Bundesregierung legt den Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2020 vor.

Die Bundesregierung hat heute den vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie vorgelegten Jahresbericht zur Deutschen Einheit 2020 beschlossen.

Hierzu der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Parlamentarischer Staatssekretär Marco Wanderwitz:

„In den letzten 30 Jahren seit der Wiedervereinigung haben sich Bürgerinnen und Bürger in einer großen solidarischen Kraftanstrengung Deutschlands Einheit zur alltäglichen Erfahrung gemacht. Die Bundesregierungen haben sie dabei seit 1990 mit zahlreichen Initiativen und Programmen unterstützt. Eine Bilanz dieser Arbeit präsentiert der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2020.“

Einstellungsunterschiede gibt es zwischen alten und neuen Länder auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. Wanderwitz bewertet sie so: „Die Zivilgesellschaft und das bürgerschaftliche Engagement haben sich in den neuen Bundesländern seit 1990 sehr gut entwickelt. Unterschiede gibt es jedoch noch bei der Bewertung der Demokratie und der politischen Institutionen, bei Einstellungen zu etwas Fremden oder der Verbreitung rechtsextremistischer Orientierungen. Das sind jedoch Differenzen gradueller und nicht grundlegender Natur. Sie zeigen, dass Deutschland auch nach 30 Jahren noch nicht überall gleich tickt. Deshalb wird die Bundesregierung auch Programme wie ‚Demokratie leben!‘ und ‚Zusammenhalt durch Teilhabe‘ fortsetzen.“

Das Jubiläumsjahr 2020 steht ganz im Zeichen der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Der Kabinettausschuss „Neue Länder“ hat insbesondere die Auswirkungen der Pandemie auf die neuen Bundesländer beleuchtet. Marco Wanderwitz dazu:

„Die wirtschaftliche Lage in den neuen Bundesländern war bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie sehr gut. In den vergangenen Jahren haben sie sich dem Niveau der alten Bundesländer weiter angenähert – wenngleich wir uns eine höhere Geschwindigkeit bei der Anpassung wünschen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch die Wirtschaft in den alten Ländern weiter dynamisch wächst, der Aufholprozess also ‚während der Fahrt‘ passiert.“

Die Bewahrung bzw. die Schaffung einer bundesweit annähernden Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse erfordere auch weiterhin politische Gestaltung auf allen staatlichen Handlungsebenen sowie sensibles Nachjustieren, um eine Entwicklung zu sichern, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erfordernissen gleichermaßen Rechnung trage.

Damit beschäftigte sich der Kabinettausschuss „Neue Länder“. In seiner Sitzung am 16. September befasste er sich u.a. mit aktuellen Ansätzen zur Stärkung des Ehrenamts und des bürgerschaftlichen Engagements in den neuen Ländern sowie mit der regionalen Strukturförderung in den neuen Ländern. Die Schlussfolgerungen des Kabinettausschusses „Neue Länder“ hier.

„‘Freiheit und Gleichheit‘ geht anders“.

„Auch zum 30. Jahrestag stellt sich die Bundesregierung im Einheitsbericht ihr eigenes Gefälligkeitsgutachten aus. Doch die Unterschiede zwischen West und Ost sind weder wenige noch graduell. In Ostdeutschland wird länger gearbeitet und im Durchschnitt weit weniger verdient als im Westen“, erklärt Matthias Höhn, Beauftragter für Ostdeutschland der Linksfraktion im Bundestag, zur heutigen Veröffentlichung des Einheitsberichts der Bundesregierung.

Höhn weiter:

„Die Lohnunterschiede sind seit 25 Jahren fast unverändert hoch. Das geht nicht nur auf die kleinteiligere Wirtschaftsstruktur im Osten zurück, nein, auch im gleichen Unternehmen haben ostdeutsche Beschäftigte die schlechteren Verträge als die Kolleginnen und Kollegen am Standort West. Der ökonomischen Benachteiligung folgt die soziale Bedeutungslosigkeit. Schätzungsweise nur drei Prozent der Ostdeutschen lenken die Geschicke des Landes in Spitzenfunktionen in Wirtschaft und Wissenschaft, bei Medien und in der Politik, bei einem Anteil von 17 Prozent an der gesamten Bevölkerung. An den Standorten der Bundesbehörden im Osten und in Berlin arbeiten erwartungsgemäß viele Ostdeutsche, die Chefs kommen hingegen nach wie vor meist aus dem Westen. Die strukturelle Schlechterstellung bei Chancen, Status, Einkommen und Vermögensaufbau stellt den Osten langfristig auf Zweitklassigkeit. Das ist keine Kleinigkeit, sondern eine Verletzung des Grundgesetzes.

‚Freiheit und Gleichheit‘ geht anders: Die Linksfraktion wird in dieser Woche erneut einen Forderungskatalog im Deutschen Bundestag beantragen. Unser Antrag wird im Plenum mit der Debatte am Freitag zum Einheitsbericht verknüpft sein. Benachteiligung und Vorurteile, Niedriglöhne und Tarifflucht, Minirenten und Armut sind Spaltpilze für jede Gesellschaft. Nicht nur im Osten gedeihen sie weiterhin prächtig, wenn sich in der Bundespolitik nichts ändert. Wir fordern eine Stärkung tariflicher Bindung, die Erhöhung des Mindestlohnes auf mindestens 12 Euro und ein Ende der durch Steuergeld subventionierten Niedriglohnpolitik. Eine stärkere Teilhabe benachteiligter Gruppen heißt auch, einen spürbaren Aufstieg in Spitzenfunktionen dieser Gesellschaft zu ermöglichen. Der öffentliche Dienst muss hier vorangehen. Im 30. Jahr der Einheit sollten endlich die Ungerechtigkeiten bei der Rentenüberleitung Ost zugegeben und abgestellt werden. Tausende ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner warten immer noch auf die Anerkennung ihrer Betriebsrenten oder auf eine Entschädigung.“

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