ZDF-Journalistin Birte Meier obsiegt vor dem Bundesarbeitsgericht – Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz (Entg-TranspG) haben „Beschäftigte“ zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16. Nach § 5 Abs. 2 EntgeltTranspG sind u.a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes. Die Begriffe „Arbeitnehmerin“ und „Arbeitnehmer“ in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Entg-TranspG sind nicht eng i.S.d. Arbeitnehmerbegriffs des innerstaatlichen Rechts, sondern unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit dem Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie 2006/54/EG weit auszulegen. Danach können im Einzelfall auch arbeitnehmerähnliche Personen i.S.d. innerstaatlichen Rechts Arbeitnehmer i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 Entgelt-TranspG sein.

Die Klägerin ist für die Beklagte – eine Fernsehanstalt des öffentlichen Rechts – seit 2007 als Redakteurin tätig. Zunächst kam sie als online-Redakteurin auf der Grundlage befristeter Verträge zum Einsatz. Seit Juli 2011 befindet sie sich in einem unbefristeten Vertragsverhältnis, nach dem sie „bis auf weiteres“ als freie Mitarbeiterin gemäß einem bei der Beklagten geltenden Tarifvertrag beschäftigt wird und eine Tätigkeit als „Redakteurin mit besonderer Verantwortung“ ausübt. Aufgrund rechtskräftiger Entscheidung des Landesarbeitsgerichts steht fest, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin iSd. innerstaatlichen Rechts ist. Mit Schreiben vom 1. August 2018 begehrte die Klägerin vom Personalrat Auskunft nach § 10 Abs. 1 Entg-TranspG. Dieser antwortete nach Rücksprache mit der Personalabteilung der Beklagten, dass die Klägerin als freie Mitarbeiterin nicht unter das Entgelttransparenzgesetz falle und deshalb keinen Auskunftsanspruch habe. 

Das Landesarbeitsgericht hat die gegen die Beklagte gerichteten Klageanträge auf Erteilung von Auskunft über 1. die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung und 2. über das Vergleichsentgelt abgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin iSd. innerstaatlichen Rechts und als arbeitnehmerähnliche Person nicht Beschäftigte iSd. § 5 Abs. 2 Entg-TranspG sei, weshalb sie keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte habe.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 10 Abs. 1 Entg-TranspG Auskunft über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung verlangen, da sie als freie Mitarbeiterin der Beklagten „Arbeitnehmerin“ iSv. § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG und damit Beschäftigte iSv. § 10 Abs. 1 Satz 1 Entgelt-TranspG ist. Die Begriffe „Arbeitnehmerin“ und „Arbeitnehmer“ in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Entg-TranspG sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit dem Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie 2006/54/EG weit auszulegen, da es andernfalls an einer Umsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung beim Entgelt und zur entgeltbezogenen Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer bei gleicher oder als gleichwertig anerkannter Arbeit im deutschen Recht fehlen würde. Eine – zwingend erforderliche – ausreichende Umsetzung ist bislang weder im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) noch ansonsten erfolgt. Erst das Entgelttransparenzgesetz enthält Bestimmungen, die auf die Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2006/54/EG zur Entgeltgleichheit gerichtet sind. Ob die Klägerin gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erteilung von Auskunft über das Vergleichsentgelt hat, konnte der Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Insoweit hat der Senat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Februar 2019 – 16 Sa 983/18

BAG stärkt Rechte von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten.

Als wichtigen Erfolg für die Stärkung der Rechte von arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeitenden hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die heutige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) begrüßt, dass auch fest-freie Beschäftigte einen Anspruch auf Auskünfte nach dem Entgelttransparenzgesetz haben. „Das Gericht hat klargestellt, dass arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den Beschäftigten eines Unternehmens zu zählen sind und damit die gleichen Rechte auf Auskunft haben wie ihre festangestellten Kolleginnen und Kollegen“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz.

Geklagt hatte die ZDF-Journalistin Birte Meier. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte ihren Auskunftsanspruch zuvor verneint. Zwar sei die Entscheidung des BAG begrüßenswert, bleibe jedoch nur ein Teilerfolg, schränkte Schmitz ein. Dies gelte sowohl mit Blick auf die noch immer fehlende Entgeltgerechtigkeit zwischen Frauen und Männern als auch mit Blick auf die Gleichberechtigung zwischen arbeitnehmerähnlichen Freien und Festangestellten.

So hätten feste-freie Mitarbeitende anders als die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb keine wirksame Interessenvertretung.
„Hier stellen wir ein erhebliches Demokratiedefizit fest, besonders in Bereichen, wie etwa dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo die Zahl der arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten stetig zunimmt. Das ist nicht akzeptabel“, kritisierte Schmitz. ver.di fordere deshalb eine dringende Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*