Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Vaterschaftsfeststellungsverfahren.

BVerfG-Beschluss vom 9. Juni 2025 – 1 BvR 422/24.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der der Beschwerdeführer sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Vaterschaftsfeststellungsverfahren wendet.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, insbesondere zeigt sie die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht hinreichend auf.

Sachverhalt:

Dem Ausgangsverfahren vorausgehend hatte die Mutter des Beschwerdeführers erfolglos ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft eines namentlich genannten Mannes geführt. Dieser hatte gegen seine Vaterschaft eingewandt, sich zum Zeitpunkt der behaupteten Zeugung nicht in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) aufgehalten zu haben. Die im Jahr 1975 in der DDR erhobene Klage wurde durch dortige Gerichte ohne die Einholung eines Abstammungsgutachtens abgewiesen. Der Beschwerdeführer selbst hatte erfolglos Anträge auf Verfahrenskostenhilfe für entsprechende Verfahren gestellt.

Der Beschwerdeführer hat im Juni 2023 beim Familiengericht – erneut – Verfahrenskostenhilfe für ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren beantragt. Das Familiengericht hat den Antrag zurückgewiesen und der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es sich maßgeblich auf eine durch den Einigungsvertrag bedingte Regelung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch gestützt, nach der – vereinfacht dargestellt – Entscheidungen zur Abstammung, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts in der DDR ergangen sind, durch die Wiedervereinigung unberührt bleiben.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidungen zur Verfahrenskostenhilfe und rügt unter anderem, dass die Verfahren in der DDR rechtsstaatlichen Anforderungen nicht entsprächen. Es habe damals keine hinreichende Aufklärung stattgefunden; insbesondere beanstandet er die unterbliebene Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Abstammung.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt insbesondere nicht in der gebotenen Weise auf, dass das Kammergericht die maßgeblichen Vorschriften über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe in einer den durch das Grundgesetz gewährleisteten Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit verletzenden Weise ausgelegt und angewendet haben könnte, indem es im Zusammenhang mit der Bedeutung der wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts (ordre public) eine – noch – schwierige oder ungeklärte Rechtsfrage entschieden hätte.

Zwar mag es sich bei der Frage der Vereinbarkeit statusrechtlicher Entscheidungen der Gerichte der ehemaligen DDR mit dem bundesdeutschen ordre public ursprünglich um eine schwierige Rechtsfrage gehandelt haben. Eine Rechtsfrage ist aber nicht mehr im Sinne der verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Rechtsschutzgleichheit als „schwierig“ zu bewerten, wenn bereits vorliegende Rechtsprechung Auslegungshilfen zu ihrer Beantwortung gewährt.

Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, alleine der Umstand, dass eine ausländische Entscheidung die – positiv festgestellte – Vaterschaft ohne Einholung eines Gutachtens ausschließlich auf die Aussage der Kindesmutter stützt, führe noch nicht zu einem Verstoß gegen den ordre public. Die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt erkennen, dass es für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer (positiven) Statusentscheidung mit dem ordre public in den einschlägigen Konstellationen auf eine Gesamtbetrachtung ankommt. Ein Gesichtspunkt allein vermag mithin nicht den Ausschlag zu geben. Vielmehr sind nach dieser Rechtsprechung verschiedene, sich wechselseitig beeinflussende Kriterien zu würdigen. Die Verfassungsbeschwerde geht auf diese Rechtsprechung nicht ein und befasst sich in der Folge auch nicht mit der Frage, ob die in ihr zugrunde gelegten Kriterien eines möglichen Verstoßes gegen den ordre public auch für die vom Kammergericht zu beurteilende Fallgestaltung Bedeutung erlangen. Dass trotz dieser Rechtsprechung schwierigkeitsbegründende Umstände im Zusammenhang mit der Frage des ordre public bestehen, lässt die Verfassungsbeschwerde nicht erkennen.

Quelle: BVerfG-Pressemitteilung Nr. 76/2025 vom 22. August 2025

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