„Der Blitz schlägt ein, der Regen fällt.“

PT 17.01. Juni 2017-1

Rote Lieder gegen braunen Mob“ am 07. Mai 2017 in Berlin.

Zum fünften Mal lud das Berliner Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde e.V. (BüSGM) vor dem morgigen Tag der Befreiung Europas vom Faschismus, der sich zum 72. Mal jährt, Antifaschistinnen und Antifaschisten in den traditionellen Münzenbergsaal des alten Verlagsgebäudes der Tageszeitung „Neues Deutschland“ ein.

Als besondere Gäste begrüßte der Vorsitzende des BüSGM, Gert Julius, u. a. den Preisträger für Solidarität und Menschenwürde und Ehrenmitglied des BüSGM, Hans Bauer, Vertreter des DDR-Kabinetts Bochum, Dagmar Rubisch von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, das Mitglied des ZK der KPD Alfred Fritz und den Vorsitzenden des Bündnisses gleichen Namens Karlheinz Fietz. Für die Förderung der Veranstaltung richtete sich der Dank an die Rosa-Luxemburg-Stiftung und den Arzt Bär.

Der Ernst-Busch-Chor war der prädestinierte Partner für diese Veranstaltung und erinnerte mit seinen Liedern (u.a. „Der Blitz schlägt ein, der Regen fällt“) an die „von der DDR ausgehende Friedenspolitik“ und die Opfer der „Roten Armee“  für die Befreiung Europas. Lieder von Hans Eisler mit Texten von Gisela Steineckert und Bertolt Brecht mahnten die Teilnehmer und gaben neuen Mut für den Kampf gegen Faschismus und künftig geplante Kriege. Der Chor wurde beim Vortrag russischer Volksweisen vom Bandonium-Virtuosen Ilja Kurtev begleitet.

In seiner Rede setzte sich Gert Julius insbesondere mit den rechtsradikalen Tendenzen in der AfD und dem durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts gescheiterten NPD-Verbot im Gegensatz zur Begründung des KPD-Verbots 1956 auseinander. Wörtlich stellter er fest: Entscheidender Punkt ist jedoch u. E.  dass, verglichen mit der NPD die KPD auch die Besitz- und Einkommensverhältnisse radikal ändern wollte. Den Verfassungsrichtern ist also der Schutz des bürgerlich kapitalistischen Systems wichtiger als der Schutz der Bürger vor dem mordenden Nazimob.

In bewegten Worten äußerte der Vorsitzende des „DDR-Kabinett Bochum“ Andreas Maluga seine Gedanken zum Tag der Befreiung. Er mahnte die Anwesenden mit den Worten: „Lasst uns nicht schweigend zusehen. Lasst uns gemeinsam das scheinbar Unmögliche versuchen, dem Treiben des Imperialismus ein Ende zu setzen und damit den Krieg, den Hunger und die Not, als Wurzel des Faschismus, von dieser Erde zu verbannen.“ Er zitierte zum Abschluss seiner Ausführungen den Schwur der Häftlinge von Buchenwald am Tag ihrer Befreiung (siehe unten angeführte Rede von Andreas Maluga).

Mit dem gemeinsamen Gesang der „Internationale“ fand die Veranstaltung ihren würdigen Abschluss.

BüSGM/tp

Fotos (oben v.l.n.r): Gert Julius, Andreas Maluga; unten (v.l.n.r.): Ernst-Busch-Chor, Künstlerischer Leiter Daniel Selke und Ilya Kurtev.

 Fotoquelle und Collage: TP Presseagentur

Begrüßungsrede des Vorsitzenden des BüSGM, Gert Julius, am 07.05.2017 zu den „Roten Liedern gegen braunen Mob“ im Berliner Münzenbergsaal.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

liebe Freundinnen und Freunde des BüSGM,

sehr geehrte Gäste,

Ich begrüße Sie herzlich zu unserer Traditionsveranstaltung „Rote Lieder gegen braunen Mob“, einen Tag vor der Befreiung Europas vom Faschismus, an der die „Rote Armee“ den größten Blutzoll geleistet hat. Deshalb haben  wir heute zum 72. Mal Anlass, den Soldaten aus den Staaten der UDSSR zu danken.

Wir begrüßen sehr herzlich unseren Preisträger für Solidarität und Menschenwürde Hans Bauer. Besonders freuen wir uns, dass wir unsere Freunde vom DDR-Kabinett Bochum begrüßen dürfen. Wir begrüßen darüber hinaus die Genossinnen und Genossen der Partei DIE LINKE aus Hennigsdorf und den Vorsitzenden des Bündnisses für Solidarität und Menschenwürde Lichtenberg, Karlheinz Fietz, und das Mitglied des ZK der KPD Alfred Fritz.

Wir bedanken uns sehr herzlich für die Förderung der Veranstaltung durch die RL-Stiftung und den Arzt und Ehrenmitglied Peter Bär. Nicht weniger herzlich begrüßen wir die Vertreterin der RL-Stiftung Dagmar Rubisch und Ehemann.

Wir sind hier zusammengekommen um dem heutigen Faschismus die Stirn zu bieten, der seine Anhänger in verschiedenen Parteien und Organisationen hat.

Unser heutiges Treffen wird von zwei traurigen Anlässen begleitet, weil wir den Tod unseres Preisträgers für Solidarität und Menschenwürde und Mitbegründer des „Nationalkomitees Freies Deutschland“ Heinz Keßler und unseres politischen Freundes Hans-Günter Szalkiewicz beklagen müssen, die beide glühende Antifaschisten waren. Lieber Heinz, lieber Hans-Günter! Wir Überlebenden werden in Eurem Sinne weiterkämpfen, weil wir wissen, dass eine solidarische und sozialistische Gesellschaft möglich ist. Wir bitten die Anwesenden, sich zu Ehren der toten Genossen von den Plätzen zu erheben.

Liebe Freundinnen und Freunde!

Aus der Geschichte wissen wir, dass die deutschen Faschisten der NSDAP bei ihrem Aufstieg auf eine kleinbürgerliche, ausgebeutete und in ihrer Existenz gefährdete Gesellschaft trafen, um  bei dieser mit einer vorgetäuschten antikapitalistischen Haltung eine Massenbasis zu gewinnen.

Tatsächlich an die Macht gelangten die Faschisten dank der Unterstützung von immer größeren Teilen des deutschen Kapitals, das sie dann als Rammbock gegen die Arbeiterbewegung benutzten. Einig waren sich die Faschisten und die Kapitalisten in ihrem Hass auf linke Organisationen und Parteien, insbesondere auf Kommunisten.

Dieser Hass setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, unterstützt und exekutiert von den in Regierung, Justiz und Polizei in der Alten Bundesrepublik verbliebenen Faschisten im Verbot der KPD und der Strafverfolgung und Verurteilung vieler Genossinnen und Genossen, die schon im Dritten Reich verfolgt wurden.

In der heutigen Zeit hat eine durch die Hartz-IV-Gesetze und die Vermögens- und Einkommensverteilung enttäuschte Bevölkerungsschicht  Proteststimmung aufkommen lassen und dadurch Rechtsextremisten  und Neokonservative zur AfD zusammengeführt.

Diese Partei ist als Ganzes noch keine faschistische Partei. Sie verbreitet mit ihrer Ideologie  jedoch ideologisch rechtsradikales Gedankengut. Zur Strömung des nationalen Neoliberalismus  gesellt sich eine rechtskonservative Strömung, mit teilweise faschistoidem Gedankengut. Die AfD ist, wie fast alle rechtsradikalen Sammlungsversuche, als Betätigungsfeld von Faschistinnen und Faschisten eine willkommene Organisation.

Die faschistische Strömung in der AfD nennt sich »der Flügel« und gruppierte sich im März 2015 um die Herren Höcke und Poggenburg, die wesentlich verantwortlich für die  Vertreibung des konservativen Flügels war. Ob die AfD bzw. ihr rechtsradikaler  »Flügel« derzeit von irgendeiner Kapitalfraktion unterstützt wird, ist nicht bekannt, was auch anfangs für die frühe NSDAP galt.

Der rechtsradikale  »Flügel« der AfD zielt erneut auf eine antikapitalistische Massenmobilisierung des Kleinbürgertums, die mit  öffentlichen Aussagen eines Björn Höcke zum Ausdruck kommt, wenn  er sagt: »Sozial sollte die AfD sein, weil die Kluft zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik Deutschland immer größer wird und die soziale Marktwirtschaft unbedingt gegen einen entarteten Finanzkapitalismus verteidigt werden muss«.

Was er unterschlägt, ist die Auffassung der AfD, dass von  mit den Armen in der Gesellschaft nur Deutsche gemeint sind, während alle anderen nicht zu Deutschland gehören und verfolgt und ausgewiesen werden müssen.

Offensichtlich ist eine der Ursachen des erneuten Aufkommens der Rechtsradikalen im bürgerlichen Gewand der neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte geschuldet, die eine soziale Krise, Entsolidarisierung und Parteienverdrossenheit hervorgebracht hat. Der Widerstand dagegen war bisher eher marginal.

Eine Partei wie die AfD, die vorgibt, weder links noch rechts zu sein, sondern für etwas Neues zu stehen, liefert ein klassisches Merkmal faschistischer Ideologie.

Die Ankündigung des Co-Vorsitzenden Meuthen auf einem Parteitag, ein »anderes Deutschland« zu wollen als das »linksrotgrün verseuchte«, hat gezeigt, wie der rechtsradikale »Flügel« Wählerinnen und Wähler und auch Parteien, wie CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vor sich hertreibt, um Macht und Einfluss zu gewinnen.

Rechtsextremes und faschistisches Gedankengut macht sich auch in der Bundeswehr breit. Die letzten ans Tageslicht gekommenen Ereignisse bestätigen diese These. Die Ankündigung einer lückenlosen Aufklärung durch die sogenannte Verteidigungsministerin gehört zum Ritual der Verschleierung der tatsächlichen Bemühungen.

Es ist dem durch Kapitalismus geschürten Rechtsextremismus immanent, dass Heinz Kessler, dessen Überzeugung in dem Satz liegt: »Sollte die NVA in einem Ernstfall ausrücken müssen, hätte sie bereits ihren Klassenauftrag verwirkt – der lautet nämlich Frieden sichern und keineswegs Krieg führen!« vom Klassengegner zu 7 ½ Jahren Haft verurteilt wurde, während die heutige „Kriegsministerin“, für die von der von ihr befehligten Truppe zu verantwortenden Toten straffrei ausgeht.

Leider hat das beim Bundesverfassungsgericht gescheiterte Verbotsverfahren gegen die NPD Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremisten gespült.

Abenteuerlich, nicht juristisch, ist die Begründung, dass das höchste deutsche Gericht zwar die Verfassungsfeindlichkeit der NPD und ihrer Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus feststellte, ein Verbot jedoch ablehnte. Es stellte auch angesichts der NSU-Morde wörtlich fest: „Es fehlt aber derzeit an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass ihr Handeln zum Erfolg führt.“

Dass der NPD vom Gericht wenige Chancen eingeräumt werden, bei einer Parlamentswahl die Mehrheit zu erringen, oder mit einer anderen Partei eine Regierungskoalition zu bilden reicht den Verfassungsrichtern offensichtlich für die Begrünung dieser Entscheidung aus.

Die abenteuerliche Vorstellung, dass ein Verbot der faschistischen NPD nur kurz vor einer möglichen Machtübernahme möglich ist, zu einem Zeitpunkt also, an dem aus Erfahrung damit gerechnet werden kann, dass das BVerfG zu diesem Zeitpunkt  bereits verboten ist und die Richter in Haft sitzen.

Beim 1956 ausgesprochenen Parteiverbot gegen die KPD hieß es vom Bundesverfassungsgericht noch explizit, das Parteiverbot sei auch dann zwingend, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können.“

Die abweichende Entscheidung im NPD-Verfahren begründet das höchste deutsche Gericht mit der lapidaren Aussage, dass der Senat an der Entscheidung gegen die KPD nicht festhalten wolle.

Entscheidender Punkt ist jedoch u. E.  dass, verglichen mit der NPD, die KPD auch die Besitz- und Einkommensverhältnisse radikal ändern wollte. Den Verfassungsrichtern war also der Schutz des bürgerlich kapitalistischen Systems wichtiger als der Schutz der Bevölkerung vor dem mordenden Nazimob.

Ein Verfassungsgericht, dass gegen die eigene Verfassung urteilt, in der in Art 9, Abs 2 festgelegt ist „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten“, (Zitat Ende) trägt schon merkwürdige Züge und betreibt Klassenjustiz.

72 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hält das BVerfG angesichts 6 Millionen durch die Faschisten ermordeter Juden und 50 Millionen Opfer im Zweiten Weltkrieg eine faschistische Partei am Leben.

Um faschistische Organisationen tatsächlich zu bekämpfen, dürfen wir uns nicht auf den bürgerlichen Staat verlassen. Ein Verbot der NPD wäre zwar ein Signal eines tatsächlichen Rechtsstaats gewesen, war jedoch von der deutschen Klassenjustiz nicht zu erwarten.

Eines ist jedoch sicher: Ein Verbot  hätte dem Faschismus keinesfalls den realen Nährboden entziehen können: Soziales Elend der Menschen und die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten sind untrennbar mit dem kapitalistischen System verbunden und führen immer wieder zum Erstarken rechter Kräfte, die Krieg führen wollen, bis alles in Scherben fällt. Vor 72 Jahren hat insbesondere die Rote Armee Europa vom Faschismus befreit. Die Administration der heutigen Russischen Föderation hat uns auch nach dem Wiedereintritt der durch die Annexion der DDR größeren BRD in die Kriegspolitik des Imperialismus  bisher alle vor einer atomaren Vernichtung bewahrt. Vor faschistischen Banden und Parteien müssen wir uns heute, u. a. durch Aufklärung, selbst befreien.

Rote Lieder gegen braunen Mob sind nur ein kleines Mosaiksteinchen gegen den Faschismus. Wir sehen uns sicher morgen im Treptower Park, um den Toten der Roten Armee die Ehre zu erweisen.

 

Redebeitrag  des Vorsitzenden des DDR-Kabinett-Bochum e.V., Andreas Maluga, am 7. Mai 2017 in Berlin anlässlich der Traditionsveranstaltung des BüSGM

„Rote Lieder gegen braunen Mob“

Liebe Freundinnen und Freunde,

Liebe Genossinnen und Genossen,

verehrte Anwesende,

April 1945. In der Uniform eines sowjetischen Leutnants kommt der 19-jährige Deutsche Gregor Hecker in seine Heimat zurück. Er war acht, als seine Eltern mit ihm nach Moskau emigrieren mussten. Vom 16. April bis 2. Mai fährt er im sowjetischen Militärfahrzeug auf dem Weg der 48. Armee von der Oder nördlich an Berlin vorbei. Mit einem Lautsprecher fordert Gregor die noch vereinzelt kämpfenden Soldaten zur Kapitulation auf. Einige zeigen Einsicht in die aussichtslose Lage und ergeben sich, andere antworten mit Schüssen. Täglich begegnet Gregor Menschen unterschiedlicher Art, hoffnungsvollen, verwirrten, verzweifelten. Bei seinen russischen Freunden fühlt er sich zu Hause, viele der Deutschen geben ihm Rätsel auf. Langsam begreift er, dass es „die Deutschen“ nicht gibt. Er trifft einfache Leute, Mitläufer, Rückversicherer, Überläufer, Durchhaltefanatiker, eingefleischte Faschisten. Die erste Begegnung mit aus dem Konzentrationslager befreiten Antifaschisten wird für ihn zu einem bewegenden Erlebnis. Und als sein Freund Sascha bei einem letzten Kampfeinsatz fällt, steht für den erschütterten Gregor fest, dass er hier am Aufbau eines anderen, besseren Deutschlands wirken wird.

Gregor Hecker leistet eine Arbeit, die ungezählte deutsche Kommunisten an allen Fronten des Krieges leisteten: sie versuchten wie der junge „deutsche Rotarmist“ im Film „Ich war 19“ von Konrad Wolf die in aussichtsloser Lage befindlichen deutschen Soldaten zum Aufgeben zu bewegen.

Auch Heinz Keßler war einer, der diese Aufgabe an der Seite der Roten Armee erfüllte.

Heinz Keßler ist am 2. Mai 2017 plötzlich und unerwartet im Alter von 97 verstorben. Mit Heinz verlieren wir einen schwer zu ersetzenden, treuen Kämpfer. Seine Lebensleistungen im Kampf gegen den Hitlerfaschismus, dem Aufbau eines besseren Deutschland, seine vielzähligen Funktionen in der Staats- und Parteiführung der Deutschen Demokratischen Republik -zuletzt als Armeegeneral und Minister für Nationale Verteidigung- verdienen hohe Anerkennung und Hochachtung.

Seine bis ins hohe Alter scharfsinnige und sachkundige Analyse der politischen Lage in Deutschland und in der Welt wird uns auch in Zukunft in Erinnerung bleiben. In den vergangenen 28 Jahren nach der Konterrevolution in der DDR

hat er sich konsequent mit dem herrschenden Zeitgeist auseinandergesetzt. Der gewollten Delegitimierung der DDR ist er mit seiner beeindruckenden Rede vor dem Gericht der Klassenjustiz offensiv entgegengetreten. Heinz war ein unbeugsamer Kämpfer für Frieden und Antifaschismus und standhafter Kommunist.

Mit unserer Arbeit im DDR-Kabinett-Bochum war Heinz Keßler von Beginn an solidarisch verbunden und jede einzelne Begegnung mit ihm wird uns tief im Gedächtnis bleiben. Wir verneigen uns mit größter Hochachtung vor ihm und werden Heinz stets ein ehrendes Gedenken bewahren.

Liebe Freundinnen und Freunde, Liebe Genossinnen und Genossen, verehrte Anwesende,

ich habe das Glück, in einer Familie aufgewachsen zu sein, in der ich als Kind bereits von meinen christlich-humanistischen Eltern vermittelt bekommen habe, dass der 8. Mai 1945, dass die vollständige militärische Niederlage des Deutschen Reichs im 2. Weltkrieg nichts ist, was wir bedauern müssen.

Egal ob die Menschen dies damals bereits so verstanden, weil sie die Herrschaft des deutschen Faschismus ablehnten oder ob sie 1945 noch verblendet waren von 12 Jahren Propaganda und noch mehr Jahren Militarismus, Antikommunismus und Demokratiefeindlichkeit – nach 1945 hätten alle Menschen sehen können und verstehen können, was der Faschismus an der Macht in Deutschland und Europa bedeutete. Nach 1945 gab es keine Entschuldigung mehr, betrübt zu sein, über das Ende der Verbrechen, über das Ende des von Deutschen begonnen Angriffskriegs, über das Ende des Völkermords an den in Europa lebenden Juden, über das Ende der Verschleppung und Versklavung zigtausender Zwangsarbeiter – also über das Ende der faschistischen Herrschaft in Deutschland. Für jeden, der nicht selbst von solchen Verbrechen profitieren wollte – das haben mir meine Eltern vermittelt – wäre zumindest nach 1945 begreifbar gewesen, dass der 8. Mai ein Tag der Befreiung war.

Wir wissen, dass diese Tatsache und im grundsätzlichen Gegensatz zur DDR, es für Viele in der Bundesrepublik nicht so war.

Während in der Bundesrepublik die Vertreter der großen Konzerne – Siemens, Krupp, Flick, Deutsche Bank, IG Farben – von ihrer Kriegsschuld freigesprochen wurden, alte und neue Faschisten in höchste Ämter des Staats einziehen konnten und das Kommando über die Bundeswehr führten, wurden in der

DDR die preußischen Junker und die Monopole enteignet und die Arbeiterbewegung wiedervereinigt. Kommunisten, Sozialdemokraten, Antifaschisten und Widerstandskämpfer übernahmen das Land und begannen aufzuräumen in den Ämtern, Betrieben und in den deutschen Köpfen.

Während die westlichen Alliierten eine Zerstückelung Deutschlands planten, verteidigte die Führung der Sowjetunion die Einheit Deutschlands.

Während die Sowjetunion schon 1943 in Jalta eine Friedensordnung vorstellte, begann spätestens mit Gründung der Bundesrepublik, der Kalte Krieg gegen die Sowjetunion und die im Entstehen begriffenen Sozialistischen Staaten.

So dauerte es vierzig Jahre, bis erstmals 1985 mit dem damaligen Bundespräsidenten Weizsäcker, ein offizieller Repräsentant dieses Staats sich öffentlich zum 8. Mai als einen Tag der Befreiung bekannte.

Für mich, aber auch für das DDR-Kabinett-Bochum e.V. , ist es eine Selbstverständlichkeit, den 8. Mai, als Tag der Befreiung vom Faschismus und den 9. Mai, als Tag des Sieges über den Faschismus zu würdigen und zu gedenken.

Als Tag, der das Ende der faschistischen Barbarei in Deutschland und Europa markiert.

Als Tag, an dem leider nicht die deutsche Bevölkerung selber sich vom Faschismus befreite – sondern es bedurfte- insbesondere die Anstrengungen der Sowjetunion und ihrer ruhmreichen Roten Armee.

So werden wir auch in diesem Jahr am 9. Mai am sowjetischen Ehrenmal in Treptow sein. Die Fahne der Sowjetunion ist für uns ein Symbol der Befreiung vom Faschismus. Mit ihr wollen wir nicht nur unseren Dank dafür zum Ausdruck bringen. Ebenso gedenken wir der unermesslichen Opfer, die den Völkern der Sowjetunion dieser Kampf gekostet hat, um weite Teile Europas und auch Deutschland von der Unterdrückung und Ausplünderung durch den deutschen Imperialismus und seinem Mordregime zu befreien.

Wir tun es nicht aus rückwärtsgewandter Nostalgie, sondern weil wir als Kommunisten, Sozialisten und Demokraten einstehen für eine Welt ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, ohne profitgierige Ausplünderung der Natur und für eine Welt, in der jeder jeden unabhängig von seiner Hautfarbe und sozialen Herkunft achtet. Dafür braucht es den

Frieden weltweit. Hier in Europa gibt es nur eine Chance, ihn zu erhalten: die Solidarität mit den Völkern der Russischen Föderation.

Doch der deutsche Imperialismus reißt sein bluttriefendes Maul wieder weit auf, weil es die nicht mehr gibt, die es ihm einst schlossen und ihn zumindest zeitweilig an die Kette legen konnten. Wieder rüstet er sich gegen Russland, im Verein mit den ehemaligen westlichen Siegermächten, die ihn erst geschützt und dann gestärkt haben. Nun stehen sie wieder aggressiv vor den Grenzen Russlands.

In der Ukraine erleben wir in unseren Tagen die Wiederauferstehung des Faschismus als staatliches System, in dem rassistische, nationalistische und faschistische Bewegungen geduldet und gefördert werden. Unterstützt durch die Regierungen des so genannten „demokratischen“ Europa.

Lasst uns nicht schweigend zusehen. Lasst uns gemeinsam das scheinbar Unmögliche versuchen, dem Treiben des Imperialismus ein Ende zu setzen und damit den Krieg, den Hunger und die Not , als Wurzel des Faschismus, von dieser Erde zu verbannen.

Erinnern wir uns dabei was die Gefangenen des KZ Buchenwalds nach ihrer Selbstbefreiung im April 1945 geschworen haben:

„Wir Buchenwalder,

Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slovaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslaven und Ungarn kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.

Uns beseelte eine Idee: Unsere Sache ist gerecht – Der Sieg muß unser sein!

Wir führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende.

Noch wehen Hitlerfahnen!

Noch leben die Mörder unserer Kameraden!

Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!

Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Apellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:

Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.

Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.“

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