„Ehrenmord“ in Salzgitter – BGH bestätigt Schuldspruch des Schwurgerichts.

Mit Urteil vom 13.02.2020 hatte die 9. große Strafkammer des Landgerichts Braunschweig als Schwurgericht nach einem sechsmonatigen, umfangreichen Indizienprozess den 33 Jahre alten Angeklagten wegen Mordes und Verstoßes gegen das WaffG zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt.

Hintergrund war ein Tatgeschehen auf einem Parkplatz in Salzgitter-Lebenstedt am 26.01.2019. Der Verurteilte hatte am Abend in der Nähe der Wohnung des Freundes seiner Schwester auf einem Parkplatz auf diesen gewartet. Als der Freund aus dem Pkw ausgestiegen war, gab der Verurteilte überraschend und unvermittelt fünf Schüsse auf ihn ab, um ihn zu töten. Das Opfer verstarb gegen 21:30 Uhr im Krankenhaus in Salzgitter an den Schussverletzungen. Der Angeklagte, der einer muslimischen Familie angehört, tolerierte die Beziehung seiner Schwester zu ihrem Freund mit christlicher Religionszughörigkeit nicht. Wegen der familiären Schwierigkeiten war die Schwester des Angeklagten bereits an einen unbekannten Ort geflohen. Weil seine Schwester nach seiner Ansicht von dem muslimischen Glauben abgekommen war und er die Beziehung mit dem Jesiden nicht akzeptierte, tötete er den Freund.

Gegen das Urteil hatte der Angeklagte Revision eingelegt. Mit Beschluss vom 03.11.2020 hat der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Az. 6 StR 326/20) die Revision des Angeklagten zum überwiegenden Teil verworfen. Der Schuldspruch und die verhängte lebenslange Freiheitsstrafe sind damit rechtskräftig.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren nur zur Frage der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Braunschweig zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass zwei von der 9. Strafkammer in dem Urteil näher ausgeführte Gründe für die Annahme der besonderen Schwere der Schuld nicht hinreichend tragfähig seien. Ob jedenfalls potentiell die Gefahr bestanden habe, dass bei den fünf Schüssen in der Dunkelheit auch Dritte durch Querschläger hätten gefährdet werden können, sei nicht hinreichend festgestellt. Hierzu fehle es an Ausführungen, ob und wo sich weitere Menschen konkret zur Tatzeit aufgehalten hätten.

Ein Termin zur Hauptverhandlung steht noch nicht fest.

Zum Hintergrund: Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld hat für die Strafvollstreckung Bedeutung. Wurde diese vom Tatgericht festgestellt, hat später die Strafvollstreckungskammer bei der Prüfung, ob eine lebenslange Freiheitsstrafe nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann, im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch zu prüfen, ob nicht die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung gebietet.

§ 57a Strafgesetzbuch

Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe

Abs. 1

Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,

2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und 3.die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.

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