Alles unter Kontrolle? Oder?

Prof. Dr. Axel Venn über Trendsetterei in der Politik und entstehenden Überdruss.

Aus dem Hut gezauberte Politikwissenschaftler sollten die Ursachen erläutern, wie es zu den Wahlverschiebungen kam, die die CSU in Bayern, die CDU in Hessen und die SPD in beiden Bundesländern an den Rand eines selbstverschuldeten Komas brachten. – Die Wissenschaftler bemühten sich redlich bis orakelhaft das lemminghafte Verhalten der drei beteiligten Parteien zu klären.

Bis auf die programmatischen, auswechselbaren Konzepte, die zumeist auf der Grundlage – kaum versteckter Taschenspielertricks und Ideenklauerei bei der SPD und anderswo – der Kanzlerin beistanden, wussten sie wenig bescheid. Ich vermute, die Protagonisten der genannten Parteien haben die Fähigkeit verloren, deutlich, klar, sachlich, interessant und narratorisch ihre Politik zu präsentieren.

Politikerkauderwelsch mag ja in Ausschüssen beeindruckend sein. Aber sie beeindrucken die Menschen nicht, besonders dann nicht, wenn sie von ihren gewählten Vertretern als „Jene Leute da draußen“ benannt werden. Das ist schlicht menschenunfreundlich und niederträchtig. Immerhin richten sie ihre Stimmen an den Souverän „da draußen“.

Mehrere lange Wochen vor den Wahlen hatten die Regierungsparteien bayerische Schenkelklopffolklore täglich auf dem Programm. Ein Schlapphut gab den Kasper, die anderen kasperten mit.

Als Trendforscher weiß ich, was passierte: Jeder Trend folgt einer Parabel – langsam beginnend schneller ansteigend bis zum Zenit. Ist der erreicht, entstehen blitzschnell Überdrusshaltungen, die sich zu Untreueaffekten kumulieren. Fort und weg ist der Trend. Trendsetterei funktioniert nur kurzfristig. – so ergeht es großen und kleinen Markenproduzenten. – Politiker sind auch Marken. Sie sollten in der Lage sein, neue Trends zu generieren. „Agieren statt Reagieren“ lautet die Zauberformel!

Da Politiker schon fleißig sind, müssen sie nicht noch fleißiger werden. Gut, wenn sie Leidenschaft, Kultur und Klugheit und Kennerschaft, vielleicht ein bisschen Kompetenz besitzen.

Auch gut, wenn Sie Charisma, Empathie, Offenheit, Weltläufigkeit mitbringen und mehr als nur ein Prise Schläue.- Die Welt kennen und „Europa first“ benennen.

Unfehlbarkeit wird nicht verlangt, eine stets gute Laune auch nicht, jedoch ein Quäntchen mehr an Humanität, Soziabilität und Zukunftsstreben wären sinnvoll.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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