Wer soll und darf was und wie entscheiden?

Die Europäische Kommission überschreite ihre Kompetenzen.
Deutscher Bundestag berät über Subsidaritätsrüge zum Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission

Der Deutsche Bundestag wird am morgigen Donnerstag über eine Subsidiaritätsrüge zum Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission beraten. Hierzu erklären der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Joachim Pfeiffer und die zuständige Berichterstatterin Lena Strothmann:

„Die Kommission verstößt mit ihrem Dienstleistungspaket aus unserer Sicht eindeutig gegen den Vertrag von Lissabon und überschreitet damit ihre Kompetenzen. Die Richtlinienvorschläge zum Notifizierungsverfahren und über die Verhältnismäßigkeitsprüfung verletzen die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Der Richtlinienvorschlag und der Verordnungsvorschlag zur Europäischen Elektronischen Dienstleistungskarte werfen mindestens Fragen auf im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Wir begrüßen grundsätzlich das Ziel der EU-Kommission, den Binnenmarkt zu vertiefen. Allerdings sollte die Kommission ihre angekündigte Hilfestellung bei der Umsetzung von Binnenmarktvorschriften in nationales Recht auf freiwilliger Basis vornehmen. Hierzu hat der Deutsche Bundestag die Kommission schon vor einiger Zeit aufgefordert. Darüber hinaus sollte sie bei der Reform des Mitteilungsverfahrens im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie die Einführung einer Stillhalteperiode beim Notifizierungsverfahren umfassend begründen und ihre Tragweite gemeinsam mit den Mitgliedstaaten entwickeln. Gesetzgebungsprozesse dürfen nicht unverhältnismäßig verlangsamt, Bürokratie muss abgebaut werden. Auch der Dienstleistungspass sollte so ausgestaltet werden, dass er zu einem Abbau bürokratischer Formalitäten bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten führt. Gerechtfertigte Anforderungen des Empfängerstaates an den Dienstleister sollten weiter gestellt werden können.

Diesen Forderungen ist die Kommission weitgehend nicht gefolgt. Sie verstößt dabei sogar gegen das Subsidiaritätsprinzip, da sie in einem Bereich tätig wird, der nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fällt und bei dem die Ziele des Binnenmarktes nachweislich besser durch nationale Maßnahmen erreicht werden können. Daher sehen wir das Dienstleistungspaket äußerst kritisch.

Wir stehen mit unserer Ansicht nicht allein. Der Bundesrat will ebenso eine Subsidiaritätsrüge verabschieden wie die Assemblée Nationale in Frankreich. Dies ist ein wichtiges politisches Signal nach Brüssel. Die Regeln der europäischen Verträge müssen eingehalten werden – auch von der Kommission.“

Hintergrund:
Im Rahmen ihrer Binnenmarktstrategie hat die Europäische Kommission am 10. Januar 2017 ihr sog. Dienstleistungspaket vorgestellt. Inhalt des Pakets sind vier Einzelmaßnahmen von denen drei, die Elektronische Europäische Dienstleistungskarte, das Notifizierungsverfahren und die Verhältnismäßigkeitsprüfung von Berufsreglementierungen, als Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Ein weiterer Verordnungsvorschlag zur Dienstleistungskarte soll direkt anwendbares Recht werden. Komplettiert wird das Paket durch eine Empfehlung zur Berufsreglementierung. Das vermeintliche Ziel der Europäischen Kommission ist die Förderung des Wettbewerbs innerhalb der Europäischen Union sowie der Abbau von Hemmnissen und Bürokratie bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen.

 

Koalition rügt Dienstleistungspaket – unverhältnismäßige Einschränkung des Gesetzgebers

Der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie hat heute einem Koalitionsantrag zugestimmt, mit dem eine Subsidiaritätsrüge gegen Teile des Dienstleistungspakets der EU-Kommission erhoben wird.

„Wir wenden uns mit der Rüge nicht gegen das Ziel der EU-Kommission, den Dienstleistungsverkehr in der EU zu erleichtern. Was wir aber ablehnen, ist die unverhältnismäßige Einschränkung demokratisch gewählter Parlamente, wenn es um die Neuregelung von Dienstleistungsberufen geht“, erklärte Sabine Poschmann, zuständige Berichterstatterin der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der SPD-Bundestagsfraktion.

Poschmann im Einzelnen:

„Zur Umsetzung ihrer Binnenmarktstrategie hat die EU-Kommission ein Dienstleistungspaket vorgelegt. Dieses enthält unter anderem einen Vorschlag für ein strenges Notifizierungsverfahren. Demnach könnte die EU-Kommission Veränderungen an der nationalen Gesetzgebung im Bereich der Regulierung von Dienstleistungsberufen aufhalten oder ganz untersagen, wenn diese nach ihrer Auffassung europäischen Vorgaben widersprechen. Außerdem sind bestimmte Berufsregulierungen einer detaillierten und aufwändigen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen.

Wie die EU-Kommission wollen auch wir unnötige Barrieren im Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU abzubauen. Mit ihren Maßnahmen greift die Kommission allerdings tief in die Gesetzgebungsverfahren der Mitgliedstaaten im Bereich der dienstleistenden Berufe ein. Wir sind der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten nach den EU-Verträgen auch weiterhin die Möglichkeit haben müssen, gerechtfertigte Anforderungen an die Zulassung und die Ausübung von Berufen zu regeln. Deshalb haben wir die Initiative für eine Subsidiaritätsrüge ergriffen, die morgen im Plenum des Deutschen Bundestages abgestimmt wird.“

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