Dekarbonisierung der Stahlproduktion im Saarland: EU-Kommission genehmigt deutsche Beihilfe in Milliardenhöhe.

Die EU-Kommission hat die deutsche Beihilfemaßnahme im Umfang von 2,6 Milliarden Euro zur Unterstützung der SHS Stahl-Holding-Saar GmbH & Co KGaA bei der teilweisen Dekarbonisierung ihrer Stahlproduktion im Saarland nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager, zuständig für Wettbewerbspolitik, sagte: „Die Dekarbonisierung des sehr energieintensiven Stahlsektors ist für den grünen Wandel von entscheidender Bedeutung. Diese mit 2,6 Milliarden Euro ausgestattete deutsche Maßnahme wird Stahl-Holding-Saar bei der Dekarbonisierung seiner Stahlproduktion im Saarland unterstützen. Gleichzeitig wird sie dazu beitragen, die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff im Saarland anzukurbeln. Dank der im Rahmen der Maßnahme vorgesehenen wesentlichen Vorkehrungen werden die Wettbewerbsverzerrungen begrenzt bleiben.“ 

Die Beihilfe wird die Verwirklichung der Ziele der EU-Wasserstoffstrategie

, des europäischen Grünen Deals und des Industrieplans für den Grünen Deal unterstützen und im Einklang mit dem REPowerEU-Plan

dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden und den grünen Wandel rasch voranzubringen.

Die deutsche Beihilfemaßnahme

Deutschland hat bei der Kommission eine mit 2,6 Milliarden Euro ausgestattete Maßnahme zur Genehmigung angemeldet, mit der das Vorhaben der SHS Stahl-Holding-Saar GmbH & Co KGaA (im Folgenden „SHS“) unterstützt werden soll, ihre Stahlproduktion in Völklingen und Dillingen (Saarland), wo die SHS zwei Hochöfen und fünf LD-Konverter zur Produktion von Rohstahl betreibt, teilweise zu dekarbonisieren.

Mit der Beihilfe, die in Form eines Direktzuschusses gewährt werden soll, wird unter anderem der Bau einer Direktreduktionsanlage und zweier neuer Elektro-Lichtbogenöfen gefördert, die die bestehenden Hochöfen und Sauerstoffkonverter ersetzen werden. Bei der neuen Direktreduktionsanlage soll das in den Stahlproduktionsprozessen zunächst eingesetzte Erdgas schrittweise ersetzt werden. Mit der Zeit wird die neue Anlage hauptsächlich mit CO2-armem und erneuerbarem Wasserstoff betrieben.

Die SHS beabsichtigt, ein wettbewerbliches Ausschreibungsverfahren für die Auswahl von Anbietern von erneuerbarem Wasserstoff durchzuführen. Die erfolgreichen Bieter werden Elektrolyseure in der Nähe der Anlagen der SHS installieren und damit die Entwicklung einer Wertschöpfungskette für erneuerbaren Wasserstoff in der Region Saarland anstoßen. Die SHS geht davon aus, zu einem späteren Zeitpunkt an das deutsche Wasserstoffnetz angeschlossen zu werden, was den Zugang zu Wasserstoff in größeren Mengen und zu günstigeren Preisen ermöglichen dürfte.

Die neuen Stahlproduktionsanlagen sollen 2026 in Betrieb genommen werden und sollen 3,05 Mio. Tonnen Rohstahl pro Jahr erzeugen, der die gleiche Menge an derzeit mit dem konventionellen und umweltschädlicheren Hochofenprozess erzeugten Rohstahl ersetzen wird. Über die gesamte Laufzeit des Vorhabens soll der Ausstoß von mehr als 53 Mio. Tonnen CO2 vermieden werden. Die SHS hat sich verpflichtet, die im Rahmen des Vorhabens gewonnenen Erfahrungen und technischen Kenntnisse an Industrie und Hochschulen weiterzugeben.

Prüfung der Kommission

Die Kommission hat die Maßnahme nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft, insbesondere nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c

des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), nach dem die EU-Mitgliedstaaten die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige unter bestimmten Voraussetzungen fördern können, sowie nach den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022

.

Das Vorhaben der SHS wurde von Deutschland im Rahmen eines offenen Verfahrens für die Teilnahme an einem wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“) im Bereich Wasserstofftechnologien und -systeme ausgewählt. Aus diesem Verfahren gingen die beiden IPCEI hervor, die am 15. Juli 2022 (Hy2Tech) und am 21. September 2022

(Hy2Use) genehmigt wurden. Aufgrund seiner Merkmale und Ziele wurde das Vorhaben der SHS nach den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen geprüft.

Dabei ist die Kommission zu folgendem Ergebnis gelangt:

  • Die Maßnahme trägt zur Entwicklung eines Wirtschaftszweigs bei, insbesondere zur Erzeugung von Stahl durch Prozesse mit geringeren CO2-Emissionen. Gleichzeitig unterstützt sie die Ziele wichtiger politischer EU-Initiativen wie etwa die des europäischen Grünen Deals

, der EU-Wasserstoffstrategie, des Industrieplans für den Grünen Deal und des REPowerEU-Plans

  • .
  • Die Beihilfe hat einen Anreizeffekt, da der Beihilfeempfänger die Investitionen in die Erzeugung von grünem Stahl ohne die öffentliche Förderung nicht tätigen würde.
  • Sie ist erforderlich und geeignet, um die Erzeugung von grünem Stahl zu fördern. Außerdem ist sie angemessen, da die Höhe der Beihilfe dem tatsächlichen Finanzierungsbedarf entspricht.
  • Im Rahmen der Maßnahme wird durch ausreichende Vorkehrungen sichergestellt, dass der Wettbewerb nicht übermäßig verfälscht wird: Sollte das Vorhaben sehr erfolgreich sein und zusätzliche Nettoeinnahmen generieren, wird der Beihilfeempfänger einen Teil der erhaltenen Beihilfen an Deutschland zurückzahlen (Rückforderungsmechanismus). Wenn die SHS in der Lage ist, Wasserstoff zu geringeren Kosten zu beschaffen als ursprünglich angenommen, müssen die dadurch erzielten Einsparungen in voller Höhe an Deutschland zurückgezahlt werden, es sei denn, sie werden von dem Unternehmen dazu verwendet, den für den Betrieb der Direktreduktionsanlage verwendeten Anteil an Wasserstoff zu erhöhen. Zudem wird das Vorhaben überwacht, um die Fortschritte im Hinblick auf die CO2-Reduktionsziele, die schrittweise Einstellung der Erdgasnutzung und den zunehmenden Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff zu überprüfen. Außerdem wird die SHS das im Rahmen des Vorhabens erworbene technische Know-how weitergeben.
  • Die Beihilfe hat positive Auswirkungen, die etwaige Verzerrungen von Wettbewerb und Handel in der EU überwiegen.

Aus diesen Gründen hat die Kommission die Maßnahme Deutschlands nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

Hintergrund

In den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen

von 2022 wird erläutert, wie die Kommission die Vereinbarkeit solcher Beihilfen, die nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV bei ihr angemeldet werden müssen, mit dem Binnenmarkt prüfen wird.

Die seit Januar 2022 geltenden neuen Leitlinien schaffen für die Mitgliedstaaten einen flexiblen und zweckmäßigen Rahmen für die Gewährung von Beihilfen, um die Ziele des Grünen Deals gezielt und kosteneffizient zu unterstützen. Die Vorschriften wurden mit den wichtigen im europäischen Grünen Deal festgelegten Zielvorgaben der EU und anderen jüngsten Änderungen von Rechtsvorschriften in den Bereichen Energie und Umwelt in Einklang gebracht und tragen der zunehmenden Bedeutung des Klimaschutzes Rechnung. Sie enthalten Abschnitte zu Beihilfen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, u. a. durch die Förderung von erneuerbaren Energien, Energieeffizienzmaßnahmen, Beihilfen für saubere Mobilität, Infrastruktur, Kreislaufwirtschaft, die Verringerung der Umweltverschmutzung, den Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt sowie zu Maßnahmen für die Energieversorgungssicherheit.

Die Leitlinien von 2022 sollen es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die ehrgeizigen energie- und klimapolitischen Ziele der EU zu geringstmöglichen Kosten für die Steuerzahler und ohne übermäßige Verzerrungen des Wettbewerbs im Binnenmarkt zu erreichen.

Mit der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal

hat die Kommission im Jahr 2019 ihre Klimaziele höher gesteckt: Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden. Das seit Juli 2021 geltende europäische Klimagesetz, mit dem die Klimaneutralität bis 2050 als Ziel festgelegt und die Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 als Zwischenziel eingeführt wurde, bildet die Grundlage des von der Kommission am 14. Juli 2021 vorgelegten Legislativpakets „Fit für 55“. Im Rahmen dieses Pakets hat die Kommission Änderungen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und der Energieeffizienzrichtlinie

mit ehrgeizigeren verbindlichen jährlichen Zielen vorgelegt, um die Erzeugung erneuerbarer Energien zu steigern und den Energieverbrauch auf EU-Ebene zu verringern.

Im Juli 2020 veröffentlichte die Kommission ihre EU-Wasserstoffstrategie

, in der ehrgeizige Ziele für die Erzeugung und Nutzung von sauberem Wasserstoff festgelegt wurden und mit der die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff ins Leben gerufen wurde, die die europäische Wasserstoffgemeinschaft

(Industrie, Zivilgesellschaft, Behörden) zusammenbringt.

Im Februar 2023 veröffentlichte die Kommission einen Industrieplan für den Grünen Deal

, um die Wettbewerbsfähigkeit der CO2-neutralen Industrie in Europa zu verbessern und den raschen Übergang zur Klimaneutralität zu unterstützen.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb der Kommissi

unter der Nummer SA.105337 zugänglich gemacht.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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