Unverkäufliches Haus gilt Jobcenter als Vermögen.

Beitrag aus Panorama 3 vom 18.10.2016.

von Jan Körner.

Roman Benter ist gelernter Maurer. Eine Herzkrankheit hat ihn vor Jahren in die Arbeitslosigkeit gebracht. In Vorpommern ist die Nachfrage nach Menschen wie Benter auf dem Arbeitsmarkt gering. Viele Jahre hat der 56-Jährige vom Jobcenter Hartz-IV bezogen. Doch im Frühjahr 2015 ändert sich das. Sein Antrag auf Verlängerung seiner Hartz-IV-Bezüge wird abgelehnt. Begründung: Er hätte Vermögen und solle dieses erst einmal verwerten. Tatsächlich ist Benter Besitzer eines Eigenheims.

Unverkäufliches Haus gilt Jobcenter als Vermögen

Sozialleistungen erhält Roman Benter nur als Darlehn, seit fast eineinhalb Jahren. Denn für das Jobcenter Anklam ist sein Haus Vermögen – obwohl es als unverkäuflich gilt.

Hartz-IV bekommt er nun solange auf der Basis eines Darlehens, bis er sein Haus verkauft und das damit erwirtschaftete Geld verbraucht hat. Benters Problem: Er findet keinen Käufer. Panorama 3 hat über Roman Benter und den Versuch sein Haus zu verkaufen bereits im vergangenen Jahr berichtet. Sein Haus  steht im ländlichen Raum Vorpommerns, in Müggenburg bei Anklam. Hier ist der Immobilienmarkt schon vor Jahren so gut wie zusammen gebrochen. Viele Makler fahren die Region gar nicht mehr an.

Alle Bemühungen das Haus zu verkaufen scheiterten

Doch die Lage ist nicht Benters einzige Sorge. Jahrelang hat er Hartz-IV bezogen. Ein Haus instand zu halten ist damit fast unmöglich. Das sieht man der Immobilie inzwischen an. An mehreren Außenmauern ist der Putz von der Wand gefallen. Drinnen wellen sich die Tapeten. Und im Garten steht eine halb verfallene Scheune. 300 Quadratmeter groß, Naturstein,  ehemals mit Reet gedeckt. Jetzt ist die Scheune massiv einsturzgefährdet. Sie ist ein großes Verkaufshindernis.

Verwertung muss innerhalb eines halben Jahres erfolgen

Ein weiteres Verkaufshindernis für das Grundstück: Eine baufällig Scheune.

Bis heute hat Benter keinen Kaufinteressenten gefunden. Und bis heute bezieht er sein Hartz-IV-Darlehen. Ein bemerkenswertes Vorgehen des zuständigen Jobcenters in Anklam. Vor allem, wenn man ein Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2009 genauer studiert. In diesem Urteil setzen sich die Richter gezielt mit der Zeitspanne auseinander, in der ein Vermögen verwertet, also zu Geld gemacht, werden muss. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass das innerhalb eines halben Jahres zu geschehen hat. Ist das Vermögen in diesem Zeitraum nicht verwertbar gewesen, darf es auch nicht als Vermögen anerkannt werden.

Jobcenter fühlt sich nicht an Urteil gebunden

Roman Benter bekommt sein Darlehen allerdings seit fast eineinhalb Jahren. Das Jobcenter fühlt sich offenbar nicht an das Urteil gebunden. Weil Benter Klage eingereicht habe würde die Verwertung damit ruhen,  so die Auskunft des Jobcenters gegenüber Panorama 3. Eine Verwertbarkeit, die aber offenbar gleichzeitig von Seiten des Jobcenters angezweifelt wird, so der Eindruck der ehrenamtlichen Sozialarbeiterin Irina Rimkus. Die Linkenpolitikerin hat Roman Benter inzwischen mehrfach bei seinen Terminen zum Jobcenter begleitet. Gleich beim ersten gemeinsamen Termin sei den beiden von Seiten des Jobcenters mitgeteilt worden: „Wir gehen davon aus, dass sich das Haus nicht verkaufen lässt“, erzählt Rimkus.
Dazu teilt uns das Jobcenter auf Anfrage schriftlich mit, dass man dort nicht von einer Unverwertbarkeit ausgehe. Und dass Roman Benter durch die Darlehensgewährung keine finanziellen Einbußen habe.

Klage beim Sozialgericht eingereicht

Roman Benter hat gegen das Vorgehen des Jobcenters Klage beim Sozialgericht in Neubrandenburg eingereicht. Ein Termin, wann das Verfahren eröffnet wird, steht noch nicht fest. So werden sich seine Schulden beim Jobcenter erst einmal weiter anhäufen. Und das Jobcenter ist für Benters Haus als Schuldengeber und damit Gläubiger bereits im Grundbuch eingetragen.

Foto: Kreistagsmitglied Irina Rimkus, macht seit 2005 auch Sozialberatungen

Hier geht’s  zum NDR-Panorama 3-Beitrag > https://youtu.be/ptDSfWdzbqY

2 Antworten

  1. Bin bereit, das Objekt zu einem symbolischen Wert zu erwerben und Herrn Bender im Anschluss als Mieter darin wohnen zu lassen. Mal sehen, ob die Gemeinde Müggenburg oder das Job-Center vom Vorkaufsrecht Gebrauch macht?

    • Ein symbolischer Wert reicht dem Jobcenter nicht. Dessen Gutachten bezifferte den Wert auf 26 T, aktuell auf 13 T€ – Kaum zu glauben, berücksichtigt man alle gesetzlichen Kriterien, die automatisch zum Ausschluss der Verwertbarkeit führen müssten. Sollte Herr Benter Mieter sein, wo auch immer, zahlt das Jobcenter bzw. der Steuerzahler deutlich drauf. Allein diese Tatsache interessiert das Jobcenter aber nicht. Es führt den unsinnigen und diesem Fall völlig rechtswidrigen Verkaufsdruck fort. Betroffene Menschen wie Herr Benter machen die Hölle durch.

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