Organstreitverfahren des Berliner CDU-Abgeordneten Evers teilweise erfolgreich – Antrag auf Akteneinsicht teilweise begründet.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2019 hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (VerfGH) im Organstreitverfahren VerfGH 17/19 dem Antrag des CDU-Mitglieds des Berliner Abgeordnetenhauses Stefan Evers stattgegeben. Der Abgeordnete hatte ursprünglich die Feststellung begehrt, dass der Senator für Inneres und Sport ihm zu Unrecht Einsicht in Akten verweigert hat, die im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Einordnung des Senats zum Volksbegehren „Artikel-Gesetz für mehr Sicherheit und Datenschutz in Berlin“ stehen. Soweit sein Antrag auch auf Akteneinsicht in Unterlagen bezogen war, die den Beschlussvorschlag des Senators für Inneres und Sport zur Standpunktbildung des Senats gegenüber dem Abgeordnetenhaus betreffen, hat er diesen zurückgenommen.

Der VerfGH hat nun entschieden, dass Akteneinsichtsrecht für die bei der Prüfung der Zulässigkeit des Volksbegehrens entstandenen Unterlagen besteht. Diese Unterlagen sind dem Senator für Inneres und Sport in seiner Funktion als Verwaltungsspitze zuzuordnen. Gründe, die einer Akteneinsicht entgegenstehen, fehlen.

Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 12. Juni 2019 – VerfGH 17/19 – finden Sie hier: https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.819704.php

Hinweis:

Artikel 45 Absatz 2 der Verfassung von Berlin lautet:

Jeder Abgeordnete hat das Recht, Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Verwaltung zu nehmen. Die Einsichtnahme darf abgelehnt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen einschließlich des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung oder überwiegende private Interessen an der Geheimhaltung dies zwingend erfordern. Die Entscheidung ist dem Abgeordneten schriftlich mitzuteilen und zu begründen. Das Einsichtsrecht in Akten oder sonstige amtliche Unterlagen der Verfassungsschutzbehörde bleibt den Mitgliedern der für die Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde zuständigen Gremien nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften vorbehalten.

Quelle: Berliner Justizsenat

„Widerstand lohnt sich.“

Der CDU-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus und Generalsekretär der CDU Berlin, Stefan Evers, erklärte heute zum Beschluss des Berliner Verfassungsgerichtshofs:
 
„Endlich zeigt das Verfassungsgericht rot-rot-grüner Willkür erste Grenzen auf. Das lässt angesichts der Diskussionen um Enteignungen, Mietendeckel und Co. für die Zukunft hoffen, dass Grundsätze des Rechtsstaats auch in Berlin nicht völlig außer Kraft gesetzt sind. Traurig genug, dass man als Abgeordneter ein halbes Jahr lang um seine verfassungsmäßigen Rechte kämpfen muss. Die Entscheidung des Gerichts zeigt aber, dass der Widerstand sich lohnt!
 
Die krachende Niederlage des Innensenators vor dem Verfassungsgericht ist peinlich, und sie ist in jeder Hinsicht verdient. Andreas Geisel soll die Verfassung schützen, und sie nicht brechen! Ich erwarte, dass mir jetzt unverzüglich Einsicht in alle Akten zur rechtlichen Bewertung des Video-Volksbegehrens gewährt wird. Ich bin überzeugt, dass der Innensenator das Volksbegehren aus politischen Gründen verzögert und die rechtlichen Gründe dafür nur vorgeschoben sind. Dass Andreas Geisel sich so vehement gegen parlamentarische Kontrolle wehrt, lässt daran wenig Zweifel.
 
Ich kann nur hoffen, dass die Trickserei des Innensenators nun ein Ende hat. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist klar und deutlich. Die Richter haben die Argumente der Innenverwaltung so gründlich zerpflückt, dass man sich fragen muss, ob Verfassungsfragen bei Andreas Geisel richtig aufgehoben sind.“

Stellungnahme der Berliner Innenverwaltung zur Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Volksbegehren Video.


Streitgegenstand war ein Akteneinsichtsantrag des MdA Stefan Evers gegenüber der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Dieser Antrag betraf ursprünglich sämtliche Akten, die im Zusammenhang mit der Prüfung der Zulässigkeit des Volksbegehrens Videoüberwachung und der Vorbereitung des Senatsbeschlusses entstanden waren, der letztlich zur Vorlage dieses Volksbegehrens an den Verfassungsgerichtshof führte.

Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hatte die Akteneinsicht im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, dass die Akten zur Vorbereitung der Senatsentscheidung dem unmittelbaren Regierungshandeln zuzuordnen seien und dem verfassungsrechtlichen geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfielen. In diesen Fällen kommt nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung eine Akteneinsicht auch durch Abgeordnete nicht in Betracht.

Der Verfassungsgerichtshof hat nunmehr eine differenzierte Betrachtung vorgenommen: Danach unterfallen die Vorbereitungen für den politischen Standpunkt des Senats dem Regierungshandeln sowie dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Sie sind daher einer Akteneinsicht durch Abgeordnete weiterhin nicht zugänglich.

Anders verhält es sich nach Ansicht des Gerichtshofes bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des Volkbegehrens, insbesondere die Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit. Hier erfülle die Senatsverwaltung eine „schlichte“ Verwaltungsaufgabe. Diese müsse für Abgeordnete im Rahmen  der Akteneinsicht zugänglich sein.

In der Sache hat der MdA Stefan Evers somit nur teilweise gewonnen. Der Vorwurf, wir würden etwas verschleiern, trifft nicht zu. Auch den Vorwurf der Verschleppung weisen wir zurück. Herr Evers bekommt jetzt Akteneinsicht in dem vom Verfassungsgerichtshof zugesprochenen Umfang.

Ganz unabhängig von diesem Verfahren hat der Senat seine Gründe für die Vorlage an den VerfGH in einer öffentlich zugänglichen Vorlage an das Abgeordnetenhaus sehr ausführlich dargelegt, so dass sich jede und jeder Interessierte über die rechtliche Argumentation im Detail informieren kann.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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