Forderung nach Priorisierung von Gefangenen bei der Corona-Impfung.

Schon zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland hat die Deutsche Aidshilfe im Auftrag einer Reihe anderer Organisationen und Verbände auf die besonders gefährdete Situation von Gefangenen und Untergebrachten in Gefängnissen und gefängnisähnlichen Institutionen (Forensische Psychiatrie, Abschiebungshaft, Polizeigewahrsam u.ä.) in einem Brief an die Justizministerien der Länder hingewiesen:

„Hier sind Menschen untergebracht, die wesentlich häufiger von schweren Vorerkrankungen betroffen sind als die Gesamtbevölkerung. Wie Sie wissen, leidet der Justizvollzug schon seit längerer Zeit an einem Ärztemangel, freie Stellen können aufgrund fehlender geeigneter Bewerber*innen nicht nachbesetzt werden. Ein weiteres Problem ist, dass viele Menschen auf engem Raum untergebracht sind und die baulichen Gegebenheiten oftmals eine gute Zufuhr frischer Luft erschweren. Dies alles sind Faktoren, die eine Ausbreitung dieses Virus begünstigen.“

Ähnliches gelte für das in solchen Anstalten beschäftigte Personal. Dennoch gibt es ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie nur sehr lückenhafte Angaben über das Ausmaß der Infektionen in diesen Einrichtungen. Nur das Justizministerium von NRW veröffentlicht Inzidenzzahlen für Gefangene und Bedienstete in Justizvollzugsanstalten. Die Senatsverwaltung Justiz von Berlin veröffentlicht entsprechende Zahlen der Gefangenen, aber nicht der Bediensteten.

Unter den Bediensteten im Berliner Justizvollzug gäbe es 96 bestätigte Corona-Fälle, aktuell (Stand 26.01.2021) seien 8 infiziert, teilte die Berliner Justizverwaltung der TP Presseagentur Berlin am vergangenen Dienstag, 26.01.2021, mit. Diese Zahlen würden allerdings „aus Sicherheitsgründen“ nicht veröffentlicht, bestätigte der Senatspressesprecher der Berliner Justizverwaltung lediglich mündlich die telefonische Anfrage.

Diese insgesamt schlechte Informationssituation ist in hohem Maße kritikwürdig. In anderen Staaten werden solche Daten routinemäßig öffentlich zugänglich gemacht. Für die USA wurde festgestellt, dass der Inzidenzwert in Gefängnissen viermal höher ist als außerhalb. Auch in Deutschland besteht die Gefahr, dass sich in totalen Institutionen Infektionsherde bilden, die dann nur schwer zu beherrschen sind und letztlich in die Gesellschaft außerhalb ausstrahlen.

Wir begrüßen, den Beginn der Impfkampagne in Alters- und Pflegeheimen in Deutschland.

Wir fordern, den Gefangenen und Bediensteten in totalen Institutionen, d.h. in Gefängnissen und gefängnisähnlichen Institutionen, entsprechende Priorität einzuräumen.

Strafvollzugsarchiv e.V., Bremen, 28.1.2001
Strafvollzugsarchiv, FH Dortmund
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Deutsche Gesellschaft zur humanen Fortentwicklung des Strafrechts (DGhFS)

Fotoquelle/Collage: TP Presseagentur Berlin

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