Deutsche Staatsanwaltschaften bieten keine hinreichende Gewähr für Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive, um zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls befugt zu sein.

Das entschied heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemberg.

Der Generalstaatsanwalt von Litauen biete hingegen eine solche Gewähr für Unabhängigkeit. Zwei litauische Staatsangehörige und ein rumänischer Staatsangehöriger wenden sich vor den irischen Gerichten gegen die Vollstreckung Europäischer Haftbefehle, die von deutschen Staatsanwaltschaften und vom Generalstaatsanwalt von Litauen zur Strafverfolgung ausgestellt wurden. Ihnen werden vorsätzliche Tötung und schwere Körperverletzung (OG), Diebstahl mit Waffen (PF) bzw. Bandenraub oder Raub mit Waffen (PI) zur Last gelegt. Die drei Betroffenen machen geltend, die deutschen Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwalt von Litauen seien nicht zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehlsbefugt, da sie keine „Justizbehörde“ im Sinne des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl seien. In Bezug auf die deutschen Staatsanwaltschaften tragen OG und PI insbesondere vor, sie seien nicht von der Exekutive unabhängig, da sie zu einer Verwaltungshierarchie unter der Leitung des Justizministers gehörten, so dass die Gefahr einer politischen Einflussnahme bestehe. Der Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) und der High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) ersuchten den Gerichtshof in diesem Kontext um die Auslegung des Rahmenbeschlusses. Da PI sich aufgrund des gegen ihn ergangenen Europäischen Haftbefehls in Irland in Haft befindet, hat der Gerichtshof dem Antrag des High Court stattgegeben, das PI betreffende Vorabentscheidungsersuchen dem Eilvorabentscheidungsverfahren zu unterwerfen. In seinen heutigen Urteilen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Staatsanwaltschaften eines Mitgliedstaats, die wie die deutschen Staatsanwaltschaften der Gefahr ausgesetzt sind, im Rahmen des Erlasses einer Entscheidung über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen zu werden, nicht unter den Begriff „ausstellende Justizbehörde“ im Sinne des Rahmenbeschlusses fallen. Der als eine strukturell von der Judikative unabhängige Stelle für die Verfolgung von Straftaten zuständige Generalstaatsanwalt eines Mitgliedstaats wie der Generalstaatsanwalt von Litauen, dessen Status ihm eine Gewähr für Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive im Rahmen der Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls verschafft, fällt hingegen unter den genannten Begriff.

https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_2067371/de/

Eine Antwort

  1. Da muß erst der EuGH kommen, um uns Deutschen klar zu machen, dass da wo etwas nicht stimmen kann, wenn die StA nur das anklagen darf, was die Politik zuläßt.
    Erstaunlich, dass das noch niemanden in der BRD aufgefallen ist, wo man doch jahrzehntelang die DDR Rspr. damit als völkerrechtswidrig einstufte.

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