Das Landgericht Köln hat heute vier Klagen von Molkereien, Gebäck- und Feinkostherstellern sowie Brauereien gegen kartellbeteiligte Zuckerhersteller abgewiesen.

Das Bundeskartellamt leitete im Januar 2009 Kartellbußgeldverfahren gegen die drei Zuckerhersteller Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen ein. Das Verfahren endete am 18. Februar 2014 mit Bescheiden, in denen Bußgelder in Höhe von insgesamt ca. 280 Millionen Euro verhängt wurden. Die Bußgeldbescheide sind bestandskräftig. Das Bundeskartellamt wirft den Herstellern vor, im Zeitraum von April 1996 bis März 2009 Absprachen für Verarbeitungszucker und Haushaltszucker getroffen zu haben, um die jeweiligen Kernabsatzgebiete der Wettbewerber zu respektieren (Heimatmarktprinzip). Zuckermengen, die über die Nachfrage der Kunden im eigenen Kernabsatzgebiet produziert wurden, sollten in andere Länder exportiert, nicht aber an Kunden im Gebiet der Wettbewerber abgesetzt werden.

Die Klägerinnen hatten während des Kartellzeitraums Verarbeitungszucker von den Kartellteilnehmern und -außenseitern bezogen und sind der Auffassung, der Zuckerpreis sei aufgrund der kartellrechtswidrigen Absprachen überhöht gewesen. Sie machen Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt ca. 126 Millionen Euro geltend. 

Das Gericht hat Beweis durch die Begutachtung eines Wirtschaftswissenschaftlers erhoben, der den Verfahrensbeteiligten zur Erläuterung und für Nachfragen an zwei ganztägigen Verhandlungsterminen zur Verfügung gestanden hat. Auf Grundlage des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme hat die für Kartellsachen zuständige 33. Zivilkammer die Klagen abgewiesen. 

Ein aus dem Erwerb kartellierter Produkte resultierender Ersatzanspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für einen kartellbedingten Schaden besteht.  

Es kann jedoch nicht mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die auf Verarbeitungszucker bezogenen kartellrechtswidrigen Absprachen der Zuckerhersteller zu erhöhten Preisen geführt haben. 

Die von der Kammer durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass auf dem Markt für Verarbeitungszucker auch ohne kartellrechtswidrige Absprachen mit jedenfalls überwiegender Wahrscheinlichkeit eine stillschweigende Koordinierung zwischen den Zuckerherstellern zu erwarten gewesen wäre. 

Bei nur drei Zuckerherstellern, die zusammen über 80 % des Marktes abdeckten, und den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen unter Geltung der damaligen Zuckermarktordnung, die jahrzehntelang für eine Abschottung der Märkte gesorgt hatte, war der Markt für Verarbeitungszucker derart stabil und transparent, dass die drei Zuckerhersteller aufgrund des Bestehens glaubwürdiger Sanktionsmechanismen auch ohne Kartell mit einiger Wahrscheinlichkeit auf vorstoßenden Wettbewerb verzichtet hätten. 

Bei gleichzeitiger Betrachtung der ausweislich der Bußgeldbescheide im Bereich Verarbeitungszucker nur äußerst rudimentären Absprachen der Kartellteilnehmer kann daher auch nicht mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass diese zu höheren Preisen geführt haben, als in einem kartellfreien Markt zu erwarten gewesen wären. 

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