VG Meiningen rügt Fake-Medienberichte.

Zur Disziplinarklage gegen einen Professor der Universität Erfurt wegen wiederholter Annäherung an Studentinnen, sah sich das Verwaltungsgericht Meiningen aufgrund von teilweise verfälschenden Darstellungen in den Medien über das Urteil der Disziplinarkammer (des VG Meiningen) vom 29.10.2020 veranlasst, zu seiner Presseerklärung vom 03.11.2020 (Nr. 6/2020) die Medienvertreter auf den genauen Inhalt dieser Presseerklärung zu verweisen (unten als Anlage angefügt).

Zur Klarstellung wies das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass dem Beamten in dem Disziplinarverfahren sowie dem zugrundeliegenden Strafverfahren nicht vorgeworfen wurde, sexuelle Dienste bzw. Handlungen im Gegenzug für bessere Noten gefordert oder erlangt zu haben. Ein solches Verhalten, das im Übrigen strafrechtlich als Bestechlichkeit zu werten und im Strafverfahren mit einer erheblich höheren Strafe von bis zu 5 Jahren zu ahnden gewesen wäre, habe der Dienstherr des Professors im Rahmen seiner Ermittlungen nicht festgestellt. Solche Vorwürfe seien auch nicht als Dienstpflichtverletzung im Rahmen der Disziplinarklage erhoben worden.

Gegenstand der Vorwürfe und des Disziplinarverfahrens und der Klage waren:

1. zwei in seinem Dienstzimmer geführte Gespräche mit einer Studentin, in der er diese aufgefordert habe, mit ihm eine sexuelle Beziehung zu beginnen, in einem Gespräch verknüpft mit einem Hinweis auf seine Position als Professor und

2. ein einvernehmlicher sexueller Kontakt mit einer Studentin in seinem Dienstzimmer, der auf seine Initiative zustande gekommen sein soll.

Text der Presseerklärung Nr. 6/2020 vom 03.11.2020:

Die Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht Meiningen, hat am 29.10.2020 über die Disziplinarklage des Ministerium für Wissenschaft des Freistaates Thüringen gegen einen Professor der Universität Erfurt verhandelt, in der es um dessen Entfernung aus dem beamteten Dienstverhältnis ging.

Der Beklagte wurde am 19.02.2008 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit als Professor für das Fach „Wissenschaftsphilosophie“ an der Universität Erfurt ernannt. Er ist seit dem 29.10.2019 rechtskräftig mit Strafbefehl des Amtsgerichts Erfurt wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung im besonders schweren Fall, zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu 117,- € verurteilt worden. Diese Tathandlungen, in denen es um sexuell motivierte Annäherungen an Studentinnen ging, sind Gegenstand des Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten. Mit der Disziplinarklage wird dem Beklagten vorgeworfen, zwei weibliche Studierende belästigt zu haben, wobei es mit einer der Studentinnen zu sexuellem Kontakt gekommen sei. Mit der Disziplinarklage beantragte das Ministerium deswegen den Disziplinarbeklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

In der mündlichen Verhandlung hat sich der Beklagte nach Belehrung durch die Kammer zur Sache eingelassen und die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Außerdem hat die Kammer eine der beiden betroffenen Studentinnen als Zeugin vernommen.

Die Disziplinarkammer bewertete die sexuell motivierten Annäherungen an die beiden Studentinnen als ein achtungs- und vertrauensunwürdiges Verhalten des verbeamteten Professors, das als gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten ein erhebliches Dienstvergehen des Beklagten darstellt. Die planmäßige Suche nach Sexualkontakten in der Universität rechtfertigte nach Überzeugung der Disziplinarkammer allerdings noch nicht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, denn die (volljährigen) Studentinnen sind keine Schutzbefohlenen mehr, sondern vielmehr längst erwachsene Personen. Daher sind durchaus sexuelle Kontakte zwischen an einer Hochschule tätigen Lehrenden und Studierenden ohne Verletzungen der Dienstpflichten denkbar. Ob es sich dabei um ein übergriffiges Verhalten des Professors handelt, muss vielmehr im konkreten Einzelfall bewertet werden. Für das Dienstvergehen verhängte die Disziplinarkammer gegen den beklagten Professor die Kürzung seiner Dienstbezüge um 20% für die Dauer von 30 Monaten (gesetzlich maximal möglich wären 36 Monate). Nachdem der Beklagte für diese Taten bereits strafrechtlich zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen á 117,- € verurteilt worden war, konnte hier eine Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 ThürDG nur deshalb ausgesprochen werden, weil diese Disziplinarmaßnahme zusätzlich erforderlich war, um den Beamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und um das Ansehen des Beamtentums zu wahren. Die Kammer hielt die Voraussetzung der zusätzlichen Pflichtenmahnung trotz der Seite 3 von 3 geständigen Einlassung gegenüber dem Beklagten für erforderlich. Außerdem war die Maßnahme auch zur Wahrung des Ansehens des Beamtentums nötig.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, dagegen kann noch Berufung beim Thüringer Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

Fotoquelle: By Universität Erfurt – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22193700

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