Wahl zwischen Pest und Cholera.

Die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern sind gelaufen. Einen Tag danach herrscht angesichts des Erfolges der AfD immer noch Ratlosigkeit und Entsetzen bei den Parteien und der Bevölkerung.

Peter Ritter, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Schweriner Landtag, gab dazu folgendes Statement gegenüber der TP Presseagentur Berlin ab:

„Es dauert sicherlich noch einige Zeit, bis wir unsere bittere Niederlage verdaut und vor allem die Ursachen analysiert haben. Es gibt nichts schönzureden, wir haben unser Wahlziel bei weitem verfehlt. Dies hat aus meiner Sicht nicht an unserem Wahlkampf, den engagierten Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern gelegen.

Es herrscht im Land eine tiefe Verunsicherung und Orientierungslosigkeit bei den Menschen im Land, die nicht einmal sagen können, warum sie die AfD wählen. Überall war im Wahlkampf eine „Das ist mir egal“-Stimmung zu spüren.

Es bleibt auch festzuhalten, dass alle demokratischen Parteien verloren haben. Dies ist für mich auch Ausdruck eines Demokratiedefizits, eine Sorge, die alle Demokratinnen und Demokraten umtreiben muss. Hinzu kommt, dass 60 Prozent der AfD-Wähler sagen, dass die Positionen dieser Partei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das ist mehr als bedenklich.“

Die LINKEN in Mecklenburg-Vorpommern können aber immer noch darauf hoffen, dass es zumindest Koalitionsverhandlungen mit ihnen gibt. Da sich Ministerpräsident Erwin Sellering nicht auf eine Koalition mit der CDU festlegen will, bliebe ein Regierungsbündnis mit den LINKEN offen. Damit hätte man in der Vergangenheit auch gute Erfahrungen gemacht, erklärte ein SPD-Abgeordneter der TP Presseagentur.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Schwerin, Stefanie Drese, erklärte trotz der nicht unerheblichen Verluste ihrer Partei gegenüber der TP Presseagentur:

„30,6 % und 26 von 36 Direktmandaten sind in diesen Zeiten ein starkes Ergebnis. Wir haben unsere Wahlziele erreicht. Wir wollten stärkste Partei werden und mehrere Optionen zur Regierungsbildung. Das hätte uns vor einigen Wochen kaum einer zugetraut. In absoluten Zahlen haben wir sogar um rund 4.000 Stimmen gegenüber 2011 zugelegt.“

Ein CDU-Abgeordneter, der nicht genannt werden will, meinte dagegen resigniert gegenüber der TP Presseagentur: „Der Wähler hat immer die Wahl zwischen Pest und Cholera, am Ende gewinnt immer eine von beiden Varianten.“

Von den GRÜNEN war heute niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

TP/dj

Die Endergebnisse der Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern können unter folgenden Links abgefragt werden:

http://service.mvnet.de/wahlen/2016_land/showHtmlContent.php?folder=2016_land&datei=L_Proz_Erst.htm


http://service.mvnet.de/wahlen/2016_land/dateien/atlanten/ergebnisse.2016/landtagswahl.html

2 Antworten

  1. Ich stimme mit Herrn Ritter überein, wenn er die Demokratiedefizite in der Gesellschaft anspricht, die alle Demokraten beschäftigen muss. Ich habe nur erhebliche Zweifel daran, dass sich Demokratie auch durchsetzt. Bisher ist nichts in dieser Richtung erkennbar, weder im Bund noch im Land. Die AfD-Ergebnisse sind ja nicht vom Himmel gefallen. DIE LINKE kann nicht wegradieren, was SPD und CDU befördern: Einen massiven Sozialabbau, der aus Sicht vieler Wähler dazu führt, endlich einen deutlichen Warnschuss abzugeben. Der Vertrauensverlust in die Politik und die Politiker ist groß, nicht allein aufgrund des Sozialabbaus. Noch immer werden AfD-Wähler in die rechte Ecke gestellt. Das ist sicher das leichtere Argument; denn so braucht es die Auseinandersetzung mit der eigenen Politik auf Bundes- und auf Landesebene nicht.

  2. Wer ist denn nach Meinung von Herrn Ritter für die angesprochenen Demokratiedefizite verantwortlich? Und dann die Partei Die Linke will eine Friedenspartei sein, tritt ein für soziale Gerechtigkeit, Raus aus der NATO, gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr, ist gegen Hartz IV. Das waren die hauptsächlichen Bundesthemen, die allesamt nur um der Regierungsbildung wegen schon zur Disposition gestellt wurden. Im Land hat die Linke gegen die Kreisgebietsreform, gegen die Theaterreform, für eine bessere Bildung, gegen die Gerichtsstrukturreform gekämpft. Für alle Themen ist die SPD ein Hauptverursacher einer desaströsen Politik gegen den Willen vieler vieler Menschen gewesen. Das wiederum hat zu der am 04.09. entstandenen Sitzverteilung geführt. Sicher hat auch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung eine wichtige Rolle gespielt. Die Linke hat aber 5,2% der Stimmen verloren und das nicht weil die Wähler verstärkt an die Wahlurnen geströmt sind und AfD gewählt haben ohne nachzudenken, sondern weil sie hier im Land, aber auch z.B. in Sachsen-Anhalt und genauso im Bund nicht mehr gehört wird. Und das wiederum liegt daran, dass sie mit einer neoliberalen Partei koalieren will, um eben auch an die Futtertröge der Macht zu wollen. Die Frage lautet z.B. ganz einfach: was macht ein Betroffener der geglaubt hat, diese Partei setzt sich für grundlegende Verbesserungen im Hartz IV System ein? Dann erklären führende Politiker, sie wollen mit der SPD koalieren, einer Partei die das ganze menschenverachtende Dreckssystem in Gesetzesform gegossen hat, einer Partei, die im vorigen Jahr Hartz IV als grandiosen Erfolg feierte, und in diesem Jahr das so genannte Rechtsvereinfachungsgesetz, auch mit Zustimmung der SPD in MV im Bundesrat, auf den Weg gebracht hat? Im Falle einer Koalition mit der SPD ist Linke Politik auf dem Gipfel der Unglaubwürdigkeit angelangt. Diese Partei, deren Mitglied ich bin wäre dann absolut nicht mehr meine politische Heimat.

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