Die Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister verlangt eine individuelle Gefahrenprognose, die auch die Zugehörigkeit zu einem Personenkreis in den Blick nimmt, der sich aufgrund seiner beruflichen oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit allgemein in verstärktem Maße Anfeindungen oder sonstigen Angriffen ausgesetzt sieht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die beiden Kläger begehren die Eintragung einer Melderegistersperre wegen einer Gefährdung, die sie mit ihrer beruflichen Tätigkeit in einer besonderen Abteilung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begründen. Die Abteilung ermittelt regelmäßig in Fällen organisierter Kriminalität, der Terrorismusfinanzierung und im Reichsbürgermilieu. Die Kläger machen unter Hinweis auf mehrere Vorfälle geltend, allen in dieser Abteilung Beschäftigten drohten ohne Ansehung der konkreten Person Gefahren für Leben und Gesundheit, die von Adressaten der behördlichen Maßnahmen ausgingen. Die Meldebehörde der beklagten Bundesstadt Bonn lehnte die Anträge ab. Die Klagen blieben vor dem Verwaltungsgericht erfolglos. Hingegen hatten die Berufungen der Kläger Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht sah die Anforderungen für die Eintragung der Sperre im Melderegister als erfüllt an.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die von der Beklagten eingelegte Revision in beiden Verfahren zurückgewiesen. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass zugunsten der Kläger eine Auskunftssperre im Melderegister einzutragen ist.
§ 51 Abs. 1 Satz 1 des Bundesmeldegesetzes (BMG) verlangt eine auf objektiv feststellbare Tatsachen gestützte Gefahrenprognose, die die individuellen Verhältnisse der konkreten Person in den Blick nimmt. Es muss bei vernünftiger Würdigung dieser Tatsachen die Besorgnis bestehen, dass dem Betroffenen durch die Melderegisterauskunft eine Beeinträchtigung der im Gesetz genannten Rechtsgüter droht. Zu dem insoweit relevanten Tatsachenmaterial gehört – wie die gesetzliche Neuregelung in § 51 Abs. 1 Satz 3 BMG verdeutlicht – auch die Zugehörigkeit zu einem Personenkreis, der sich aufgrund seiner beruflichen oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit allgemein in verstärktem Maße Anfeindungen oder sonstigen Angriffen ausgesetzt sieht. Hierfür bedarf es hinreichend dichter Tatsachenfeststellungen, die belegen, dass aufgrund von in Einzelfällen bestehenden bzw. schon verwirklichten konkreten Gefährdungen der Schluss auf eine konkrete Gefährdung auch des Betroffenen gerechtfertigt ist. Es ist jedoch nicht erforderlich, empirisch erhobene Nachweise oder Statistiken für die Vergleichbarkeit der Gefährdungslage vorzulegen.
Das abweichende Verständnis des Oberverwaltungsgerichts, das auf einen bloßen Gefahrenverdacht abstellt und abstrakte berufsgruppentypische Gefährdungen aus dem Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Satz 1 BMG herausnimmt, steht mit den gesetzlichen Regelungen nicht in Einklang. Im Ergebnis rechtfertigen jedoch die von dem Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen die Besorgnis, dass den Klägern wegen ihrer beruflichen Tätigkeit in der genannten Abteilung der BaFin infolge einer privaten Personen erteilten Melderegisterauskunft eine Beeinträchtigung von Leben und Gesundheit droht.
BVerwG 6 C 1.24 – Urteil vom 05. November 2025
Vorinstanzen:
VG Köln, VG 25 K 47/19 – Urteil vom 03. Dezember 2021 –
OVG Münster, OVG 19 A 40/22 – Urteil vom 29. November 2023 –
BVerwG 6 C 2.24 – Urteil vom 05. November 2025
Vorinstanzen:
VG Köln, VG 25 K 636/19 – Urteil vom 03. Dezember 2025 –
OVG Münster, OVG 19 A 41/22 – Urteil vom 29. November 2023 –
