Piraten von Bord getrieben, „AfD“ drin und FDP auf Kurs.

Piraten abgesoffen, CDU steht das Wasser bis zum Hals (rot-schwarz keine Mehrheit mehr), Grüne und Linke jubeln, FDP streckt den Kopf leicht aus dem Wasser, SPD vorn – aber wie die CDU mit Verlusten.

Schon bei der Hochrechnung um 18:00 Uhr senkten die Piraten die Köpfe und waren den ganzen Abend nicht mehr ansprechbar. Bei den Grünen und den Linken brach dagegen Jubel aus. Die FDP konnte es wohl nicht so richtig fassen: Wieder drin! Satte 6,5 Prozent. Es zeichnet sich eine neue Regierungskoalition in Berlin ab. Alle haben es begriffen.

Hochrechnung um 18:00 Uhr: SPD 23 (-5,3), CDU 18 (-5,4), Grüne 16,5 (-1,1), Linke 16,5 (+ 4,8), Piraten 2,0 (-6,9), FDP 6,5 (+4,7), „AfD“ 11,5 (+11,5), Andere 6,0 (-2,3).

Um 23.21 Uhr folgende Zahlen: SPD 21,6 (-6,7), CDU 17,6 (-5,7), Grüne 15,2 (-2,4), Linke 15,6 (+3,9), Piraten 1,7 (-7,2), FDP 6,7 (+4,9), „AfD“ 14,1 (+14,1), Andere 7,5 (-0,9).

Die „AfD“ legte sogar noch zu. Auf die offensichtliche Abwahl der rot-schwarzen Regierung hatte das jedoch keinen Einfluss mehr zu diesem Zeitpunkt – und es blieb auch insoweit dabei.

Justizsenator Heilmann (CDU) auf die Frage der TP Presseagentur, wie es nun für die CDU weitergehe, sagte er ausweichend, eher verlegen: Das wird man nun abwarten müssen.

Antje Kapek, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, sieht dagegen „rot-schwarz“ eindeutig gescheitert. Gegenüber der TP Presseagentur sagte sie: Wir sind absolut zufrieden mit dem Wahlergebnis. Wir haben alle unsere 3 Wahlziele erreicht, vor allen Dingen sei es gelungen, die große Koalition abzuwählen. SPD und CDU hätten keine Mehrheit mehr. Das sei ein gutes Zeichen dafür, dass die Berlinerinnen und Berliner ein Weiterso der Bastapolitik von oben, von Schlammschlacht, von sich gegenseitigem Bekriegen nicht mehr wollten, dass es Zeit für einen Neuanfang sei. Daher sähe sie sich auch darin bestätigt, dass die Grünen ihr historisch bestes Ergebnis von 2011 mehr oder weniger erhalten konnten. Wahrscheinlich in absoluten Zahlen gesehen sogar leicht gesteigert hätten. Damit sei das dritte Ziel näher gerückt ist, nämlich Teil in der nächsten Berliner Regierung zu sein; das werde sich jetzt in den nächsten Wochen zeigen, man sei gespannt auf die Einladung der SPD zu solchen Gesprächen. „Wir gehen auf jeden Fall mit großem Selbstbewusstsein auf diese Einladung ein. Wir sind auch gespannt auf die Worte von Michael Müller vor den Wahlen, nämlich eine Koalition mit der CDU auszuschließen“, betonte sie.

Antje Kapek sieht rechnerisch zwar auch eine Möglichkeit einer rot-gelb-grünen, also einer Ampelregierung, will hier aber erst einmal die nächsten Wochen abwarten; die Schnittmengen sehe sie aber eher bei „rot-grün-rot“.

Prioritäten in einer Regierung mit der SPD sehe sie in der Werbung für einen neuen Politikstil, etwa Verwaltungsmodernisierung, Schulsanierungen.

Gegenüber einer Rekommunalisierung sehe sie die Grünen offen, nicht aber um jeden Preis, sondern nur dann, wenn die Berlinerinnen und Berliner davon profitierten, etwa Preissenkungen bei den Wasserbetrieben oder einer ökologischeren Ausgestaltung.

Angesprochen auf die seit zwei Jahren verkürzten und preislich erhöhten Abrechnungszeiträume bei Vattenfall aus einer möglichen Befürchtung heraus, dass eine Rekommunalisierung ins Haus stehen könnte, sagte Kapek: „Die Energieunternehmen sind ein gutes Beispiel dafür, welchen Scherbenhaufen SPD und CDU hinterlassen haben. Es wird Aufgabe der nächsten Monate sein, hier wieder Struktur reinzubringen, einen Weg zu finden, aus dieser vertrackten Situation, insbesondere mit Vattenfall herauszukommen.“

Hakan Taş, Sprecher der Linksfraktion für Inneres, Partizipation und Flüchtlinge, erklärte gegenüber der TP Presseagentur: „Bei den bestehenden Parteien im Abgeordnetenhaus hat die LINKE als einzige Partei dazugewonnen, alle anderen Parteien haben verloren. Die Piraten sind nicht mehr im künftigen Abgeordnetenhaus dabei, insofern sind wir sehr glücklich über das Ergebnis, sechs bis acht Abgeordnete möglicherweise hinzugewonnen zu haben. Die LINKE wird ganz stark im zukünftigen Abgeordnetenhaus auf jeden Fall vertreten sein. Wie die Zukunft aussehen wird, das werden die neuen Fraktionen intern erst mal bewerten. Und dann werden für die Zukunft der Stadt möglichweise mit anderen Parteien Gespräche geführt.“

Angesprochen darauf, dass die LINKEN mit zum Verkauf landeseigener Betriebe und Wohnungen beigetragen haben und somit mit dafür verantwortlich waren, und ob hier eine Rekommunalisierung geplant sei, erwiderte Taş: Nach dem Bankenskandal von damals hat ja die damalige rot-rote Regierung viele Schulden leider übernehmen müssen. Da die Schulden zurückgezahlt werden mussten, gab es – da wir sparen mussten – keine andere Lösung. Die GSW hatte 1,7 Milliarden Schulden. Der Verkauf war aus meiner Sicht ein Fehler und das wird es auch aus meiner Sicht nicht mehr geben. Wir werden den Wohnungsstand in den nächsten fünf Jahren erhöhen. 100.000 Wohnungen müssen in den nächsten 5 Jahren dazukommen, bezahlbare selbstverständlich. Darum wird sich die LINKE in Berlin zumindest sorgen. Das wird auch oberste Priorität sein, auch soziale Gerechtigkeit, dass die Rechte in der Stadt für alle gleich gelten müssen. Wir werden uns auch für eine Bundesratsinitiative stark machen, dass die Menschen, die seit 50 Jahren in Deutschland, in Berlin leben, endlich Wahlrecht auf kommunaler Ebene bekommen.

Woher angesichts der Schuldensituation Berlins das Geld kommen solle, wenn der Rückkauf von verkauften Immobilien geplant sei, verwies Hakan Taş auf einen jährlichen Überschuss von 500.000 Millionen Euro. Die Frage werde aber sein, „wenn wir etwas zurückkaufen wollen in einer möglichen Koalition, müssen wir auch die anderen Parteien davon überzeugen, wir werden auf jeden Fall auf gleicher Augenhöhe mit den anderen Parteien darüber sprechen, das Geld ist auf jeden Fall dafür vorhanden“.

Da die Zinsen auch so günstig seien wie noch nie, könne Berlin auch wieder Kredite aufnehmen, ohne dass man dafür extra Zinsen bezahlen müsse, ergänzte Taş.

Auf die Frage, welche Koalitionskonstellationen er sich vorstellen könne, sagte Taş: Da der Regierende Bürgermeister anderen Koalitionsmöglichkeiten eine Absage erteilt hat, werde es wahrscheinlich zu einer rot-rot-grünen Regierung kommen.

Dietmar Jochum, TP Berlin

Foto: Antje Kapek (links) und Hakan Taş

Bildquelle: TP Presseagentur

Ergebnisse: www.wahlen-berlin.de

Direkt-Link zu den Ergebnissen: https://www.wahlen-berlin.de/wahlen/BE2016/afspraes/index.html

Eine Antwort

  1. Endlich, die CDU ist auf Orginalmaß gestaucht worden – Henkel, Heilmann und Co., denen kann man keine Tränen nachweinen. Bei den Piraten ist das schon anders, schade dass die Medien (Springer-Presse) nur die Querelen interessiert hat und nicht die Sacharbeit im Parlament. Stattdessen nun wieder die Muß-nicht-sein-Partei in Gelb – was die Wähler sich dabei gedacht haben!? Zum Glück gibt es die Linke, die sich mal wieder verbessern konnte. Ob man die Grünen unbedingt braucht?, eine Partei, die sich anpasst, vornehm ausgedrückt, Heuchler ist da noch der netteste Ausdruck, der mir zu denen einfällt. Und dann eine Partei, auf die die Welt gewartet hat!, die AfD, blau angemalte braune Kackhaufen, die immer noch den aufrechten Gang üben – und das mit über 10 %, dank der Unfähigkeit der CDU und SPD, Klasse gemacht. Und ganz zum Schluss, weil eh das Letzte, die SPD, da schüttelt es mich – nun können Müller und Co. weiter die Steuermillionen nur so rausschmeißen für BER und andere Projekte. Während Schulen, Kitas usw. auseinanderfallen, schmeißt die SPD Millarden in ein Flughafenprojekt und streicht Gelder für Einrichtungen, die Obdachlosen helfen sollen; mann, mann SPD, was für ein trauriger Haufen mit dem Bürgermeister Müller – Müller wer? Das ist der Versager schlechthin, aber die SPD scheint nichts anderes zu finden, also wird weiter gemüllert. Ich hoffe nur, dass die Linke, falls es zu einer Koalition mit der SPD kommt, Herrn Müller ordentlich auf die Finger haut.

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