Nach Recherchen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fehlten der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) zunehmend Busfahrer. „Berliner Busfahrer zu sein, ist längst kein Traumjob mehr, für rund 2.000 Euro brutto Einstiegsgehalt im Monat wird es immer schwerer, geeignetes Personal zu finden, was den Ansprüchen gerecht wird“, sagte Jeremy Arndt, zuständiger ver.di-Gewerkschaftssekretär. Die Arbeit sei bei dem zunehmenden Straßenverkehr sehr anstrengend, was u.a. zu einem sehr hohen Krankenstand im Schnitt von 11 Prozent führe. Nicht nur die Verkehrsteilnehmer, sondern auch viele der insgesamt über eine Milliarde Fahrgäste seien in den vergangenen Jahren aggressiver geworden. So habe es nach offiziellen Angaben 2016 112 tätliche Angriffe auf Busfahrer/innen gegeben. Auch wenn die Zahl der Übergriffe sinke, sei die Dunkelziffer dennoch sehr hoch, denn nicht jede verbale Attacke und nicht jeder Übergriff werde auch angezeigt. „Leider müssen wir feststellen, dass die Intensität und Brutalität der Übergriffe deutlich zugenommen haben“, so Jeremy Arndt.
Auch die Rahmenbedingungen hätten sich für Busfahrer in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Ein erheblicher Teil der Dienste sei geteilt, das hieße, dass ein Busfahrer zum Beispiel vormittags eingesetzt werde, dann eine unbezahlte, längere Pause mache, und dann erst wieder am Nachmittag fahre. Wer geteilte Schichten bekomme, habe eine Gesamtschichtlänge von 12 bis 14 Stunden. „Ein normales Familienleben ist somit kaum machbar, Freizeit gibt es nicht“, so Jeremy Arndt. Auch fehle es im Fahrplan oft an realistischen Zeiten. Durch Baustellen, Veranstaltungen, Sperrungen oder andere Maßnahmen führen Busfahrer am Limit, um ihre Zeiten einzuhalten. Tariflich vorgeschriebene Wendezeiten könnten durch den Druck nicht eingehalten werden. Es fehle dann den Fahrer/inne/n an der Zeit, um sich kurz zu sammeln und durchzuatmen.
Für eine zusätzliche Verschärfung der Situation sorge die BVG-eigene Tochter Berlin Transport GmbH. Durch einen hohen Krankenstand und durch die schlechte Personalplanung der letzten Jahre könne die „Tochter“ die ihr übertragene Verkehrsleistung nicht im vollen Umfang erbringen. Diese Dienste müssten dann die Kolleginnen und Kollegen der BVG zusätzlich abdecken. Dies bedeute eine weitere Arbeitsverdichtung im Dienstplan und somit für noch mehr Druck.
Im vergangenen Jahr seien 300 neue Busfahrer eingestellt worden, über 10 Prozent hätten bereits wieder aufgegeben. Innerhalb der ersten drei Jahre sei die Fluktuation besonders hoch. „Das spricht nicht für die Arbeitsbedingungen und eine Zufriedenheit bei den Beschäftigten“, sagt Jeremy Arndt.
Zurzeit beschäftige das Unternehmen rund 2.900 Busfahrerinnen und Busfahrer. Rund 400 von ihnen arbeiteten in Teilzeit.
Daher fordert ver.di, dem Personalmangel mit einer mittel- bzw. langfristigen Strategie zu begegnen und die Arbeitsbedingungen für die Busfahrer deutlich zu verbessern. Sollte der Beruf nicht deutlich attraktiver gestaltet werden, drohten der BVG mittelfristig Personalnot und damit massive Auswirkungen auf den Nahverkehr in Berlin, so ver.di.