Angela Merkel blickt auf ihre Begegnungen mit Papst Franziskus zurück.

Angela Merkel wurde von Papst Franziskus fünf Mal empfangen. Die ehemalige Bundeskanzlerin schätzte das verstorbene Kirchenoberhaupt als Mahner und Ratgeber.

DOMRADIO.DE: Einmal den Papst treffen, das wünschen sich viele Christen. Sie hatten gleich fünf Privataudienzen bei Franziskus und schenkten ihm dabei sogar seinen liebsten Brotaufstrich aus Argentinien, Dulce de Leche. In Ihrem Büro steht ein Geschenk, das Sie vom Papst erhalten haben. Denken Sie an Franziskus, wenn Sie es ansehen?

Dr. Angela Merkel (Bundeskanzlerin a.D.): Natürlich, ich denke dabei auf jeden Fall an Franziskus. Das ist ein wunderbarer Olivenzweig, ein Zeichen für den Frieden. Ich sehe da auch eine Verbindung zur Sintflut. Der Zweig ist ein Zeichen, dass wir Menschen nach dieser schwerwiegenden Katastrophe eine zweite Chance mit unserer Natur bekommen haben. Er ist ein Zeichen dafür, dass wir Menschen uns ordentlich um die Erde kümmern sollten, was wir leider nicht immer tun. Das Kunstwerk ist ein besonderes Erinnerungsstück an Papst Franziskus – besonders jetzt, nach seinem Tod. 

DOMRADIO.DE: Ich habe eben kurz das Dulce de Leche erwähnt. Haben Sie das auch schon selbst einmal probiert? 

Merkel: Nein, ich bin aber auch keine große Freundin von sehr süßen Speisen. Aber es hat mich unheimlich gefreut, dass ich die Gelegenheit hatte, es dem Papst mitzubringen. Vorher war ich in Argentinien gewesen, weil Deutschland die G20-Präsidentschaft, also die Präsidentschaft der führenden 20 Industrieländer innehatte, und der Gipfel in Hamburg bevorstand. Aus diesem Anlass habe ich auch den Papst besucht, der ja aus Argentinien kam, und ich wollte ihm natürlich etwas mitbringen, von dem ich wusste, dass es ihm sehr mundet. 

DOMRADIO.DE: Bei diesem Treffen haben Sie Franziskus um einen Rat für den anstehenden G20-Gipfel gefragt. Sie wollten wissen, wie man mit einer Gruppe von Menschen umgehen sollte, die sehr unterschiedliche Meinungen haben. Warum haben Sie gedacht, dass der Papst dafür der richtige Ansprechpartner sein könnte? 

Merkel: Papst Franziskus hat sich immer als ein Papst für die ganze Welt verstanden. Die katholische Kirche als Weltkirche ist etwas sehr Faszinierendes. Und wenn sich jemand in der Welt auskannte, dann war das sicherlich Franziskus. Er kam schließlich aus Lateinamerika und seine Reisen haben ihn an die Brennpunkte in aller Welt geführt. Er war nie in Deutschland, dort lief ihm, so glaube ich, alles zu geordnet ab. Franziskus wollte dorthin, wo Rat und Tat wirklich gebraucht werden. Deshalb wusste ich, dass er von dem Zusammenhalt und den Spannungen in der Welt etwas versteht. Als ich ihn um seinen Rat fragte, wusste ich, dass er kein Mann ist, der den Bruch und die theologischen Unterschiede in den Vordergrund stellt. Er möchte vielmehr versuchen, alle Menschen zu erreichen und ihnen etwas Gutes entgegenzubringen, ein Stück Hoffnung.

Fotoquelle: TP Presseagentur

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