Menschenrechtsbeauftragte Kofler zur fortgesetzten Untersuchungshaft von Osman Kavala in der Türkei.

Zur fortgesetzten Untersuchungshaft von Osman Kavala in der Türkei sagte die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Bärbel Kofler, heute (26. November 2021):

„Mit dem heutigen Beschluss des Istanbuler Gerichts hat es die Türkei leider versäumt, der seit fast zwei Jahren offenen Forderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach sofortiger Freilassung von Osman Kavala nachzukommen. Das bedauere ich sehr. 

Der Europarat wird nun in wenigen Tagen über sein weiteres Vorgehen in dieser Angelegenheit entscheiden. Für mich ist klar: Es geht dabei nicht nur um die Person von Osman Kavala, auch nicht nur um die Türkei, sondern um den Menschenrechtsschutz in Europa insgesamt. Denn die Umsetzung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist ein Grundpfeiler des Schutzsystems für Menschenrechte, das der Europarat seit seiner Gründung aufgebaut hat. Alle seine Mitgliedsstaaten haben sich in der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards verpflichtet, auch die Türkei. Dazu gehört auch die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. 

Im Interesse aller Menschen in den Staaten des Europarats gilt es daher, dieses System zu bewahren und zu stärken.“

Hintergrund:

Der Kulturmäzen Osman Kavala sitzt seit dem 18. Oktober 2017 in Untersuchungshaft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte am 10. Dezember 2019 fest, dass die überlange Untersuchungshaft von Osman Kavala gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt, und forderte seine sofortige Freilassung. Das Ministerkomitee des Europarats hat die Türkei wiederholt aufgefordert, dieses Urteil umzusetzen. Am 17. September 2021 unterstrich das Komitee der Ministerbeauftragten seine Bereitschaft, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei einzuleiten, falls Osman Kavala nicht bis zu seiner nächsten Sitzung zur Überwachung der Vollstreckung von EGMR-Urteilen, die am 30. November 2021 beginnt, freigelassen werde. Die mündliche Verhandlung am 26. November war der letzte Gerichtstermin vor dieser Frist. 

Am 18. Februar 2020 hatte ein Istanbuler Gericht Herrn Kavala im Zusammenhang mit den sogenannten Gezi-Protesten von 2013 vom „versuchten Sturz der Regierung“ freigesprochen. Er wurde jedoch wegen anderer Anklagepunkte wieder festgenommen. Ein Berufungsgericht hob am 22. Februar 2021 den vorherigen Freispruch auf. Derzeit steht Herr Kavala in der Neuauflage des Gezi-Verfahrens sowie wegen Spionagevorwürfen vor Gericht. Am 2. August 2021 entschied ein türkisches Gericht, diese beiden Fälle mit dem sogenannten Çarşı-Verfahren mit anderen Angeklagten zusammenzulegen. Die Verfahren wurden erstmals am 8. Oktober gemeinsam verhandelt.

Fotoquelle: By Janbazian – File:Osman Kavala at the Armenian Genocide centennial commemoration near Taksim Square, Istanbul (2015).jpg, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=96071831

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