Auftrag zur Untersuchung der baulich-technischen und administrativen Sicherheitseinrichtungen der JVA Plötzensee vorgestellt.

Unabhängig von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wird eine Kommission unter dem Vorsitz des Präsidenten des Amtsgerichts Tiergarten (Berlin), Hans-Michael Borgas, die Vorfälle in der JVA Plötzensee (Ausbruch und Wegbleiben zum Jahreswechsel) zum Anlass nehmen, die bauliche und administrative Sicherheitsorganisation der JVA Plötzensee einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen. Neben dem Vorsitzenden Michael Borgas gehören der Kommission folgende Personen an:

  • zwei Fachaufsichtsreferent*innen für die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten aus der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung,
  • der Leiter der Sicherheit der JVA Tegel,
  • der Leiter der Sicherheit der JVA für Frauen Berlin,
  • der Sicherheits-Verantwortliche am Kriminalgericht Moabit sowie
  • ein Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung der JVA Moabit.

Die Kommission legt bis 15. März 2018 einen Bericht vor.

Der Untersuchungsauftrag: „Der Auftrag der Ermittlungsgruppe ergeht unter Berücksichtigung und ohne Beeinträchtigung parallel laufender Ermittlungen. Der Vorfall gibt Veranlassung, die Sicherheitsarchitektur der JVA Plötzensee einer grundlegenden Überprüfung zu unterziehen, bei der die baulich technische Sicherheit der Anstalt und Aspekte der Anstaltsorganisation wie etwa das Zusammenspiel der verschiedenen Dienststellen und die Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anstalt für sicherheitsrelevante Umstände einzubeziehen sind. Aufgabe der Ermittlungsgruppe ist deshalb

  • eine umfassende Ist-Analyse des bestehenden Systems der baulich-technischen Sicherheit unter Berücksichtigung der organisatorischen Rahmenbedingungen und Regelungen vorzunehmen,
  • darauf aufbauend die Stärken und Schwächen des bestehenden Systems zu analysieren und
  • Vorschläge zur Verbesserung der baulich-technischen und administrativen Sicherheit unter Berücksichtigung der organisatorischen Rahmenbedingungen zu unterbreiten.

Die Ermittlungsgruppe soll sich bei ihrer Arbeit mit der Frage auseinandersetzen und ggf. entsprechende Vorschläge erarbeiten, durch welche Maßnahmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser bei der Wahrnehmung sicherheitsspezifischer Aufgaben unterstützt werden können (z.B. Sensibilisierung und Fortbildung in sicherheitsrelevanten Fragestellungen, Fehlerkultur, Einsatzplanung). Sie berücksichtigt auch die unterschiedlichen Vollzugsformen in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee und stellt die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Sicherheitsstruktur dar.

Schlägt die Ermittlungsgruppe baulich-technische Maßnahmen vor, priorisiert sie diese unter Beachtung der für die Umsetzung notwendiger Weise einzuhaltenden rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen. Gegebenenfalls schlägt sie ergänzende Übergangsmaßnahmen vor.“

Erklärung des Berliner Vollzugsbeirats.

„ZUM AUSBRUCH VON GEFANGENEN AUS DER JVA PLÖTZENSEE:  Eine freiheitliche, demokratische Gesellschaft muss sich nicht zuletzt daran messen lassen, wie sie ihre Strafgefangenen behandelt. Angesichts der Entweichung von vier Gefangenen aus der JVA Plötzensee vor einigen Tagen auch daran, wie sie mit unerwünschten Zwischenfällen im Strafvollzug umgeht. Ist ein vollzuglicher oder sicherheitspolitischer Super-Gau eingetreten, der den Rücktritt des Justizsenators erfordert? – Natürlich nicht. Solange es inhaftierte Menschen gibt, wird es Bestrebungen geben, der Haft zu entkommen. Der Drang nach Freiheit ist im Menschen angelegt. Und solange es Systeme gibt, in denen Menschen arbeiten und in denen Technik zum Einsatz kommt, wird es Fehler geben, weil kein Mensch und keine Technik permanent fehlerfrei funktioniert. Es kommt darauf an, die Geschehnisse zu analysieren und aus ihnen zu lernen. Genau das geschieht im Moment.

ZUR NICHTRÜCKKEHR VON GEFANGENEN DES OFFENEN VOLLZUGES: Nach dem Ende ihrer Inhaftierung kehren die Strafgefangenen in die Gesellschaft zurück; idealerweise sollten sie auch während der Haftzeit Teil der Gesellschaft bleiben. Der offene Vollzug dient in besonderer Weise dazu, das Ziel des Strafvollzuges – die Resozialisierung – zu verwirklichen. Ob ein Inhaftierter für den offenen Vollzug geeignet ist, wird in Berlin sehr gründlich geprüft. Geeigneten Strafgefangenen bietet sich durch die Praxis des offenen Vollzuges die große Chance, ihren Arbeitsplatz und ihre sozialen Bindungen nicht zu verlieren. Gerade der Erhalt oder die Begründung eines Arbeitsplatzes bildet eine wesentliche Säule zur Vermeidung von Rückfallgefahren. Berlin hat mit seinem offenen Vollzug ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht. Die Quote an Mißbrauchsfällen ist verschwindend gering. Eine erfolgreiche Resozialisierung ist der beste Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

Dem Justizsenator Behrendt zu unterstellen, er interessiere sich nicht für den Strafvollzug, ist nicht zu belegen. Die jetzt teilweise in der Opposition befindlichen Parteien waren dagegen maßgeblich daran beteiligt, dass das Personal im Vollzug drastisch reduziert wurde und über mehrere Jahre keine Vollzugsbediensteten mehr ausgebildet wurden. Stattdessen wurde viel in teure Überwachungstechnik investiert. Diese hatte sich jedoch mitnichten durchgängig zur Vermeidung von Ausbrüchen bewährt. Zu wünschen wären sowohl dem Vollzug als auch der Gesellschaft insgesamt, dass nicht reflexhaft Rücktritte gefordert werden, sondern in der Sache vernünftige und begründbare Ziele gefordert und gefördert werden.“

Berlin, den 04.01.17 für den Vorstand:                Dr. Olaf Heischel

 

2 Antworten

  1. Der Kommentar des Berliner Vollzugsbeirates ist zwar besser als der der Strafrechtler Vereinigung, legt aber immer noch nicht den Finger in die wohl gravierende Wunde der Vollsteckungseinrichtungen, nämlich den permanenten Personalnotstand, der speziell in der JVA Plötzensee nach Abhilfe schreit. Nur, dass der Notstand hausgemacht ist, weil der Sen.-Jus. sich nicht gg. den Personlrat durchzusetzen weiß, der all die Faulkranken deckt und ihren Rausschmiß verhindert. der sog. Krankenstand ist das wirkliche Problem und nicht ein paar brüchige Stellen im Mauerwerk.

  2. Der permanente Krankenstand und die Amts bekannten faulen Sozialarbeiter sind doch das wirkliche Problem, weil diese sich aufs Nichtstun spezialisiert haben.

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