Deutschland habe Menschenrechte nicht verletzt.

EGMR – Urteil zur Verantwortung Deutschlands im Fall Kundus.
BERLIN/STRAßBURG, 16. FEBRUAR 2021.
Heute hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg im Fall Hanan gegen Deutschland entschieden, dass die Bundesregierung nicht gegen die Verpflichtungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen hat. Der Gerichtshof bekräftigte jedoch, dass Staaten, die ihre Truppen für multinationale Militäreinsätze zur Verfügung stellen, verpflichtet sind Verbrechensvorwürfen gegenüber ihrem Personal nachzugehen. Diese Ermittlungen müssten nach den Standards der EMRK geführt werden.
Nach Auffassung des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)  habe der Gerichtshof enttäuschenderweise jedoch nicht festgestellt, dass Deutschland seine Verpflichtung nach Artikel 2 der Konvention verletzt hat, den Vorfall effektiv zu untersuchen. Es bleibe aber festzuhalten, dass es durch die Geheimhaltung in den Verfahren sowie durch die Konstellation mit verschiedenen Zuständigkeiten durch NATO und Deutschland zu keinen umfassenden Ermittlungen gekommen ist. Lücken blieben daher bestehen und müssten für die Zukunft adressiert werden. Durch die Teilung der NATO Ermittlungen vor Ort, die nicht nach Strafprozessrecht geführt wurden und den Ermittlungen in Deutschland, bleibe eine umfassende Aufarbeitung durch die „absichtlich organisierte Unverantwortlichkeit“ zwischen NATO und Deutschland bestehen.

Kläger Abdul Hanan sagte zu dem Fall: „Die letzten zwölf Jahre waren eine Tortur für meine Familie und die Familien der anderen Opfer. Wir haben nie eine offizielle Entschuldigung von der deutschen Regierung erhalten. Alles, was wir wollten, ist, dass die Verantwortlichen für den Angriff zur Rechenschaft gezogen werden und dass wir angemessen entschädigt werden. Ich hoffe, dass die heutige Entscheidung ein Weckruf für alle Regierungen und Angehörigen der Streitkräfte ist, die Menschenrechte bei militärischen Einsätzen im Ausland zu wahren.”

Rechtsanwalt und ECCHR Generalsekretär Wolfgang Kaleck, der Hanan vor dem EGMR vertritt, sagte: „Für das Afghanische Dorf mit dutzenden von zivilen Opfern ist die Entscheidung aus Straßburg enttäuschend, da die Geheimhaltungspolitik des deutschen Militärs und die faktische Verweigerung von Verfahrensrechten für die Betroffenen nicht gerügt wurde. Die Kläger erhoffen sich weiterhin eine Entschuldigung von Deutschland. Sie wünschen sich zudem, dass die Bundesregierung Kontakt zu ihnen sucht, um sich zu vergewissern, wie es ihnen zwölf Jahre nach dem Luftangriff geht. Dies ist gerade mit Blick auf den Abzug der Soldaten und Soldatinnen aus Afghanistan geboten.”

Der Fall wurde vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) im Namen von Abdul Hanan vorgebracht, der seine acht und zwölf Jahre alten Söhne bei dem Angriff verlor. Mehr als 100 unschuldige Menschen wurden 2009 bei dem Luftangriff getötet oder verletzt.

Foto: Bundeswehrsoldat in Kundus

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*