Barnier: Kaum Fortschritte in Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich.

In den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über die künftigen Beziehungen mit der EU hat es diese Woche kaum Fortschritte gegeben. „Wir müssen uns an unsere gemeinsamen Vereinbarungen halten, wenn wir vorankommen wollen“, sagte EU-Verhandlungsführer Michel Barnier heute (Freitag) nach Abschluss der Verhandlungsrunde vor Journalisten. Die gemeinsame politische Erklärung von Ende 2019 lege die Bedingungen der zukünftigen Partnerschaft fest. „Dieses Dokument ist erhältlich in allen Sprachen, einschließlich Englisch. Diese Erklärung wurde von Premierminister Johnson selbst verhandelt, von den Staats- und Regierungschefs der EU27 gebilligt und vom Europäischen Parlament unterstützt. Sie bleibt für uns die einzige relevante Referenz, wie von beiden Seiten vereinbart“, sagte Barnier. „Doch Runde um Runde versuchen die britischen Partner in unseren Verhandlungen, sich von dieser Erklärung zu distanzieren.“

Er hoffe, dass ein baldiges Treffen zwischen Premierminister Johnson, Ratspräsident Michel und Kommissionspräsidentin von der Leyen den Verhandlungen neuen Schub gebe, sagte Barnier. Die nächste Verhandlungsrunde ist für Ende Juni angesetzt. „Wir haben noch etwa fünf Monate“, sagte Barnier. Spätestens bis Ende Oktober 2020 müsse ein gemeinsamer Rechtstext über das Partnerschafts- und Handelsabkommen ausverhandelt sein, um rechtzeitig vor dem Ausstieg der Briten aus dem Binnenmarkt und der Zollunion am Ende der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 von beiden Seiten ratifiziert werden zu können.

Strittig seien weiter die Regeln für gleiche Wettbewerbsbedingungen etwa bei Staatshilfen, Klima- und Umweltstandards, Sozial- und Arbeitsrecht. „Hier geht es um hunderttausende Jobs“, sagte Barnier. Die EU könne kein Dumping akzeptieren. Auch in den Bereichen Fischerei, justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit sowie der Governance der künftigen Vereinbarung gebe es kaum Fortschritte in den Verhandlungen.

Die EU bleibe offen für eine Verlängerung der Übergangsphase, nehme aber zur Kenntnis, dass dies seitens des Vereinigten Königreichs nicht gewünscht sei.

Die EU muss jetzt Verhandlungskurs ändern

Zum Ende der vierten Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien erklärt Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Europapolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Die vierte Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien hat wieder gezeigt: keine Fortschritte, keine Einigung auf eine Verlängerung der Übergangsphase, nur harte Töne aus London.

An die Vereinbarungen der gemeinsamen Politischen Erklärung will Großbritannien sich nicht halten, lehnt jegliche Verpflichtung zu konkreten gemeinsamen hohen Standards ebenso ab wie den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung des EU-Rechts und verweigert die Umsetzung des Nordirland-Protokolls. Dabei rennt den Unterhändlern die Zeit davon, das Ende der Übergangsphase rückt näher. Die EU muss jetzt endlich den Verhandlungskurs ändern.

Keine fairen Standards heißt dann eben eingeschränkter Binnenmarktzugang. Keine fairen Standards bedeuten Zölle, Tarife und Quoten. Barnier muss diese EU-Position jetzt ausarbeiten und konkret vorschlagen, mit welchen Zöllen, Quoten und Regeln die EU bei bleibender Blockade von fairen Standards den Binnenmarkt schützt.

Neben Barnier wird Außenminister Maas die Verantwortung für europäisch erfolgreiche Verhandlungen mit Großbritannien wahrnehmen müssen. Die Bundesregierung muss während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab Juli den politischen Konsens dafür schaffen und darauf bestehen, dass auch das Europäische Parlament beim High-Level Event im Juni vertreten sein wird.“

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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