Auf der Gehaltsliste von Pullach.

Udo Ulfkotte hat die Geheimdienste in einem Buch durchleuchtet.

Von Dietmar Jochum, TP Berlin.

Geheimdienste arbeiten, das weiß man nicht erst seit heute, im Verborgenen. Daß sie die Grenzen des gesetzlich Erlaubten regelmäßig überschreiten, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden, ist auch kein Geheimnis. Für sie gilt offenbar nur die Devise: Sei mit allen Wassern gewaschen und laß dich nicht erwischen. Bei was auch immer.
Geheimdienste scheinen, so auch der Rechts- und Politikwissenschaftler Udo Ulfkotte in seinem neuen Buch “Der Krieg im Dunkeln.Die wahre Macht der Geheimdienste“, über den Gesetzen zu schweben. So reiche ihre heimliche Macht wesentlich weiter als an die ihnen gesetzlich zugebilligten Grenzen. Und das in so genannten demokratischen (Rechts-) Staaten.
Um wirtschaftliche, politische und militärische Vorteile für ihr Land zu bekommen, sei den Geheimdiensten zudem jedes Mittel recht. Dabei schreckten sie selbst vor Mord und Terroranschlägen, Waffengeschäften und Drogenhandel nicht zurück.
In der Tat: Als am 10. Juli 1985 Agenten des französischen Auslandsgeheimdienstes DGSE das Greenpeace-Schiff “Rainbow Warrior“ im Hafen von Auckland durch ein Bombenattentat versenkten, scherten sie sich nicht im geringsten um Recht und Gesetz, das Geheimdienste vorgeben, zu verteidigen. Auf die an Bord befindlichen Crewmitglieder nahmen sie keine Rücksicht. Ein unter Deck befindlicher holländischer Fotograph überlebte das Attentat nicht. Die Attentäter wurden später in Frankreich als Helden gefeiert und mit Orden ausgezeichnet. Skandalös: Der französische Präsident Mitterrand habe das Attentat höchstpersönlich angeordnet.
Auch von anderen Geheimdiensten weiß Ulfkotte Skandalöses zu berichten. So etwa, daß die CIA zumindest zum Mord an Patrice Lumumba im Jahre 1961 in Belgisch-Kongo angestiftet, im Jahre 1973 zumindest Pinochet zur Macht verholfen hatte, Entführungen veranlaßte und Foltergefängnisse unterhält, und – um die Kriegsentscheidung gegen den Irak zu rechtfertigen – Berichte gefälscht sowie – eine Spezialität von Geheimdiensten – Desinformationen gestreut hat. Der britische Geheimdienst MI 6 stand dem in nichts nach.
Am Beispiel des israelischen Geheimdienstes Mossad zeigt Ulfkotte, daß dieser bei gezielten Tötungen politisch mißliebiger Personen, vermeintliche oder mutmaßliche Terroristen, keinerlei Hemmungen kennt. Auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher machte nach einer Botschaftsbesetzung in London den von MI 5 und MI 6 gesteuerten Spezial Air Services (SAS) klar, daß sie “kein weiteres Problem außerhalb der Botschaft“ wünschte. Ulfkotte bringt es auf den Punkt: “Sie wünschte keine Gefangenen unter den Terroristen.“ Ein Geiselnehmer überlebte nur deswegen seine vorsätzliche Erschießung, weil es ihm gelang, nach draußen zu fliehen und Fernsehkameras das Geschehen festhielten.
Der Bundesnachrichtendienst (BND), der jüngst Schlagzeilen nicht nur wegen der Bespitzelung von Journalisten machte, werde, so Ulfkotte, wegen seiner Arbeitsergebnisse von anderen Diensten in West wie Ost geschätzt. Allerdings, so der Autor, führte die Nähe des BND zu den neuen Geheimdiensten auf dem Balkan zu absurden Situationen. So habe der BND schon drei Wochen vor den Pogromen des 17. und 18. März 2004 im Kosovo gewußt, daß diese für jene Tage geplant wurden, jedoch nichts unternommen. Der Hauptorganisator der Pogrome, bei dem neunzehn Menschen ums Leben kamen, habe auf der Gehaltsliste von Pullach gestanden. Der Autor zeichnet in der Tat ein erschreckendes Bild von den Geheimdiensten. Zugunsten ihrer Befugnisse würden Bürger- und Freiheitsrechte zunehmend eingeschränkt. Widerstand dagegen sei kaum in Sicht. Datenschützer, die sich zu Wort meldeten, würden überall fast schon wie Vaterlandsverräter betrachtet.
Für Unerschrockene und Wagemutige, die sich beim Geheimdienst unbedingt bewerben möchten, liefert Ulfkotte dennoch deren Internet-Adressen gleich mit. So können zukünftige Agenten z.B. auf der Web-Seite des Mossad einen Fragebogen ausfüllen und Angaben über ihre Ausbildung hinterlassen. Kontaktaufnahme folgt. Bestimmt!

Udo Ulfkotte: Der Krieg im Dunkeln. Die wahre Macht der Geheimdienste. Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 2006, 384 Seiten, 22,90 Euro.

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