, dass es seit Jahren eine überwiegend gut funktionierende Aufgabentrennung zwischen der Polizei im öffentlichen Raum und den Sicherheitskräften der Vereine in den Stadien gebe. Malchow: „Das organisieren die Vereine in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Polizei und bezahlen das auch.“ Das schließe zudem die Unterstützung der wichtigen und notwendigen Fanprojekte ein. Deren Arbeit mache den Fußball friedlicher, und das helfe schließlich auch der Polizei. Zu befürchten sei jedoch, dass zusätzliche Gebührenkosten von weniger begüterten Vereinen mit notorischem Fanpotenzial an anderer Stelle eingespart würden, beispielsweise bei Mitteln für Fan-Sozialarbeit. „Fakt ist: Die Vereine rufen ihre Anhänger nicht dazu auf, sich irgendwo mit irgendwem zu prügeln. Die Ursachen für massive Polizeieinsätze liegen nicht im Sport. Der Fußball wird jedoch als Bühne für teils absurde, teils brutale Machtdemonstrationen missbraucht.“

Laut Malchow ist es nicht ausgeschlossen, dass ein am Ende für Gebührenbescheide gefälltes Urteil eine Signalwirkung für andere Veranstaltungen entfalten kann, die durch die Polizei begleitet werden. Dann gingen demnächst auch bei großen Volksfesten Gebührenbescheide an den Veranstalter. „Und unweigerlich wird es dann auch um die Frage des Veranstalters gehen, wieso denn eigentlich so viele Polizistinnen und Polizisten im Einsatz waren.“ Nicht vergessen werden dürfe, dass eine entsprechende Polizeipräsenz zu einem friedlichen Verlauf einer Veranstaltung beitrage. Die Entscheidungskompetenz über die Zahl der Einsatzkräfte müsse aber bei der Polizei bleiben. Die GdP werde sich jedenfalls dagegen wehren, dass die Polizei in die Begründungspflicht über den Kräfteansatz bei einem Veranstaltungseinsatz geraten könnte.

Im Übrigen würde das Gebührengeld nicht bei der Polizei ankommen. „Die Summen fließen in die Länderhaushalte und werden dort verteilt. Und da ist die Polizei ja nicht unbedingt ein Investitionsschwerpunkt“, stellte Malchow fest.

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